Inhalt

Erlebnisse, Träume und Phantasien

Eine Familiengeschichte

Mutti's Krankenhausgeschichte

SES-Einsatz in der Mongolei von 19.9. bis 17.10.2004

Rundreise Namibia 20.3. – 5.4.2003

Mein Blog Kultur / Reise / Technik

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Eine Familiengeschichte

Der Plot (Version 1)

Es ist das Jahr 2020. Ein junger Mann (20) zieht vom Umland (Vorbild: Kriftel / Hofheim) in die Großstadt (Vorbild: Frankfurt), um der häuslichen Enge zu entfliehen und zu studieren. Die Universität ist riesig, unübersichtlich und überfüllt. Er bekommt einen Platz im Wohnheim der Uni, einem alten schmuddeligen Hochhaus weit weg von den Campi. Er will Schriftsteller werden und studiert Deutsch (Germanistik) und Geschichte (Geschichtswissenschaften). Sein Studienprogramm ist stark verschult, er hört viele Vorlesungen und besucht Seminare, die ihn nicht besonders interessieren. Er hat schon in der Schule die Schülerzeitung herausgegeben und Artikel für Zeitungen und Magazine über aktuelle Themen geschrieben. Dabei interessierte ihn Fußball, Lokalpolitik und das menschliche Zusammenleben allgemein. Er möchte gerne mal eine Biographie über einen lebenden Politiker oder eine historische Persönlichkeit schreiben.

Im Seminar „Kreatives Schreiben“ (Creative Writing) bekommt er die Aufgabe, eine „Familiengeschichte“ zu schreiben. Er ist davon nicht begeistert, er glaubte sich der Familienbande gerade entronnen. Er hat zwar viele gute Erinnerungen an eine glückliche behütete Kindheit; aber ein prägnantes Erlebnis, das eine solche Geschichte abgeben könnte, fällt ihm nicht ein. Bei seinem obligatorischen wöchentlichen Familienbesuch in der Kleinstadt fragt er seine Eltern und seine pubertierende Schwester (14) nach Familiengeschichten oder Materialien dazu. Die haben zwar eine Menge Familienfotos auf Datenträgern und in Fotoalben, aber kein aufgeschriebenes Wort oder sonstiges Material dazu. Und Zeit nachzudenken und ihm aus seiner und ihrer Kindheit zu erzählen, haben sie auch nicht. Er besucht auch seine Großmutter (85), die in einem Altersheim (Vorbild: DVA-Stift) in der Stadt weit ab von ihm wohnt; aber die ist ein bisschen dement, hat vieles vergessen und besitzt nur ein einziges Fotoalbum aus ihrer Jugendzeit: „Das andere haben wir alles weggeworfen, als Opa gestorben war und ich ins Heim gezogen bin!“. Als er das nächste Mal sein Elternhaus besucht und dies berichtet, sagt seine Mutter: „Das stimmt gar nicht, dass wir alles von Opa weggeworfen haben; oben auf dem Speicher stehen noch ein paar Kisten mit Sachen von ihm: Fotos, Ordner und – ich glaube auch - sein alter PC!“.

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Man wird krank im Krankenhaus
oder
Mutti's Krankenhausgeschichte

Hier erzähle ich Mutti's Krankenhausgeschichte, genau wie sie passiert ist. Ich versuche nichts wegzulassen und nichts dazu zu dichten. Das fällt mir schwer genug. Ich habe nämlich nicht von Anfang an Notizen dazu gemacht, sondern erst mit der Zeit begonnen das Wesentliche festzuhalten. Darüber bin ich heute froh, denn ohne dies könnten wir schon heute den Gordischen Knoten nicht mehr entwirren, der sich daraus entwickelt hat.
Ich erzähle Deine Geschichte für Dich, Mutti, und für uns alle. Denn schon heute können wir nicht mehr begreifen, wie dies alles gekommen ist und warum. Vielleicht können wir's besser verstehen und auch verarbeiten, wenn es aufgeschrieben ist.

Und so mache ich mich also dran...


Sonntag, 8.11.1992

Heute fährt Hasi mit ihrem Golf nach Karlsruhe, um Dich morgen ins Krankenaus zu begleiten. Nach fünfundzwanzig Jahren gelegentlicher Beschwerden und einer heftigen Gallenkolik im September hatte Dein Hausarzt und auch wir Dir dazu geraten Deine Gallenblase herausnehmen zu lassen. So hattest Du Dich also trotz Deiner siebenundsiebzig Jahre dazu entschlossen.

Hasi will diese Woche bei Dir bleiben um Dich zu unterstützen. Sie wird in Deiner Wohnung in Opa's Bett schlafen.


Montag, 9.11.1992

Hasi fährt Dich ins St.Vincentius-Krankenhaus in die Steinhäuserstraße. Ihr geht in die stationäre Aufnahme zur Anmeldung und müßt dann zwei Stunden warten, bis Zimmer und Bett bereit sind. Du liegst auf der Privatstation Chirurgie D von Prof. Kiffner im Gebäude E in Zimmer 501 im ersten Bett links.

Es ist ein sehr schönes Zwei-Bett-Zimmer mit Balkon auf den Innenhof und mit Bad: die Dusche und Toilette sind rechts und links von der Tür eingebaut. Deine Zimmernachbarin ist Frau Weinkötz; sie ist mit Darmkrebs schon 3 Monate hier, aber auf dem Weg der Besserung. Sie scheint ganz nett zu sein.


Dienstag, 10.11.1992

Heute sollen die vorbereitenden Untersuchungen gemacht werden; Hasi geht mit Dir von Station zu Station. Du bekommst die Lunge geröntgt, ein EKG gemacht und den Bauch mit Ultraschall untersucht. Dann wird Dir Blut abgezapft, die Narkose für morgen erklärt und der Magen gespiegelt, wovor Du besonders Angst hattest.

Später sagst Du: "Das Magenspiegeln war nicht so schlimm!"; aber kurz nach der Untersuchung hast Du einen Kreislaufkollaps. Die Schwester kann keinen Blutdruck mehr an Dir messen. Hasi erzählt: "Da sind die Pfleger aber gerannt!"

In Deiner Krankengeschichte hat Dir das die Diagnose: Kreislaufinsuffizienz eingebracht.


Mittwoch, 11.11.1992

Du wirst nochmals vom Narkosearzt aufgeklärt, und dann wirst Du mit dem Endoskop an der Galle operiert. Davon hast Du vier kleine Löcher im Bauch: am Nabel und an den Seiten, die genäht und mit Pflaster verklebt sind. Die Gallenblase ist raus, und übrig davon ist ein Plastiksäckchen voll von Gallensteinen, graugrün, steinhart und bis zu zwei Zentimeter groß. Über einen Katheder in der Armbeuge wirst Du künstlich ernährt.

Hasi ist nach dem Aufwachen bei Dir, Du bist aber noch ziemlich weggetreten und schläfst weiter.


Donnerstag, 12.11.1992

Ich fahre nach dem Geschäft mit Ellen nach Karlsruhe um Dich zu besuchen; wir treffen Hasi bei Dir im Krankenhaus.

Du hast einen nassen Waschlappen auf der Stirn liegen und freust Dich über unsere kalten Hände. Wir müssen Dich überall kühlen, Du scheinst aber kein Fieber zu haben. Es geht Dir relativ gut; Du bist zwar noch schwach, gehst aber schon aufs Klo.

Ich fahre beruhigt mit Ellen wieder heim; Hasi bleibt in Karlsruhe.


Freitag, 13.11.1992

Hasi kommt, wie geplant, nachmittags von Karlsruhe nach Hause zurück. Sie ist froh, wieder im eigenen Bett zu schlafen.

Wir denken, Du hast das Schlimmste hinter Dir; aber es ist Freitag, der dreizehnte!


Samstag, 14.11.1992

Hasi und ich fahren nach dem Essen mit dem Auto nach Karlsruhe und gleich zu Dir ins Krankenhaus. Du sagst, Du hast nachts starke Schmerzen in der rechten Schulter gehabt. Die Schwester hat Dir eine Spritze gegeben, morgens waren die Schmerzen wieder weg. Du hast von einer Frau gehört, die ähnliche Schmerzen nach einer Gallenoperation hatte. Wir machen uns nicht viel Gedanken darüber.

Wir besuchen Tante Fifi im Friedensheim; es geht ihr - den Umständen entsprechend - ordentlich.

Am Spätnachmittag kommen wir nochmal zu Dir ins Krankenhaus; Du bist beruhigt wegen Fifi, die Du einige Zeit nicht besuchen kannst. Wir müssen Dir wieder die Stirn kühlen. Vor dem Schlafen wirst Du noch von Schwester Veronika "abgefranzelt", d.h. Dein Rücken wird mit Franzbrandwein eingerieben. Wir fahren anschließend heim nach Kriftel.


Sonntag, 15.11.1992

Heute fahren wir zusammen mit Ellen nach Karlsruhe und gleich zu Besuch zu Dir. Du machst erste Schritte ums Bett und bist optimistisch.

Nach dem Kaffee bei Oma Haas kommen wir nochmal zu Dir ins Krankenhaus und fahren dann nach Hause zurück.


Mittwoch, 18.11.1992

Heute nachmittag habe ich mir im Geschäft freigenommen, und Hasi und ich fahren nach Karlsruhe. Wir gehen mit Dir auf dem Flur spazieren; es geht Dir relativ gut. Du hattest allerdings auch in den letzten Tagen mal Schmerzen im Arm; wir halten dies für Ausstrahlungen der Galle.

Nach dem Kaffee bei Oma Haas bleiben wir noch eine Weile bei Dir und fahren dann wieder heim.


Samstag, 21.11.1992

Heute solltest Du eigentlich entlassen werden. Du rufst uns in Kriftel an und sagst: "Ich werd' nicht entlassen; ich muß noch hierbleiben!" Warum, haben sie Dir nicht gesagt. Du bist sehr enttäuscht, wir auch.


Sonntag, 22.11.1992

Wir fahren wieder nach dem Essen nach Karlsruhe und gehen gleich zu Dir. Inzwischen ist Deine Lunge wieder geröntgt worden, und Du bekommst Inhalationen. Dazu gehen wir mit Dir über den langen Flur in den Inhalationsraum, wo Du den Apparat selbst bedienen darfst. Du sollst fest hineinblasen und tief ein- und ausatmen. Weit und breit ist niemand zu sehen. Das Laufen geht inzwischen ganz gut.

Nach Kaffee bei Oma Haas und weiterem Besuch bei Dir folgt wieder die Heimfahrt; unser Auto kann's inzwischen fast alleine.


Dienstag, 24.11.1992

Nachdem uns die Sache mit den Schmerzen im Arm und der verzögerten Entlassung komisch vorkommt, beschließe ich, Prof. Kiffner anzurufen. Da wir unsicher sind, ob er mir überhaupt am Telefon Auskunft gibt, werde ich mich als Doktor melden.

Ich rufe sein Sekretariat an; Fr. Petersen sagt mir, daß er zur Zeit nicht da ist, ich soll in einer Stunde wieder versuchen.

Beim zweiten Versuch habe ich Glück, und sie stellt mich durch; mein Herz klopft ziemlich heftig. Mein Trick scheint zu klappen: sie hat mich als Doktor angemeldet, das Gespräch wird zu einer medizinischen Vorlesung.

Ich frage: "Meine Mutter ist vorletzten Mittwoch bei Ihnen operiert worden und sollte am letzten Wochenende entlassen werden. Jetzt hat sie Schmerzen auf der Seite der Galle. Sie versteht nicht, was das bedeutet und wie das weitergeht?"

Prof. Kiffner: "Sie hatte eine kleine Lungenembolie und deshalb müssen wir sie noch hierbehalten. Das Röntgenbild zeigt eine keilförmige Verschattung in der Lunge."

Ich: "Wie konnte das geschehen?"

Er: "Wir haben wie üblich eine Heparin-Prophylaxe gemacht; aber der AT3-Wert war kurzzeitig geringfügig erniedrigt."

Ich: "Ist das eine Folge der Operation?"

Er: "Wohl ja!"

Ich: "Werden davon Beschwerden oder Einschränkungen auf Dauer bleiben?"

Er: "Nein, das wird medikamentös behandelt, und die Beschwerden verschwinden mit der Vernarbung."

Ich: "Und wie geht es nun weiter?"

Er: "Um einer Wiederholung vorzubeugen, wird die Blutgerinnung jetzt mit Marcumar eingestellt; dann wird sie entlassen, vermutlich am nächsten Wochenende."

Wir sind leicht entsetzt, aber für's weitere doch optimistisch.


Donnerstag, 26.11.1992

Wir telefonieren wie fast jeden Tag abends mit Dir: Die Stationsärztin Frau Dr. Knoll hat Dir vorgeschlagen, nach der Entlassung noch zur Erholung in die Rehabilitations-Klinik Ebersteinburg zu gehen, so für 1 bis 2 Wochen. Du bist zwar nicht begeistert, weil Du in Deine Wohnung zurück willst; wir reden Dir aber zu, und so bist Du einverstanden.


Freitag, 27.11.1992

Frau Dr. Knoll hat Dir mitgeteilt, daß Du am Dienstag nach Ebersteinburg übersiedeln sollst. Du hoffst, daß Du dort auch nach draußen kannst - sie haben einen schönen Park - und willst ordentliches Reisegepäck mitnehmen.


Sonntag, 29.11.1992

Hasi und ich fahren nach dem Essen nach Karlsruhe und gleich zu Dir ins Krankenhaus. Du hast eine lange Liste fürs Kofferpacken geschrieben, und wir fahren in die Kriegsstraße und machen uns dran.

Es ist gar nicht so leicht in einem "fremden" Haushalt hundert Einzelteile zu finden. Du hast aber fast jedes Stück genau beschrieben:

- brauner Koffer (mit Riemen) im Schlafzimmer-Schrank

- blaue Leinentasche (Badetasche im linken Nachttisch neben
Vaters Bett)

- grauer Popelin-Mantel mit Teddy-Futter und graue Wollmütze

- grün-gelb-rot karierter Rock (Schottenmuster) im großen
Schrankteil von links

- schwarze halbhohe Rohrstiefel (gefüttert) im Sidebord im Flur

- Stockschirm mit Gummi

- und so weiter.

So haben wir's bald beisammen. Wir laden Deinen Koffer ein und nehmen ihn mit nach Kriftel. Hasi will ihn dann nach Ebersteinburg bringen, wenn Du umziehst.

Wir trinken bei Oma Haas Kaffee, besuchen Dich nochmal und fahren dann mitsamt dem Koffer nach Hause.


Dienstag, 1.12.1992

Hasi fährt zu Dir nach Karlsruhe; es ist Papa's Geburtstag.

Heute hättest Du eigentlich nach Ebersteinburg verlegt werden sollen; das haben die Ärzte aber wegen steigender Leberwerte abgesagt. Sie vermuten, daß es durch ein verbliebenes Steinchen im Gallengang einen Gallenrückstau in die Leber gibt. Du bist ziemlich niedergeschlagen.

Zur Ablenkung frägt Hasi Dich, was Du Dir zu Weihnachten wünschst. Du sagst: eine Hausbibel. Das gibt uns zu denken! Hasi fährt wieder nach Hause zurück.


Donnerstag, 3.12.1992

Du sagst uns am Telefon, daß Deine Leberwerte weiter schlechter sind und daß sie morgen eine zweite Magenspiegelung machen wollen. Du hast auch Schmerzen im Bauch, der aufgebläht ist. Wir können uns darauf keinen Reim machen.


Freitag, 4.12.1992

Wir sind über Deinen Zustand sehr beunruhigt. Ich rufe um 17 Uhr bei Prof. Kiffner an und melde mich mit Dr. Schludecker. Die Sekretärin sagt, 18 Uhr wäre günstiger; ich rufe um 18 Uhr wieder an, sie stellt mich durch. Er hält mich wohl weiter für einen Mediziner und sagt:

"Es gibt einen Anstieg der alkalischen Phosnotase und einen erhöhten AP-Wert. Die ERCP, die wir gemacht haben, ist ohne Probleme gegangen. Ihre Mutter hat eine induzierte Pankreatitis und daher die Schmerzen; das ist eine enzymatische Begleitpankreatitis. Die Röntgenbilder zeigen einen Austritt von Kontrastmittel, eventuell von der Absetzungsstelle. Sie zeigt eine zunehmende abdomielle Symptomatik."

Ich: "Und was bedeutet das weiter?"

Er: "Wir müssen den Verlauf abwarten und eventuell die Bauchhöhle punktieren. Über einen Cholaskus, Laparaskopie oder Laparastomie kann man noch nicht entscheiden. Wir stehen vor einem Rätsel! Eventuell hat sich ein Kroligängchen, ein Gallennebengang, wiedereröffnet."

Ich bin total verwirrt; er verspricht mich morgen früh um neun Uhr wieder in Kriftel anzurufen.


Samstag, 5.12.1992

Prof. Kiffner ruft erst um zehn Uhr an und entschuldigt sich für die Verspätung. Er sagt, Dein Zustand hätte sich gebessert; sie hätten Deinen Bauch sonografiert. Vorerst sei kein weiterer Eingriff oder Punktierung vorgesehen. Die Werte seien nicht schlechter, der Zustand klinisch gebessert. Die Flüssigkeit im Bauchraum sei wenig und nicht mehr geworden: "Wir schleichen um das Bett Ihrer Mutter!"

Wir sind nicht gerade beruhigt und steigen kurz darauf ins Auto nach Karlsruhe. Wir sind gegen Mittag bei Dir: es geht Dir schlecht; Du hast Schmerzen im Bauch, und dieser ist stark aufgebläht.

Du erzählst von der Magenspiegelung: "Die haben mich aber geplagt! Das war viel schlimmer als die erste Magenspiegelung. Der Schlauch muß eckig gewesen sein; der ging ganz schlecht runter!"

Ich frage nach Prof. Kiffner; die Schwester schickt mich zu seiner Sekretärin ins Behandlungszimmer. Ich spreche mit Frau Meyer; sie sagt: Er ist hier, aber gerade belegt. Ich kann aber im Wartezimmer nebenan auf ihn warten. Ich setze mich hin und halte meine Visitenkarte in der Hand, die ich ihm geben will. Da sie so naß wird, lege ich sie auf die Stuhllehne.

Ich warte und warte; nach einer halben Stunde kann ich nicht mehr sitzen und gehe wieder ins Sekretariat. Er kommt gerade aus seinem Zimmer und spricht mit mir im Stehen unter der Tür. Er wiederholt seine Vermutungen von heute morgen; dann geht er doch mit mir in sein Zimmer und erklärt mir die Lage. Er malt an die Tafel eine Skizze von Magen, Darm, Gallengang, Leber und Bauchspeicheldrüse und erläutert die Operation. Du hattest einen Gallennebengang direkt von der Leber zur Gallenblase, das kommt häufiger vor. Diesen haben sie bei der Operation bemerkt und versorgt. Sie vermuten, daß sich dieser Gang bei der ERCP wiedereröffnet hat und daraus Kontrastflüessigkeit und Galle ausgetreten ist. Da dies nur wenig ist, hofft er, daß es nicht zu größeren Problemen führt: "Man muß das abwarten!" Ich gehe wieder; meine Visitenkarte habe ich vergessen.

In der Kriegsstraße sind erste Rechnungen für Deine Behandlung eingetroffen: zwei von einem Professor aus Freiburg für Blutuntersuchungen. Wir schicken sie an Deine Krankenkasse zur Bezahlung und hoffen, daß das so in Ordnung geht.

Wir sind am Nachmittag wieder bei Dir und fahren abends wieder heim.


Sonntag, 6,12.1992

Heute fahre ich mit Hasi nach dem Essen nach Karlsruhe und zu Dir ins Krankenhaus. Du gefällst uns gar nicht, hast Schmerzen, und Dein Bauch ist dick aufgebläht. Außerden sind Deine Arme an den Handgelenken leicht aufgeschwemmt.

Nach Kaffee bei Oma Haas und zweitem Besuch bei Dir fahren wir ebenfalls abends wieder heim.


Dienstag, 8.12.1992

Da Du nicht mehr telefonieren kannst, rufe ich kurz nach 8 Uhr aus dem Geschäft auf der Station an und spreche mit Schwester Barbara. Sie sagt, das Fieber sei niedriger, Du fühlst Dich besser. Die letzte Magenspiegelung (ERCP) hat der 2. Oberarzt Dr.Vogt gemacht.

Von der Weihnachtsfeier bei meinem Chef Dr. Friederichs gehe ich pünktlich um 16.30 Uhr weg und hole Hasi ab. Wir fahren zu Dir nach Karlsruhe und am späteren Abend wieder zurück nach Kriftel.

Dein Bauch ist weiter dick aufgebläht, Du hast starke Schmerzen und wirst wieder künstlich ernährt. Wir sind ratlos!



Mittwoch, 9.12.1992

Prof. Kiffner ruft morgens bei Hasi zu Hause an und sagt ihr, daß eine Bauchoperation bei Dir geplant ist. Er wird Dich gleich operieren.

Hasi ruft mich im Geschäft an, und ich nehme mir für den Nachmittag und Donnerstag und Freitag Urlaub. Wir fahren um halb drei Uhr los und sind um vier Uhr im Krankenhaus.
Die Schwestern auf Deiner Station schicken uns in die Operative Intensivstation. Dort steht an der Tür: Besuchszeiten 11.30 bis 12.00 Uhr und 19.00 bis 19.30 Uhr. Wir klopfen aber doch an und werden erst zum Warten aufgefordert; der Puls geht schon ziemlich hoch. Hasi traut sich nicht mit rein. Ich erhalte einen weißen Kittel zum Anziehen und darf dann in Dein Zimmer.

Da liegst Du auf Deinem Bett, nackt, mit einem Leintuch notdürftig zugedeckt und rund um Dich nichts als Apparate. Und Du schläfst, und die Apparate erhalten Dich. Du hast einen dicken Schlauch im Mund, der in Deine Luftröhre geht, und der daran hängende Beatmungsapparat atmet Dich. Du hast einen Schlauch in der Nase, aus dem eine grünbraune Flüssigkeit herausfließt in einen Plastiksack. Du hast acht Kabelanschlüsse am Körper verteilt, die zu dem Apparat über Deinem Bett gehen. Du hast einen Schlauchanschluß am Hals und je einen am rechten und  am linken Handgelenk, zu denen viele verzweigte dünne Schläuche aus vielen kleinen Apparaten um Dich führen. Unter Deinem Leintuch kommen auch fünf Schläuche hervor, die gelbe und braune Brühe in drei Plastiksäcke leiten. Du bist an den Armen und im Gesicht unförmig aufgeschwemmt.

Ich frage den Pfleger, ob Du etwas merkst oder hörst: Er sagt, daß Du unter einem narkoseartigen Dauerschlaf bist und keine Schmerzen hast. Er sagt auch, daß die Patienten manchmal doch was mitkriegen, und ich soll ruhig mit Dir reden.

Ich sage zu Dir: "Mutti, Mutti! Du wirst wieder gesund, wir sind bei Dir!" und ich streichle Dich und halte Deine Hand.

Bei Dir im Zimmer liegen gegenüber noch zwei ältere Männer mit ähnlichen Apparaten; der eine schläft, der andere stöhnt gelegentlich. Der zwischen Euch vorhandene Vorhang ist zurückgezogen.

Wir treffen Prof. Kiffner auf dem Flur; er erläutert uns: Er hat selbst operiert; das war eine Lapamastomie, eine Öffnung der Bauchhöhle und Reinigung der ausgetretenen Galle. Du wirst weiter künstlich beatmet, künstlich ernährt und in einem medikamentösen Dauerschlaf gehalten. Dein Zustand ist den Umständen entsprechend befriedigend.
Wir übernachten schlecht und recht in der Kriegsstraße.


Donnerstag, 10.12.1992

Nach einer durchwachten Nacht fahren wir um elf Uhr wieder ins Krankenhaus, und ich werde wieder mit der gleichen Prozedur zu Dir eingelassen.

Du liegst noch genauso da und siehst noch genauso übel aus. Der Pfleger erklärt mir die Beatmungsmaschine, die Dir etwa alle vier Sekunden über den Schlauch Luft in die Lungen bläst, die zu fünfzig Prozent mit Sauerstoff angereichert ist. Auf dem Monitor kann man sehen, wie sie hinein- und hinausströmt, jedesmal etwa zwei Liter. Der Pfleger sagt, daß der natürliche Atmungsreflex durch ein Medikament ausgeschaltet ist, sonst würde sich der Patient gegen die Maschine wehren. Künstliche Beatmung geht nur unter Narkose. Er zeigt mir einen Schalter und sagt: "Wenn ich den ausschalte, dann ist's aus!"
Der Pfleger erklärt mir auch den Schlauch in der Nase; er geht in den Magen und dient zur Absaugung der Magensäure. Das ist also die grünbraune Flüssigkeit im Plastiksack. Das wird gemacht, weil Deine Verdauung stillgelegt ist. Außerdem erhältst Du gerade eine Bluttransfusion aus einem roten Beutel über Deinem Kopf: "Das ist noch zum Ausgleich nach der Operation!"

Er zeigt mir auch unter dem Leintuch Deine Narbe, die senkrecht mitten über den ganzen Bauch verläuft und mit einem breiten Pflaster abgedeckt ist, fast 40 cm lang. Außerdem hast Du seitlich je ein Loch im Bauch, aus dem je zwei Schläuche kommen. Das ist die Drainage für den Bauchraum, über die Wundflüssigkeit abfließt. Der fünfte dünne Schlauch mit der gelben Flüssigkeit ist ein Blasenkatheder. Wir decken Dich wieder mit Deinem dünnen Leintuch zu.

Der Pfleger hat einen Brillianten im rechten Ohr und ist sehr nett. Ich streichle Dich und verlasse Dich wieder.

Da wir sonst niemand ertragen können, gehen wir ins "Moninger" zum Essen und dann für eine Weile in die Stadt. Wir kaufen mir bei "PC" eine Winterjacke; man hat ja sonst keine Zeit und das lenkt ab. Dann kommen wir noch am Karlsruher Schloß vorbei und schauen im Museum eine Prähistorische Ausstellung an.

Gegen Abend besuchen wir Dich wieder, und ich rede Dir in Deinem Schlaf gut zu: "Du sollst wieder gesund werden, Mutti!"

Wir übernachten wieder in der Kriegsstraße in Deinem und Papa's Bett.


Freitag, 11.12.1992

Ich bin gegen Mittag wieder an Deinem Krankenbett; Du siehst sehr unförmig aufgeschwemmt aus. Die Lungenmaschine pumpt jetzt 4 Liter Luft pro Atemzug in Dich; man hat das Volumen erhöht und den Sauerstoffanteil auf vierzig Prozent gesenkt.
Der Apparat auf dem Brett über Deinem Bett überwacht Dich. Er zeigt auf dem Bildschirm Dein EKG, das von den acht Kabeln kommt, Deine Pulsfrequenz, Deinen Blutdruck, der mit einem Katheder am linken Handgelenk gemessen wird, und Deine Temperatur. Dein EKG sei normal, der Puls mit über 100 erhöht und der Blutdruck mit etwa 120 zu 80 in Ordnung; Du hast über 38 Grad Fieber.

Hasi und ich sprechen Prof. Kiffner auf dem Flur vor der Intensivstation: Dein Zustand ist kritisch; Du hast eine Infektion im ganzen Körper durch Krankenhauskeime. Wie durch Laborproben nachgewiesen wurde, stammen diese aus der Normalstation sowie aus der Intensivstation und sind gran-positive Stäbchen. Durch die Laborproben wurde das passende Antibiotikum gefunden: Pipril; es wird als Infusion gegeben und müßte dagegen wirken.

Zusätzlich hat er eine Spülung des Bauchraums angeordnet; der Pfleger läuft und holt eine große Kiste, auf der "Ringer-Lösung" steht. Diese lassen sie Dir dann über die Drainage-Schläuche durch den Bauch laufen; sie soll eventuell von der Operation verbliebene Flüssigkeitsreste ausspülen.

Wir laufen in die Stadt und gehen ins Restaurant "Krokodil" zum Essen. Wir sind wie vor den Kopf gestoßen. Zur Ablenkung lasse ich mir beim Friseur im "Hertie" die Haare schneiden, und wir kaufen einen Anzug und eine Hose für mich.

Am Nachmittag komme ich wieder zu Dir; ich rufe Dich: "Mutti, Mutti! Ich bin's, Hasi ist auch da! Das wird wieder! Wir haben Dir eine Bibel zu Weihnachten gekauft!"

Die Apparate um Dich kenne ich nun schon alle. Nur die Medikamente werden von Tag zu Tag mehr. Sie hängen in Flaschen an einem Gestell oder liegen im Form großer Spritzen in kleinen Apparaten, die in mehreren Stufen übereinander an einem zweiten Gestell hängen. Die Schwester sagt, daß dies Diffusionspumpen sind, die eine genau dosierte Menge des Medikaments verabreichen. Alles wird über zehn verschiedene dünne Schläuche und über Weichen zu Deinen Kathedern am Hals und Arm und damit in Dich geleitet.

Danach haben wir ein Gespräch mit der Anästesie-Oberärztin Frau Dr. Klein auf dem Flur: Dein Blutzucker ist entgleist. Du hattest heute morgen 400; das ist eine übliche Fehlfunktion der Bauchspeicheldrüse bei solch einer Infektion. Du erhältst Insulin hoch dosiert als Infusion; der Blutzucker ist bereits wieder auf 140 zurückgegangen.

Wir fragen Frau Dr.Klein: "Hat Mutti denn noch eine Chance?" Sie antwortet: "Meinen Sie, wir würden sonst einen solchen Aufwand machen? Kritisch nach einer solchen Operation sind der dritte, fünfte und achte Tag!". Heute ist erst der zweite!

Wir fragen, wie das ist, wenn Du wieder aufgeweckt wirst; ob da nichts von der langen Narkose zurückbleibt? Frau Dr. Klein sagt, die Patienten sind nach dem Aufwachen mehr oder weniger verwirrt. Das kann ein paar Tage oder auch Wochen anhalten, verschwindet aber wieder: "Die sind dann richtig goldig!"

Später treffen wir noch auf dem Flur Frau Dr. Brand, die Stationsärztin, die gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt ist, und fragen auch Sie nach dem Aufwachen: Die Patienten haben dann ein sogenanntes Durchgangssyndrom; sie sind verwirrt, machen allerlei Unsinn  und reißen manchmal die Schläuche ab. Man muß auf sie aufpassen; aber das vergeht wieder.

Wir fahren abends nach Kriftel zurück um vielleicht im eigenen Bett etwas zu schlafen.


Samstag, 12.12.1992

Wir spielen mit Familie Seidel morgens Tennis und fahren nach dem Essen zusammen mit Ellen wieder nach Karlsruhe.

Ellen geht mit in die Intensivstation zu Dir. Wir streicheln Dich, und ich rede Dir gut zu. Ellen wird's schlecht wegen der vielen Schläuche; sie geht für eine Weile auf den Flur, kommt aber bald wieder herein. Als ich Dich "Mutti, Mutti!" rufe, zuckst Du mit den geschlossenen Augen; ist das Zufall? Der Arzt meint, Du bekommst nichts mit. Ich sage Dir trotzdem: "Ellen ist mitgekommen!"

Dr. Meyer, der diensthabende Stationsarzt, sagt uns, daß eine Magenspiegelung bei Dir gemacht wurde, weil im abgesaugten Magensekret Blut war. Es wurde dabei eine Verletzung im Magen durch das Ende des Schlauches festgestellt. Dies ist kein größeres Problem; es kann medikamentös behandelt werden. Noch ein Medikament als Infusion! Wir sehen, daß noch weiter Blut im Magenschlauch ist. Du erhältst auch noch Insulin für den erhöhten Blutzucker.

Am Fußende Deines Betts ist ein Tischchen angebracht, auf dem Deine Papientenunterlagen liegen. Wir studieren sie und lassen uns einiges vom Pfleger erläutern. Hier ist genau aufgeschrieben, was alles mit Dir geschieht. Pro Tag wird ein neues Blatt angelegt, auf den alle Medikamente und Meßwerte festgehalten werden. Stündlich werden Deine Temperatur, Blutdruck, Pulsfrequenz, aufgenommene Flüssigkeitsmenge und ausgeschiedene Urinmenge eingetragen. Letztere werden an den vielen Flaschen und am Urinbehälter an der Seite Deines Betts abgelesen. Jetzt wissen wir's und können selbst nachschauen.

Wir trinken im "Cafe Schuster" am Bahnhof Kaffee. Ellen fährt am Abend nach Kriftel zurück; ich darf ihr eine Fahrkarte kaufen, bringe sie an den Bahnhof und setze sie in den ICE.

Nach dem Abendessen in der Kriegsstraße - wir haben diesmal was zum Essen mitgebracht - gehen wir noch zu Benno und Lilo in die Sofienstraße und erzählen das Neueste von Dir und vieles Andere.

Wir übernachten wieder in der Kriegsstraße.


Sonntag, 13.12.1992

Wir putzen nach dem Frühstück Deine Wohnung; sie hat's nach der langen Zeit nötig. Das ist wenigstens eine sinnvolle Tätigkeit!

Außerdem halten wir den Rest der Verwandtschaft und Bekanntschaft über Dich auf dem Laufenden. Wir rufen alle paar Tage Siegrid, Ruth, Oma Haas und Benno an und gelegentlich auch Frau Wunderle, Änne und Elisabeth. Die telefonieren sonst wie wild in der Gegend herum um etwas über Dich zu erfahren.

Dann besuchen wir Dich gegen Mittag. Dein Zustand ist unverändert; Du liegst allerdings auf der Seite. So erfahre ich, daß Du alle vier Stunden gewendet wirst: Rückenlage, rechte Seite, Rücken, linke Seite. Der Pfleger sagt: "Wir können die Patienten doch nicht die ganze Zeit auf dem Rücken liegen lassen. Die werden sonst doch wund!" Die Eintragungen dazu finde ich auf Deinem Patientenblatt.

Das Blut im Magenschlauch nimmt eindeutig ab. Der Magensaft nimmt wieder die alte braungrüne Farbe an; die Blutung hat anscheinend aufgehört.

Ich sehe auf Deinem Patientenblatt auch, daß Du ein neues Medikament enthältst: Lasix. Das kenne ich; es ist von "Hoechst" und dient zur Entwässerung. Der Pfleger sagt, es wird verabreicht, wenn die Flüssigkeitsbilanz negativ ist, wenn also die Aufnahme höher als die Abgabe ist. Ich sehe das an den Zahlen; Deine Urinmenge war zeitweilig unter hundert Kubikzentimeter in der Stunde. Nach Gabe von Lasix ist sie angestiegen.

Die Pfleger und Schwestern auf der Intensivstation machen einen tollen Service. Besser kann es einem schwer Kranken nicht gehen. Piepst einer der Apparate, zum Beispiel weil eine Flasche leer ist, so ist jemand innerhalb von wenigen Sekunden da und greift ein. Auch ist immer ein diensthabender Arzt auf der Station.

Wir sprechen mit der Stationsärztin, Frau Dr. Brand; sie sagt: "Gehen wir doch lieber nach draußen auf den Flur, manchmal hören die Patienten doch 'was mit!". Auch sie erklärt uns, daß Deine starke Aufschwemmung eine Folge der Infektion im ganzen Körper ist. Die Adern werden dabei durchlässig und Wasser tritt ins gesamte Gewebe ein. Dies kann in den Organen kritisch sein.

Wir gehen ins "Cafe Adria" zum Essen und machen anschließend einen Spaziergang rund um den Stadtgarten. Dann besuchen wir Fifi und trinken bei Oma Haas Kaffee.

Da der Pfleger uns gemahnt hat, die Besuchszeiten möglichst einzuhalten, gehen wir erst abends um sieben Uhr wieder zu Dir. Wir müssen jedoch eine Stunde warten, bevor ich eingelassen werde.

Es wird sehr spät für die Heimfahrt nach Kriftel; wir beschließen, wieder zu Dir zu gehen, wann es uns paßt.


Montag, 14.12.1992

Ich rufe morgens um zehn Uhr vom Büro aus auf der Intensivstation an  und spreche mit dem diensthabenden Arzt Dr. Fettich: Dein Zustand ist soweit zufriedenstellend; die Leukozyten als Maß für die Entzündung sind zurückgegangen, von gestern 20000 auf heute 14000; normal sind 10000. Der Blutzucker ist stabil bei Gabe von 2 Milliliter Insulin pro Stunde.

Heute wird noch eine Computer-Tomographie gemacht wegen der roten Hautflecken an Deiner rechten und linken Seite. Diese könnten äußerlich sein, aber auch von der Entzündung innen kommen. Wenn keine weiteren Probleme auftauchen, dann wollen sie heute mit dem Aufwecken anfangen; dazu wird dann einfach das betäubende Medikament abgesetzt.

Ich kann morgen wieder anrufen und fragen, wie weit dies ist.


Dienstag, 15.12.1992

Ich rufe um acht Uhr an, und Fr. Dr. Klein ist am Apparat. Ich frage sie, wie weit das Aufwecken gediehen ist. Sie sagt, es ist noch nichts geschehen. Die Computer-Tomographie war in Ordnung; die Flecken scheinen nur äußerlich zu sein. Sie wollen heute den Versuch machen Dich aufzuwecken; das dauert aber manchmal Tage. Ich soll nachmittags nochmal anrufen, bevor wir umsonst hinfahren.

Ich rufe also nachmittags um drei Uhr wieder an und treffe auf Dr. Fettich: Du wirst langsam wacher, bist aber heute sicher noch nicht ansprechbar. Du wirst zwar noch künstlich beatmet, atmest aber teilweise schon spontan. Es sei sicher besser, erst morgen zu kommen.


Mittwoch, 16.12.1992

Ich rufe um elf Uhr an und treffe wieder auf Frau Dr. Klein: Das Aufwecken geht langsam voran. Du schaust einem an, wenn man Dich ruft. Kommen lohnt sich ihrer Meinung nach heute noch nicht.

Wir wollen doch beim Aufwachen bei Dir sein und fahren nach dem Geschäft um fünf Uhr los. Um halb sieben Uhr sind wir bei Dir, und Hasi geht zum ersten Mal mit in die Intensivstation. Du hast kein Fieber mehr; Du verstehst uns und reagierst normal. Du atmest schnell und flach selbst, hast aber noch den Beatmungsschlauch im Hals; die künstliche Beatmung macht nur noch vier tiefe Atemzüge pro Minute zusätzlich.

Du kannst natürlich nichts reden mit dem Schlauch in der Luftröhre. Aber Du kannst mit dem Kopf nicken oder wackeln und damit ja oder nein antworten. Wir fragen Dich, ob Du Schmerzen hast: Du schüttelst den Kopf, nein! Ob Dich sonst noch jemand besuchen darf: Du nickst, ja! Wir fragen Dich, wer? Benno? Ja! Oma Haas? Ja! Siegrid? Nein! Nun wissen wir's!

Gelegentlich bebt Dein Bauch; der Pfleger vermutet einen Hustenreiz. Er saugt Dir das Sekret aus der Lunge ab. Du hattest auch bereits Stuhlgang. Wir sprechen Dir Mut zu.
Wir fahren wieder heim nach Kriftel.


Donnerstag, 17.12.1992

Hasi fährt alleine mit dem Auto nach Karlsruhe und besucht Dich. Sie spricht mit Frau Dr. Klein und Frau Dr. Brand: Du bist stabil. Sie haben die künstliche Beatmung gerade entfernt.

Du redest leichten Unsinn und sagst, Du hast keine Schmerzen. Deine Stimme ist rauh und gepreßt, aber verständlich. Außer den Infusionen hast Du noch vier Schläuche Bauch-Drainage, den Magenschlauch und den Urinkatheder.

Hasi besucht noch ihre Mutter und fährt dann wieder heim.


Freitag, 18.12.1992

Mittags rufe ich wieder aus dem Büro auf der Station an und spreche mit Dr. Fettich: Du sitzt gerade draußen auf dem Topf.

Du hast Joghourt und Brei gegessen und scheinst nicht verwirrt.

Benno und Oma Haas waren zu Besuch bei Dir. Sie erzählen, daß die Pfleger Dir die Haare gewaschen haben und Du eine Sauerstoffmaske zum Atmen hattest.


Samstag, 19.12.1992

Nach dem Essen fahren wir wieder nach Karlsruhe und gleich zu Dir. Du bist ziemlich munter und reagierst auch ziemlich normal.

Du trinkst Bier: wir sind schockiert! Drei Schnabeltassen stehen auf Deinem Brett: Tee, Astronautentrank und alkoholfreies Bier. Du erzählst: "Ich hab' den Professor gefragt, und er hat ja gesagt!". Auf unsere Frage, wo das Bier denn herkommt: "Das haben sie hier auf der Station!" Was man davon halten soll? Wir fragen den Pfleger, er bestätigt das. Wir lassen Dich aus der Tasse trinken.

Du sagst: "Frau Brauners Tochter aus unserem Haus, die Nicole, hat mir die Haare gewaschen. Die arbeitet hier als Schwester." So siehst Du wirklich viel besser aus.
Dann erzählst Du, daß im Zimmer schwarze Käfer sind und daß ein Mann bei Dir im Zimmer gestorben ist: "Er hat gesagt: Laßt mich doch sterben!". Wir haben zwar eine Spinne in Deinem Zimmer gesehen, aber keine schwarzen Käfer, und sind skeptisch.
Prof. Kiffner kommt dazu; er sagt, er kommt von einem Kongress. Er hat einen modernen Pullover an. Er spricht Dir Mut zu: "Es geht aufwärts, Frau Schludecker!"

Wir gehen mit ihm auf den Flur und fragen ihn, ob Du über den Berg bist. Er sagt: "Noch nicht über den Berg, aber auf der Spitze des Berges!". Es besteht noch ein Risiko mit einer Lungenhälfte, die noch nicht ganz entfaltet ist.

Du sagst: "Der Professor hat aber einen schicken Pullover an!". Das siehst Du also schon!
Wir trinken bei Oma Haas Kaffee und kommen dann wieder zu Dir.

Da Du nackt im Bett liegst und immer nur mit einem dünnen Leintuch zugedeckt bist, fragen wir Dich, ob Du nicht frierst. Du sagst: "Nein!"; wir wundern uns und entdecken, daß sich Deine Matratze warm anfühlt und ganz merkwürdig weich ist. Es ist ein Wasserbett, und das Wasser ist elektrisch beheizt. Du sagst, das ist angenehm.
Du zeigst auf die Schwester und sagst: "Das ist Nicole, die mir die Haare gewaschen hat!" Die Schwester bestätigt das Haarewaschen, weißt aber die "Nicole" weit von sich: "Ich bin die Andrea und kenn' keine Frau Brauner!" Du scheinst da 'was zu verwechseln!

Abends gehen wir ins Kino "Schauburg" in "Die siebente Saite", einen Musikfilm, und essen anschließend im "Schildbürger". Wir schlafen wieder in der Kriegsstraße.


Sonntag, 20.12.1992

Gegen Mittag gehen wir wieder zu Dir, und Du bist noch munterer als gestern. Du erzählst, daß Du den Professor auf dem Nachtstuhl empfangen hast. Du fragst uns, ob uns der eine Gasofen in Deiner Wohnung warm genug ist. Dann erzählst Du, daß Ruth Dich für den 22. Dezember in die Oper zum "Troubadur" eingeladen hatte; da wird jetzt wohl nichts draus. Wir staunen über Dein Gedächtnis!

Du sagst wieder 'was von schwarzen Käfern in der Station, und wir entlarven diese als schwarze Griffe an der Jalousie. Wir sind alle erleichtert! Du hast Kisten von Jugoslawischem Wein auf einem Regal entdeckt, läßt Dich aber nicht überzeugen, daß es sich dabei um Labormaterial handelt: "Die handeln hier doch mit Wein!"

Du erzählst, in Deinem Zimmer sei letzte Nacht eine Frau gestorben. Wir sind nun ganz verunsichert und fragen Frau Dr. Brand, ob da 'was dran ist. Sie sagt: "Ja, das läßt sich nicht vermeiden!". Aber ein Mann sei in den letzten Tagen nicht gestorben.

Du sagst, wir sollen Fifi einen neuen Krankenschein für 1993 für den Hausarzt bringen; wir sollen ihn auf ihr Schränkchen legen. Das scheint sehr vernünftig, und wir versprechen es.

Du hustest locker und mit viel Schleim, es klingt schrecklich und strengt Dich sehr an. Du sollst aber abhusten und auch tief atmen; wir reden Dir gut zu.

Wir gehen ins "Cafe Adria" zum Essen, machen anschließend einen Spaziergang und kommen dann wieder zu Dir.

Du erzählst weiter: Die letzte Nacht war unruhig. Sie haben den Mann von der sterbenden Frau geholt, und der hat lamentiert: "Röschen, geh' nicht fort von mir!" Dabei hat sie ihn vorher, wenn er zu Besuch kam, jedesmal gefragt: "Hast Du wieder Bier getrunken!"
Du erhältst immer noch einen Milliliter Insulin pro Stunde.

Gegen Abend fahren wir nach Hause.


Montag, 21.12.1992

Abends um sechs Uhr rufe ich auf der Station an und spreche Dr. Fettich: Es geht weiter aufwärts. Die Entzündung der Bauchspeicheldrüse ist eine Reaktion auf den Reiz des Nahrungsangebots; die Werte sind nicht schlechter, eher etwas besser. Er wird die Schläuche der Bauch-Drainage heute noch entfernen.

Anschließend rufe ich Ruth an, die heute morgen bei Dir zu Besuch war: "Sie hat mich sofort erkannt und sich mit mir normal unterhalten. Sie hat erzählt, daß die Frau bei ihr gestorben ist." Du hoffst bis Weihnachten aus der Intensivstation raus zu kommen. Letzte Nacht hast Du gut geschlafen; am Morgen bist Du draußen gesessen und hast dann wieder geschlafen. Du hast wieder Bier getrunken.


Dienstag, 22.12.1992

Abends um neun Uhr ruft uns Benno an, der bei Dir zu Besuch war: es geht Dir gut; Du hast als erstes Essen Zwieback bekommen. Der Venenkatheder an der linken Hand ist weggemacht worden; der Blutdruck wird jetzt mit Manschette gemessen. Du hoffst vor Heiligabend in die alte Station zu kommen. Du trinkst wieder alkoholfreies Bier.
Benno hat mit Prof. Kiffner gesprochen: er ist mit dem Fortschritt zufrieden.


Mittwoch, 23.12.1992

Ich rufe um sechs Uhr abends auf der Station an und treffe auf Dr. Lenk: Dein Zustand ist wie gestern soweit in Ordnung. Es ist daran gedacht, Dich morgen auf die Normalstation zu verlegen. Dein Weihnachtswunsch scheint in Erfüllung zu gehen.

Oma Haas war heute bei Dir zu Besuch. Sie erzählt uns später: Du hast ihr gesagt: "Drei Rote-Kreuz-Leute aus Frankreich sind hier operiert worden."


Donnerstag, 24.12.1992, Heiligabend

Hasi, Ellen und ich fahren nach dem Essen für die Weihnachtstage nach Karlsruhe; wir sind um drei Uhr bei Dir. Du bist raus aus der Intensivstation und wieder in der Station Chirurgie D im gleichen Zimmer E.501 am gleichen Platz wie früher. Darüber bist Du froh.
Du hast nur noch einen Venenkatheder am rechten Arm und erhältst darüber Nährlösung und Liquemin 12500 i.E..

Du erzählst: "Der letzte Mann auf der Intensivstation war ein Elsäßer; die lassen sich hier billiger behandeln."

Du klagst darüber, daß es hier kein Bier gibt. Der Pfleger sagt: "Wir haben kein's!"; er will aber den Arzt fragen.

Ich rede auf dem Flur mit dem diensthabenden Stationsarzt Dr. Kienzle: "Die Bauchspeicheldrüse ist noch nicht ganz in Ordnung, aber die Werte bessern sich. Die Lunge ist noch angegriffen, eine leichte Pneumonie; das klingt so gräßlich. Wir machen auch eine Behandlung gegen Sor, das ist ein Pilz im Mund, der als Folge der Antibiotika häufig auftritt."

Du sagst zu uns: "Mir wisse' doch B'scheid; auch der Bademeister kann ertrinke'!" und zum Arzt: "Herr Doktor, mir ist ja so elend!" Du warst allerdings zusammen mit zwei Pflegern auf dem Klo im Zimmer.

Deine Zimmernachbarin ist Frau Schäfer, 81 Jahre alt, mit einem Beinbruch und drei Embolien. Ihre Schwester mit 83, die zu Besuch ist, braucht fast noch mehr Hilfe.

Wir schauen nach Deinem Gepäck, das sie bei Deiner zweiten Operation und Aufnahme in die Intensivstation weggeschlossen hatten. Ein Teil der Sachen ist in Deinem Nachtschränkchen, eine braune Reisetasche steht im Schrank. In der Tasche ist ein grüner Bademantel, der Dir aber nicht gehört. Wir haben Zweifel, ob dies überhaupt Deine Tasche ist. Wir bringen sie zurück in die Intensivstation und machen uns auf die Suche nach Tasche, Kleidern, Geld und Schmuck. Die Kleider finden wir mit Hilfe der Schwester in einer Kammer, Dein Schmuck ist im Schwesternzimmer in einem Umschlag, Geldbeutel und Ausweise in Deiner Handtasche im Nachtschränkchen, aber das Geld und die Tasche sind weg! Wir gehen schließlich nochmals in die Intensivstation und prüfen die braune Reisetasche; es ist doch Deine, unten drin ist Deine Wäsche. Nur das Bargeld bleibt verschwunden; wir meinen, es waren noch ungefähr hundert Mark. Hast Du's ausgegeben oder ist es gestohlen worden? Wir wollen Dich nicht beunruhigen und haben selbst größere Sorgen; wir unternehmen nichts!

Du hast wieder Dein Telefon mit der alten Nummer, kannst es aber aus Schwäche noch nicht benutzen.

Nachdem wir bei Oma Haas zum Kaffee waren, kommen wir um sechs Uhr zu Dir zurück und machen Bescherung. Wir haben Tannenzweige aus unserem Garten mitgebracht und hängen drei Weihnachtsanhänger dran. Wir zünden die mitgebrachten Kerzchen nur kurz an; das kostet sonst zuviel Sauerstoff, den Ihr beide dringend benötigt. Dein Geschenk, die Hausbibel, packe ich aus und zeige Dir einige Bilder darin. Das strengt Dich schon an.
Die Stimmung ist trübe; Du hast leicht rote Backen. Der Arzt hat gesagt, Du darfst auch weiter Bier trinken. Wo kriegen wir nur welches her an Weihnachten?

Wir gehen zur Bescherung zu Oma Haas - singen kann ich heute nicht - und dann zum Schlafen in die Kriegsstraße.


Freitag, 25.12.1992, 1.Weihnachtsfeiertag

Um halb zwölf komme ich mit Ellen zu Dir ins Krankenhaus. Du hast erstmals wieder ein eigenes Nachthemd an; das sieht schon ganz anders aus.

Wir haben Dir an der Tankstelle in der Ebertstraße "Clausthaler" gekauft; da machst Du leuchtende Augen und große Schlucke, wenigstens am Anfang.

Der Pfleger hat Dir die Haare gewaschen: "Das hat der Professor gesagt!" Er hat auch gesagt: "Frau Schludecker, Sie sind über dem Berg!"

Du erhältst zum Mittagessen drei Zwiebacke auf einem Teller; da Du sie nicht magst, weicht Ellen zwei davon in Tee ein und füttert Dich. Gegen Deinen Enkel kannst Du Dich schlecht wehren, auch wenn's nicht schmeckt. Der Astronautentrunk dazu geht eher.

Nach dem Essen bei Oma Haas geht Ellen wieder zu Dir, sie kann Dich aber nicht überzeugen, weiteren Zwieback zu essen. Du mußtest ihr aber versprechen, dies abends zu tun.

Nach dem Kaffee fährt Ellen mit dem Zug heim nach Kriftel, weil sie morgen in den Skiurlaub fahren will. Ich bringe sie an den Bahnhof, kaufe ihr eine Fahrkarte und setze sie in den Zug.

Am Abend komme ich wieder mit Hasi zu Dir. Da Du Fifi so lange nicht gesehen hast, spreche ich davon, sie eventuell mal im Rollstuhl herzubringen; da erschrickst Du aber!
Trotz Deinem Versprechen magst Du keinen Zwieback zum Abendessen; Du trinkst aber das Bier leer. Wir fragen den Pfleger nach Haferschleim, den Du eher magst; aber das kann er nicht zulassen. Als wir Dich verlassen, hast Du wieder rote Bäckchen und wohl leichte Temperatur.

Wir gehen zu Oma Haas zum großen Weihnachtsessen und dann in die Kriegsstraße zum Schlafen.


Samstag, 26.12.1992, 2.Weihnachtsfeiertag

Um elf Uhr komme ich mit Hasi zu Dir. Du erzählst: "Heut' hab' ich dem Herrn Professor g'sagt, ich werd' immer schlaffer, wenn ich nur Zwieback zu essen krieg'."

"Dann müssen wir aber das Essen umstellen!" hat er geantwortet. Und so erhältst Du zum Mittagessen Griesbrei: "Hm, schmeckt gut!" Nach der Hälfte bist Du aber satt.

Wir erzählen Dir erstmals von den Krankenhausrechnungen und der sonstigen Verwaltung bei Dir zuhause; Du nimmst an allem Anteil.

Du kommst auf die Idee mit Fifi zurück, findest sie aber nicht so gut: "wegen der Aufregung und der Kälte"; Du hast Dir das also überlegt.

Wenn Du auf der rechten oder linken Seite liegst, tut Dir der Bauch etwas weh; Du hast Temperatur: 37.6 Grad Celsius.

Nach dem Essen bei Oma Haas kommen wir wieder zu Dir. Du bist mit zwei Pflegern auf's Klo im Zimmer gegangen.

Zum Abendessen sitzt Du am Tisch draußen; es gibt Zwiebackbrei - "schmeckt gut" -, den hast Du leer gegessen und noch gedünstete Pfirsiche dazu. Dann bist Du sehr schwach und willst ins Bett.

Wir reden zum ersten Mal wieder von Deiner Krankheit, Du weißt fast nichts davon. Wir sagen Dir, daß Du zwei Operationen hattest. Du redest zwar keinen Unsinn mehr, starrst aber oft ins Leere.

Ich erzähle Dir von meinem Besuch bei Fifi; sie fragt immer nach Dir, hat aber kein Zeitgefühl, wie lange Du schon hier bist. Ich sage ihr immer: es geht mit Dir langsam aufwärts.

Du sagst, Du willst nach dem Krankenhaus erst wieder nach Hause: "Es reicht doch, wenn ich vom Bett auf's Klo kann!" Wir bremsen: "Vielleicht gehst Du doch besser erst in Erholung, ein Schrittchen nach den anderen!"

Du sagst: "Mein Po ist rot vom Liegen!" und hast Temperatur 37.5 Grad.

Wir fahren heim nach Kriftel.


Sonntag, 27.12.1992

Ich rufe Dich, wie ausgemacht, um elf Uhr an. Du hast gut geschlafen, hast keine Temperatur mehr und warst ein einhalb Stunden draußen gesessen und hast Dich gewaschen.

Zum Frühstück gab's Quark, Zwieback - "muß ich ja nicht essen" -, Pudding - "kann ich heut' Mittag noch essen" - , Suppe - "war sehr gut" und eingemachten Pfirsich.

Der Professor war da und hat gesagt: "Es geht weiter aufwärts in kleinen Schritten."
Du fragst mich, ob Ellen aus dem Skiurlaub in Hermagor angerufen hat (Nein, hat sie nicht). Ich kann morgen zur gleichen Zeit wieder bei Dir anrufen.


Montag, 28.12.1992

Wie angemeldet rufe ich Dich um elf Uhr vom Geschäft aus an. Du hast nicht so gut geschlafen; sie haben Dir einen Spiritus-Umschlag am Bauch wegen Druckstellen gemacht. Morgens hast Du Dich gewaschen und sitzt jetzt am Tisch zum Essen. Zum Frühstück gab's Zwieback und Marmelade.

Du fühlst Dich immer noch schwach, aber es geht langsam aufwärts; die Beine haben etwas mehr Kraft.

Du willst mich morgen Abend zu Hause anrufen, wenn es Dir besser paßt. Das ist ein Vorschlag!


Dienstag, 29.12.1992

Du rufst abends bei uns in Kriftel an: "Peter, meine Schläuche sind weg!" Sie haben Dich von künstlicher Ernährung wieder auf natürliche umgestellt. Du mußt täglich zwei Liter trinken, hauptsächlich Sprudel, und das Essen ist auch eine Stufe besser: zum Mittag gebackene Tomaten und abends Wurst mit Brot und ein Bier und noch Brei dazu.

Du bist zwei Stunden draußen gesessen und hast Schritte am Arm des Pflegers gemacht.
Du sagst: "Das war ein Schock: Frau Weinkötz ist wieder da. Sie hat Darmverschluß und muß wieder operiert werden."


Mittwoch, 30.12.1992

Du rufst uns abends an und erzählst Dein Tagesprogramm: Heute waren zu Besuch: Benno, Ruth, Oma Haas, Helmut, Siegrid und die Kinder. Als Essen erhältst Du das Diätmenu: "Das ist aber ganz abwechslungsreich!"

Deine Behandlung besteht noch aus: jeden Tag Krankengymnastik, Brustrüttelmaschine, Inhalation und Tabletten (Marcumar, Schlaftablette u.a.).

Du hast keinen Husten mehr und machst erste Schritte allein ums Bett mit Festhalten. Ich sage Dir, daß wir am Freitag kommen.


Donnerstag, 31.12.1992, Silvester

Ich rufe Dich nachmittags an, weil wir abends ins Kino gehen wollen. Du hast Gulasch gegessen und drei Schritte ums Bett gemacht. Sonst wie gehabt.


Freitag, 1.1.1993, Neujahr

Du rufst gegen Mittag in Kriftel an: Wir sollen zuerst in die Kriegsstraße fahren, nach Post, Wohnung und Frau Wunderle schauen und Slips und Schlafanzüge mitbringen.

Frau Dr. Knoll hat gesagt, Du sollst noch diese und nächste Woche im Krankenhaus bleiben und dann gleich nach Ebersteinburg verlegt werden. Du hast geklagt, daß Du noch so schwach bist. Sie: "Das dauert noch Monate!" Das war ein Schock für Dich; Du fragst: "Was hab' ich denn alles gehabt?"

Ich sag' Dir, daß ich alles aufgeschrieben habe und wir das später anschauen können. Du machst Dir jetzt erst darüber Gedanken: "Warum krieg' ich noch Diät?" Ich: "Wahrscheinlich wegen der Bauchspeicheldrüsenentzündung!"

Nach dem Essen fahren ich und Hasi nach Karlsruhe in die Kriegsstraße; es sind neue Rechnungen vom Krankenhaus angekommen, Unterhosen und Schlafanzüge werden eingepackt.

Bei Dir im Krankenhaus reden wir viel über Deine Geschichte. Du wirst Dir erst jetzt über Dein Elend klar. Wir erzählen über die Operationen, die Intensivstation und die vielen Schläuche. Du zeigst uns Deine Narben am Bauch; ich schneide Dir die Finger- und Fußnägel. Du: "Mir war letzte Zeit so wirr im Kopf, auch viel mit Kopfweh!" Ich: "Das war von Narkose und Tiefschlaf." Wir sagen Dir, daß Deine Stimme wieder ganz normal ist und Du wieder tief und langsam atmest.

Zum Kaffee gehen wir wieder zu Oma Haas; nachher erzählen wir Dir weiter über Durchgangssyndrom, Gespräche mit Ärzten usw. Das hat erste Tränen gekostet.

Gegen Abend fahren wir heim nach Kriftel.


Samstag, 2.1.1993

Du rufst abends in Kriftel an. Du hast heute mit Fifi, Frau Wunderle und Elisabeth Leppke telefoniert; Benno und Lilo waren zu Besuch.

Das gewünschte Brötchen zum Frühstück ist eingetroffen; zum Mittag gab's Hähnchenschenkel.


Sonntag, 3.1.1993

Nach dem Essen fahre ich mit Hasi nach Karlsruhe; wir gehen gleich zu Dir ins Krankenhaus. Wir sind mit Dir und Frau Schäfer einig: Jeden Tag geht es bei Dir ein bißchen besser. Du kannst selbst aufstehen, aufs Klo gehen und einige Schritte im Zimmer herum machen, und das ohne Stützung.

Frau Dr. Knoll hat gesagt, Du sollst noch ein bis zwei Wochen hierbleiben und dann zur Erholung nach Ebersteinburg.

Du sagst: "Ich hab' gar keinen Appetit, ess' aber doch wenigstens die Hälfte. Ich würd' so gern mal Salat essen!"

Wir erzählen Dir über Deine Bauchfellentzündung, die zweite Operation, die Drainage und die Narben. Du willst Deine große Narbe nicht sehen: "Da wird mir schlecht!"
Wir sagen zum Abschied: "Mutti, wenn Du brav bist, kommen wir erst wieder am nächsten Samstag. Sonst eben früher!", Du: "Ich bin brav!".

Wir gehen zu Oma Haas zum Kaffee und fahren dann wieder heim.


Montag, 4.1.1993

Ich rufe Dich am Abend an. Du bist am Arm der Krankengymnastikerin erstmals auf dem Flur gelaufen: "Ich hab' zum ersten Mal den Christbaum gesehen." Ziemlich spät!

Die Ärztin Dr. Knoll hat gesagt: "Da geht's den Damen aber gut!", als sie Dich mit den von Oma Haas eingewickelten Locken sah.


Dienstag, 5.1.1993

Du rufst uns abends an  und erzählst: "Helmut und die Schwester sind mit mir gelaufen. Und ich hab' endlich Salat zu essen gekriegt!"

Du hast Frau Dr. Knoll gefragt: "Frau Doktor, wann geht es mir wieder gut?"

Sie: "Frau Schludecker, wir haben nun sehr viel für Sie getan, den Rest müssen Sie selbst tun!"

Du: "Wird denn die Bauchspeicheldrüse auf Dauer ein Problem bleiben? Muß ich dauernd Diät halten?"

Sie: "Da müssen Sie Geduld haben. Wir verfolgen die Werte. Sie müssen mitarbeiten; dann wird nichts zurückbleiben!"

Ich zu Dir: "Mutti, jetzt sind auch wir optimistisch!"

Du: "Wenn ihr optimistisch seid, dann werd' ich vielleicht auch davon angesteckt."


Mittwoch, 6.1.1993

Ich rufe abends bei Dir an. Du erzählst, daß Dieter bei Dir zu Besuch war und mit Dir den Flur lang gelaufen ist: "Danach war ich aber ganz fertig!"

Du: "Ich darf jetzt wieder normales Essen aus dem Programm auswählen."

Ich: "Das ist aber eine Fortschritt!"

Du: "Ich hab' aber immer noch keinen Appetit!"

Ich: "Mutti, Du mußt aber essen um kräftiger zu werden!"

Du: "Mach' ich auch!"


Donnerstag, 7.1.1993

Du rufst uns um sieben Uhr abends an und erzählst Deinen Tagesablauf. Das erste Eis zum Nachtisch hat Dir doch geschmeckt.


Freitag, 8.1.1993

Ich rufe Dich abends an; es ist alles wie gehabt.


Samstag, 9.1.1993

Nach dem Essen fahren Hasi, Ellen und ich nach Karlsruhe. Wir laden Ellen erst am Krankenhaus ab und fahren in die Kriegsstraße.

Deine Wohnung ist in Ordnung; auf der Loggia sind nur zwei Usambara-Veilchen erfroren. An Post ist nur Deine Bankabrechnung da.

Inzwischen hat Ellen Dir von ihrem Skiurlaub erzählt. Wir gehen dann mit Dir auf dem Flur spazieren, hundert Meter rechts und hundert Meter links mit Pausen auf verschiedenen Stühlen. Du sagst: "Meine Füße sind wie Gummi!" Du läufst langsam auch alleine, hast aber lieber, wenn zur Sicherheit jemand dabei ist.

Du erzählst: "Die Nachtschwester hat gesagt: Wir hätten kaum mehr was auf Sie gegeben, aber jetzt sind Sie wieder gut drauf!". Dir wird jetzt erst langsam bewußt, wie schlecht es Dir ging. Das kostet einige Tränen.

Wir sprechen darüber, woran Du Dich erinnerst. Du erzählst: "Ich war in einem großen herrlichen Schloß; sie schoben mich auf die Terrasse. Ich wollte aufstehen, fand aber nur einen Schlappen vor dem Bett. Als ich aufwachte, wunderte ich mich, daß beide Schlappen da waren."

Wir sprechen doch lieber über die Zukunft, daß es weiter aufwärts geht, jeden Tag kleine Fortschritte. Wir hoffen, daß Du in ein bis zwei Wochen nach Ebersteinburg kannst und später wieder in Deinen geliebten Garten: "Wenn ich wenigstens wieder raus sitzen kann!".

Am Montag sollst Du nochmal die Lunge geröntgt bekommen, hat der Oberarzt gesagt, zum Abschluß. Da kommt auch Prof. Kiffner wieder aus dem Urlaub zurück; dann hoffen wir auf seine Entscheidung.

Ich spreche auf dem Flur mit den Schwestern über Deine Appetitlosigkeit; sie halten dies für harmlos. Die eine sagt: "Vielleicht kann sie ja noch etwas abnehmen, das wäre kein Schaden!" Gewogen haben sie Dich schon viele Wochen nicht; wir wissen nicht, wieviel Du abgenommen hast.

Die Fußpflegerin soll zu Frau Schäfer und Dir kommen; Du fragst zum ersten Mal wieder nach Deinem Geld, wir schauen Deine Tasche durch. Da nichts drin ist, gebe ich Dir 80 Mark.

Ich gehe anschließend zu Fifi deren Taschengeld abgeben; sie sitzt zwar im Dunkeln mit der Zeitung in der Hand, ist aber ziemlich munter und redet mich im Spaß mit Herr Doktor an.

Nach den Kaffee bei Oma Haas gehen wir wieder ins Krankenhaus zu Dir. Bei einem weiteren kleinen Ausflug auf dem Flur schauen wir bei Frau Weinkötz rein, die drei Zimmer weiter liegt. Sie freut sich über Deinen Besuch. Sie ist ein zweites Mal am Darm operiert worden, und es geht ihr schon wieder ziemlich gut. Sie hat einen der Pfleger beobachtet, der für fünfzehn Minuten in ihrem Zimmer ihre Zeitung gelesen hat. Das findet ihr unerhört!

Hasi sagt, daß sie Dich im Laufe der Woche mit Frau Koch, einer Bekannten, besuchen will. Nach einem etwas traurigen Abschied fahren wir nach Kriftel zurück.


Sonntag, 10.1.1993

Du erzählst am Telefon, daß Prof. Kiffner wieder da war. Er hat in Aussicht gestellt, daß Frau Schäfer im Laufe dieser Woche und Du nächste Woche nach Ebersteinburg kommen sollen. Er hat Deinen Bauch untersucht und ist damit sehr zufrieden.


Montag, 11.1.1993

Du rufst am Abend bei uns an und gibst Deinen Tagesbericht.

Deine Lunge ist geröntgt worden und ist in Ordnung; außerdem warst Du im Kamillenbad. Sie haben Dich auch gewogen, seit Deiner Aufnahme zum ersten Mal. Du wiegst noch 77.7 Kilo, zehn Kilo weniger als am Anfang. Ob Dein Rock noch paßt?

Ruth und die Pflegerin sind mit Dir gelaufen: "Ich glaube, es geht schon wieder etwas besser!"

Die Fußpflegerin war da und hat das natürlich viel besser als ich gemacht. Ich soll Dir am nächsten Wochenende Geld mitbringen, damit Du bei Deiner Entlassung übernächste Woche bezahlen kannst für: Aufenthalt, Telefon, Schwestern usw.


Dienstag, 12.1.1993

Ich rufe Dich gegen sieben Uhr an und Du erzählst: "Oma Haas hat mir die Haare gewaschen und eingedreht. Ich kann schon auf dem Flur etwas alleine laufen, wenn die Pflegerin dabei ist.

Da hab' ich den Prof. Kiffner getroffen und zu ihm gesagt: "Ich hab' einfach keine Kraft!" Er: "Da müssen Sie noch Geduld haben. Das dauert noch acht Wochen!" Sonst weiß ich nichts Neues."


Mittwoch, 13.1.1993

Hasi fährt morgens nach Karlsruhe um Dich zu besuchen. Sie geht mit Dir - wie gehabt - auf dem Flur spazieren; sie bemerkt keine Veränderung zum letzten Samstag. Die Schwester sagte: "Frau Schludecker, nach unten geht's ganz schnell, aber nach oben ganz langsam!"

Frau Schäfer kommt morgen früh nach Ebersteinburg, und Du sollst nächste Woche; ihr überlegt, wie die verschiedenen Dinge, Tagegeld, Telefon, Schwestern, zu bezahlen sind und wie ihr den Umzug abwickeln wollt.

Nachmittags ist Frau Wunderle da; die beiden haben sich viel zu erzählen. Hasi fährt bald wieder heim, ich freue mich.


Donnerstag, 14.1.1993

Ich rufe Dich Punkt sechs Uhr an, weil wir anschließend in die Stadt fahren wollen. Obwohl Du noch am Tisch sitzt, bist Du ziemlich schnell am Telefon und auch ziemlich munter.

Du erzählst: "Heute bin mit der Gymnastikerin ganz weit bis an den Eingang gelaufen, zum Teil frei, zum Teil am Arm. Jetzt glaub' ich doch, daß ich's schaff'. Es geht jeden Tag ein bißchen besser!"

Heute war viel Besuch da: Oma Haas, Ruth, Benno und Lilo, Helmut und Siegrid und die Kinder. Ich frage Dich, ob Dir das nicht zuviel war. Du sagst: "Nein". Das klingt alles ganz erfreulich.


Freitag, 15.1.1993

Du rufst uns abends an und erzählst sehr munter:
"Ich hab' heut' einen Stuhl in die Sonne am Fenster gestellt und Kreuzworträtsel gemacht. Da kam die Ärztin und hat gesagt: "Das ist aber gut, Frau Schludecker. Man muß nicht nur den Körper, sondern auch den Geist trainieren!"

Heut' war nur die Frau Mergenthaler zu Besuch und morgen kommt die Frau Wunderle. Die Gymnastikerin ist wieder mit mir bis zu Tor gegangen; wenn ich ein Stück allein geh', wird mir etwas wackelig, dann führt sie mich wieder.

Der Pfleger Huther, der ist wie ein Arzt, der hat gesagt, ich kann alles essen." Mandarinen schmecken Dir sehr gut; wir dürfen welche mitbringen und auch Äpfel, lauter Lichtblicke!
Du sollst Dienstag oder Mittwoch nach Ebersteinburg, sagt die Oberärztin.


Samstag, 16.1.1993

Ich rufe Dich abends an, und Du bist sehr munter: "Ich lieg' im Bett und lese!"
Du hast Pläne für Deine Übersiedlung gemacht: Du brauchst Geld für die Pfleger, am besten einige Zehn- und Zwanzig-Mark-Scheine und Umschläge dazu: "Die liegen in der Schreibtischschublade." Und dann große Scheine für das Krankenhaus und das Telefon.
Wir kommen morgen und werden das arrangieren.


Sonntag, 17.1.1993

Hasi und ich fahren nach dem Essen nach Karlsruhe und gleich zu Dir um die richtigen Pläne zu machen.

Ich frage die Schwester Bettina, wie wahrscheinlich Dein Umzug nach Ebersteinburg für Dienstag ist: "Das ist 99 Prozent sicher!" Also planen wir für Dienstag; so weit waren wir schon mal!

Wir nehmen alles Unnötige mit, packen Deine Tasche und schreiben auf, was wir noch bringen oder einpacken müssen: Geld, Schecks, Scheckkarte, Briefumschläge, Schirm, Radio, zwei Schlafanzüge, ein Kleid und den Bademantel.

Danach machen wir uns mit Dir auf den großen Marsch durch's Krankenhaus; wir wollen versuchen wieder den langen Weg bis zur Kapelle am anderen Ende zu laufen. Du gehst langsam, aber stetig, frei oder an meiner Hand; wir machen dreimal Pause und schaffen's wirklich. Manchmal machst Du noch einen unsicheren Schritt, und am Ende sagst Du: "Jetzt geh' ich aber wieder ins Bett!"; aber ansonsten sind wir sehr zufrieden mit Dir.

Schwester Herta vom Roten Kreuz, eine Verwandte von Siegrid, kommt zu Besuch. Sie staunt auch über Deine Fortschritte und sagt: "Eine Bauchspeicheldrüsenentzündung, die überleben nur Wenige!". Du antwortest: "Ich leb' aber gern noch!"; jetzt weißt Du, wie kritisch es war!

Dann kommt auch noch Dieter zu Besuch, und Hasi und ich gehen zum Kaffee in die Ebertstraße.

Danach in der Kriegstraße packen wir all die vielen Sachen aus bzw. ein und laden Dein ganzes Gepäck ins Auto um es mit nach Kriftel zu nehmen; Hasi will es Dir dann nach Ebersteinburg nachbringen. Es sind auch wieder vier Rechnungen von dem Labor aus Freiburg da, die ich mitnehme und überweisen muß.

Als wir abends wieder zu Dir kommen, werden wir wieder mal für eine Weile rausgeschickt, da die Pfleger Betten machen wollen.

Wir setzen uns an den Tisch im Flur und warten.

Da erscheinst Du plötzlich in der Tür und sagst: "Bleibt sitzen, ich komm' alleine hin!" Und Du gehst die fünfzig Meter aufrecht und konzentriert: "Ich geh' immer dem Strich lang!"
Wir machen das Geld für die Stationskasse fertig und überreichen es Schwester Bettina. Dann gehen wir noch mit Dir zur Intensivstation und treffen zufällig dort Dr.Wirkel und Dr. Fettich; Du bedankst Dich und gibst auch einen Umschlag für die Stationskasse ab.

Als wir uns verabschieden und das Krankenhaus verlassen, hoffen wir: es ist wirklich das letzte Mal! Wir fahren nach Hause.


Montag, 18.1.1993

Du rufst mich abends an und teilst uns mit, daß Du morgen um elf Uhr mit dem Taxi nach Ebersteinburg gefahren wirst. Hasi wird von Kriftel aus hinfahren und Dich dort treffen.
Du warst heute zu Fuß in der Bäderabteilung im Keller und hast Dich am Arm der Gymnastikerin auch an der Treppe versucht: "Oh Peter, das war aber anstrengend!"; "Gell, da waren die Füße wie Gummi! Du weißt ja, wie hoch die Treppe in der Kriegsstraße ist; da mußt Du halt noch üben!"; "Na, ich hab' ja vier Wochen Zeit!".

Der Professor war auch da, hat sich aber noch nicht verabschiedet: "Der kommt morgen früh wieder!".


Dienstag, 19.1.1993

Nun soll also die Umsiedlung in die Rehabilitationsklinik Ebersteinburg endlich wahr werden.

Hasi fährt um halb zehn Uhr von Kriftel, wie vereinbart, direkt nach Ebersteinburg und findet Dich dort vor. Du bist schon lange da und hast schon Mittag gegessen. Man hat Dich doch schon um zehn Uhr ins Taxi geladen; es war ganz schön stressig, Du bist ziemlich aufgeregt.

Du hattest den Pfleger gebeten Dir beim Anziehen der Strümpfe zu helfen; er sagte: "Wir haben jetzt Kaffepause!". Das war Deine Verabschiedung.

Du hast, wie gewünscht, ein Einzelzimmer bekommen, allerdings ein altes ohne Bad, nur mit Waschbecken und Nachtstuhl. Das Bett ist niedriger, so kannst Du besser heraus- und hineinsteigen. Das Essen scheint auch besser zu sein, freundlicher zubereitet, weniger und vor allem warm: "Es schmeckt mir schon besser!".

Du wirst vom Arzt mit Hasi zusammen ausführlich über Deine Krankengeschichte befragt; er staunt, was Du alles hinter Dir hast. Du sollst wieder aufgebaut werden, Deine Arthrose im Knie soll behandelt werden und noch einige Wehwehs mehr. Er macht einen vernünftigen Eindruck; sie werden Dich schon noch etwas durch die Mangel drehen.
Und so sind wir alle voller Hoffnung, daß Du dort vollends genesen wirst und bald wieder in Deine geliebte Wohnung zurückkehren kannst.

In den folgenden zehn Tagen ist es leider nicht so ruhig, wie Du erwartet hast; es geht weiter auf und ab. Das Haus ist nicht das von Dir ersehnte Sanatorium, in dem Du Dich erholen wolltest, sondern eben auch ein Krankenhaus für Innere Medizin, das eine Nachbehandlung durchführt. Du wirst weiter untersucht: EKG, Lunge röntgen, Knie röntgen, und Du erhältst Infusionen und viele Tabletten. Die für Dich nötige und von Dir erwartete Bewegungstherapie, Gymnastik und Laufen, um wieder auf die Beine zu kommen, findet nicht statt. Die Krankengymnastikerin ist in Urlaub. Der Arzt sagt sogar, Du sollst das Zimmer nicht verlassen.

Du fühlst Dich eingesperrt und vernachlässigt; dazu kommt, daß Du wenig Besuch erhältst, da es ja weit von Karlsruhe weg liegt. Als wir Dich am Wochenende besuchen, bist Du froh, endlich mal wieder auf dem Flur laufen zu können. Du machst eher Rückschritte als Fortschritte auf den Beinen; wir sind alle unzufrieden, hoffen aber auf die nächste Woche, daß dann mehr geschieht.

Im Laufe der Woche sagst Du mir am Telefon: "Ich hab' schon gedacht, ich bestell' mir ein Taxi und fahr' heim!" Ich bekomme einen Schrecken, wie willst Du denn so zu Hause zurechtkommen. Ich beschwichtige Dich: "Halt noch ein Weilchen aus, die werden schon noch Behandlung machen!". Ich hoffe, Du hältst durch.


Freitag, 29.1.1993

Du rufst mittags bei Ellen an und sagst ihr: "Ich hab' dem Arzt gesagt, ich geh' heim! Ich werd' am Sonntag entlassen." Sie darf uns aber vorerst nichts weitersagen, Du willst mich selbst überraschen. Das ist auch eine erschreckende Überraschung!

Ich rufe kurz nach fünf Uhr in der Klinik an und will den Stationsarzt Dr. Klose sprechen um Klarheit zu schaffen. Er ist nicht da, ich soll morgen früh wieder anrufen.

Dann rufe ich Dich an, und Du teilst mir die Überraschung mit: "Ich hab' durchgesetzt, daß ich am Sonntag heim darf. Auf mein eigenes Risiko! Benno war hier und ist auch dafür!" Du sagst, Du hättest dem Arzt erklärt, daß Du Dich da nicht weiter erholst, sondern nur noch aufregst, und er hätte dies eingesehen und zugestimmt. Wenn das man gutgeht! Kommst Du überhaupt zu Hause die zwei Treppen hoch, mehr als eine hast Du noch nicht probiert, und wie kannst Du Dich in Deiner Wohnung versorgen? Du könntest ja erst mal für eine Weile mit uns nach Kriftel, aber das willst Du auch nicht; Du willst heim! Und ist das nicht auch ein medizinisches Risiko, auf eigene Verantwortung?

Ich rufe später Benno an, der vielleicht die Lage vor Ort besser beurteilen kann. Er bestätigt Deine Aussagen und meint auch, daß vielleicht eine Entlassung besser für Dich ist: "Sie regt sich dort ja doch nur noch auf!" Wir haben den Verdacht, daß das wohl ein Krankenhauskoller ist, nach dieser langen Zeit ja auch verständlich! Vielleicht hilft wirklich nur noch Heimkehr. Wir beschließen die Entscheidung morgen zusammen mit dem Arzt zu treffen.


Samstag, 30.1.1993

Ich rufe, wie vereinbart, um elf Uhr an der Krankenhauspforte an, und sie stellt mich in Kürze zu Dr. Klose durch. Er erzählt, wie Du ihm die Pistole auf die Brust gesetzt hast und daß er Deiner Entlassung zugestimmt hat. Er sagt, Du hättest ja wohl mehrere Lungenembolien gehabt und eine Karditis nach vierzehn Tagen Narkose, die sie noch weiterbehandeln wollten; aber das könnte auch der Hausarzt machen. Er wird Dir für Dr. Henseleit einen entsprechenden Bericht mitgeben. Er wollte allerdings nächste Woche noch Ultraschall an Deinem Bauch machen; er hätte aber angesichts Deines Krankenhauskollers Deiner Entlassung für morgen zugestimmt und sieht auch kein medizinisches Risiko darin. Als ich ihm erzähle, daß Hasi die nächste Woche erst mal bei Dir bleibt, ist er vollends beruhigt. Wir schließen uns ihm an und akzeptieren es auch.


Sonntag, 31.1.1993

Heute fahren wir mal wieder mit zwei Autos Richtung Karlsruhe, ich mit dem Audi nach Ebersteinburg um Dich anzuholen und Hasi mit dem Golf nach Karlsruhe um dort bei Dir zu bleiben. Ich komme mittags nach ein Uhr bei Dir an; wir packen Deine Sachen, zahlen die Rechnung und verabschieden uns bei den Geschwistern Schäfer und den Schwestern. Dr. Klose hat doch wirklich gestern noch den Ultraschall gemacht; es ist alles in Ordnung.
Dann mußt Du Dich aufraffen und, gestützt auf den Schirm, den Gang und die Treppe hinunter zum und ins Auto steigen; es geht ganz gut. Hast Du wirklich endgültig das Krankenhaus verlassen?

Obwohl Du vorher noch ziemlich nervös warst, lebst Du während der Fahrt förmlich auf. Mit Freude siehst Du nach fast vier Monaten Dein Haus in der Kriegsstraße wieder. Doch jetzt geht's erst ans Treppensteigen, das letzte große Hindernis zur eigenen Wohnung, zwei Stockwerke hoch. Du ziehst Dich am Geländer hoch, so geht die erste Treppe erstaunlich gut. Das Fenster zum Hof bietet dort eine gute und erholsame Gelegenheit einen ersten Blick in Deinen Garten zu werfen. Die nächste Treppe führt vor Frau Wunderle's Tür, wo Du aber keine Pause brauchst. Nach einer weiteren Treppe ist ein zweiter Pausenblick in den Garten fällig. Mit Anstrengung und Hochziehen schaffst Du auch die letzte Treppe und kommst endlich in Deiner Wohnung an, etwas außer Puste, aber glücklich!

Du nimmst Deinen Lieblingsplatz in Deinem elektrischen Klappsessel ein, und ich mache mich ans Auspacken. Als Hasi eine Stunde später ankommt, ist schon fast alles aufgeräumt. Ich gehe Kuchen kaufen, und wir trinken Kaffee, eine glückliche Familie und Du am glücklichsten mittendrin!

Nachdem alles klar ist, mache ich mich am Abend auf die Heimfahrt um mal wieder Strohwitwer zu spielen. Hasi macht sich auf eine anstrengende Woche gefaßt; hoffentlich geht das gut!

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SES-Einsatz in der Mongolei von 19.9. bis 17.10.2004

Sonntag, 19.9.2004

8:30 Uhr:       Taxi zum Flughafen Frankfurt

10:30 Uhr:     Flug Frankfurt – Berlin-Tegel

12:00 Uhr:     Mittagessen auf der Flughafenterrasse, Anruf bei Hasi; Treffen auf Frau Balentin, SES aus Leipzig

13:40 Uhr:     Flug Berlin – Moskau mit Airbus von Mongolian Airlines

19:00 Uhr:     Landung und Aussteigen in Moskau

20:00 Uhr:     Flug Moskau – Ulanbaatar


Montag, 20.9.2004

8:00 Uhr:       Landung in Ulanbaatar; SES-Schild vorgezeigt, gleich Fahrer gefunden

8:30 Uhr:       Fahrer zur Erdenet-Zentrale; Telefonat mit irgendeiner Sekretärin:
Ich soll heute im Hotel übernachten und morgen mit dem Zug nach Erdenet fahren; das will ich aber nicht. Ich bestehe darauf noch heute mit dem Auto zu fahren.

9:00 Uhr:       Meeting mit Mr. Tsogbaatar, Leiter der Erdenet-Zentrale in UB; heftiges Telefonieren, Nachdenken und Diskutieren über die Fahrtmöglichkeiten nach Erdenet: Zug (am besten, 10 h, mir zu lang), Bus (7 h, Problem Gepäck/Taxi, mir zu problematisch), Auto eines Freundes (kein Nummernschild), Taxi (generell zu unsicher); Beschluß: mit sicherem Taxi

11:00 Uhr:     Fahrt mit Tsogbaatar und Sekretärin zur Bank zum Umtausch von 50 EURO in 72000 Tögrög

11:30 Uhr:     Fahrt mit Mr. Tsogbaatar und Fahrer zum Einkaufen (Brot, Wurst, Wasser) und dann zum Busbahnhof/Taxiplatz:

Er sucht einen verlässlichen Fahrer und findet einen ehemaligen Mitarbeiter, der die Fahrt mit seinem Privat-Pkw für 40.000 Tögrög machen will. Herr Tsogbaatar schreibt auf einem Schmierzettel eine provisorische Quittung, und wir unterschreiben alle.

12:00 Uhr:     Tanken von dem bezahlten Geld und Fahrt Ulanbaatar – Dharkan – Erdenet:
Das Auto hat eine gesplitterte Windschutzscheibe, fährt aber gut und bis 120 km/h schnell. Außerhalb der Stadt wird der Verkehr immer weniger. Der Fahrer fährt flott, aber vorsichtig; großen Schlaglöchern weicht er geschickt aus; am schlimmsten sind die ausgeschlagenen Bahnübergänge. Am Straßenrand stehen viele defekte Autos, besonders alte russische Lkw bei der Reparatur. Daneben liegt zum Schutz des darunter liegenden Fahrers ein großer Stein mitten auf der Straße.

Die Straße windet sich leicht bergauf und bergab durch die karge hügelige Steppenlandschaft. Die Sonne brennt vom Himmel; es wird von Stunde zu Stunde wärmer bis 25 Grad.

Als ich anfange von meinem Vesper zu essen, isst und trinkt der Fahrer auch mit. Später hält er an einer primitiven Gaststätte am Straßenrand und geht essen; ich bleibe draußen und will warten. Da ich mal muss, schaue ich in die nahebei gebaute hölzerne Toilette: ein Loch im Boden mit Holzverschlag und verschissenen Brettern; es stinkt scheußlich. Ich drehe mich um und pisse ins Grüne.

Wir fahren 5 Stunden durch die schöne, aber wenig veränderliche Landschaft und sind um 5 Uhr in Erdenet im Gästehaus von Erdenet Mining. Die Eingangshalle ist alt, aber pompös; ich schreibe meinen Namen auf einen kleinen Zettel und bekomme Zimmer Nr. 23 im 1. Stock. Es ist groß mit 2 Betten, 2 Schränken und einem Tisch mit 2 Stühlen; hier kann man arbeiten. An der Wand hängt ein Poster von der Südsee.

Kaum habe ich meine Koffer abgestellt, kommt Mr. Rinchinjugder, mein Projektpartner zur Tür herein und begrüßt mich. Wir stellen uns kurz vor und besprechen meinen Einsatz; dann geht er mit mir zum Essen in den Gästeraum nebenan. Dann Auspacken und Versuchen zu schlafen.


Dienstag, 21.9.2004

7:00 Uhr:       Aufstehen

8:30 Uhr:       Fahrt mit Fahrer und Firmenjeep zur Fabrik (Verwaltungsgebäude)

8:45 Uhr:       Frühstück im Gästekasino

9:00 Uhr:       Meeting mit Rinchin, Alexander, Sergej, Ganbold, Lhagva: Vorstellung der Personen, Verteilung von „Activity list“ und 3 „ELITE-Dokumenten“

11:00 Uhr:     Besichtigung von Netz, Server und Produktionskontrolle im Verwaltungsgebäude

13:00 Uhr:     Mittagessen im Gästekasino

14:00 Uhr:     Fahrt mit Sergej zur Firmenzentrale neben Gästehaus

14:15 Uhr:     Besichtigung von Netz und Servern der Zentrale mit Sergej und Ganbold

15:00 Uhr:     Rückfahrt zur Fabrik, Fabrikrundfahrt

15:15 Uhr:     Meeting mit Rinchin + 4, Überarbeitung “Activity List”

17:00 Uhr:     Fahrt zum Gästehaus

18:00 Uhr:     Bummel und Einkaufen im Markt gegenüber (Wasser, Klopapier)

18:50 Uhr:     Anruf von Hasi auf dem Zimmertelefon

19:00 Uhr:     Abendessen im Gästehaus (Schinken, Tomate und Gurke; Frikadelle mit Nudeln und Rote-Beete-Salat)

20:00 Uhr:     Arbeit an „Activity List“

22:30 Uhr:     Schlafen, nachts eine Schnake Töten


Mittwoch, 22.9.2004

7:00 Uhr:       Aufstehen

8:30 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

8:45 Uhr:       Frühstück (Marmeladenbrot, Milchsuppe, Würstchen mit Reis)

9:00 Uhr:       Rinchin belegt und chaotisch, Arbeit in meinem Büro mit Laptop am Netz

10:40 Uhr:     Treffen mit Rinchin, Unterschrift der „Activity List“

11:00 Uhr:     Besuch bei seinem Chef Direktor Ganbaatar, Vorstellung, Genehmigung „Activity List“

11:30 Uhr:     Arbeit im Büro am „Timetable“, Mail an Ellen

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@myfaz.net>
To: <mdollak@t-online.de>
Subject: Gruesse aus Erdenet
Date: Wed, 22 Sep 2004 04:57:11 +0200

Hallo Ihr Lieben,

ich habe nun hier meinen Laptop am Netz und kann (hoffentlich) über meine alte FAZ-Mailbox arbeiten. Es ist allerdings sehr langsam; ich werde versuchen, hier eine lokale Mailbox zu kriegen.

Es geht mir (den hiesigen Umständen entsprechend) gut, und ich habe gehört, daß Ihr gut zurückgekehrt seid.

Ich grüße Euch drei herzlich

und einen dicken Kuß für Ben
von „Opa“

P.s.: Antwortet doch bitte mal kurz !
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12:30 Uhr:     Mittagessen mit Rinchin + 2 im Gästekasino

14:00 Uhr:     ELITE (English Language IT Exercise), Lektion 1

15:00 Uhr:     Warten auf Rinchin, Drucken auf Netzdrucker in meinem Büro

16:30 Uhr:     Meeting mit Rinchin, Übergabe „Timetable (Draft)“

17:00 Uhr:     Anruf von Ellen auf Handy im Treppenhaus auf dem Weg zum Jeep, Fahrt zum Gästehaus

18:00 Uhr:     Spaziergang am „Stadtrand zum Freundschafts-Denkmal“

Die Straßen sind löchrig, die Gehwege schief und brüchig. Es laufen einzelne Kühe durch die Stadt, die sich vielleicht von ihrer Herde verirrt haben: „A land without fences“.

18:50 Uhr:     Vergebliches Warten auf Hasis Anruf, kurzer Handy-Anruf bei ihr

19:00 Uhr:     Abendessen (Rettichsalat, Rinderstreifen mit Reis)

20:00 Uhr:     Anruf von Hasi, sie war bei „Essen auf Rädern“

In der Ferne rufen Taxi-Fahrer ihre Touren aus; ich habe schon einen Schnakenstich und 2 Schnaken gekillt.

22:30 Uhr:     Schlafen


Donnerstag, 23.9.2004

7:00 Uhr:       Aufstehen

8:00 Uhr:       Frühstück im Gästehaus

8:30 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

9:00 Uhr:       Meeting mit Rinchin zu „Timetable“, zugestimmt

10:00Uhr:      Arbeit im Büro

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To: „Peter Schludecker“ pschlude@myfaz.net
Subject: Re: Gruesse aus Erdenet
From: MDollak@t-online.de (Mathias Dollak)
Date: Sep,22, 2004 23:26 GMT

Hallo Papa,

ja – wir sind gut angekommen, wobei Ben noch etwas durcheinander ist. Er hat aber auch im Urlaub 2-3 Tage gebraucht, bis er sich einigermaßen eingelebt hatte.

Heute haben wir die Bilder vom Fotografen abgeholt, und sie sind sehr schön geworden (leider nur auf Papier verfügbar). Nachmittags waren wir bei Dollaks.

Was macht die Arbeit? Hast Du Dich schon etwas an die Zeitumstellung gewöhnt? Wie ist das Essen? Wie ist das Zimmer? Sprechen die Mongolen überhaupt auch englisch? Sind noch andere nette Europäer im Gästehaus?

Fragen über Fragen...

Viele Grüße,
Ellen  

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Ganbold macht die Mail-Installation auf meinem Laptop; ich sende Testmails an Rinchin und Ellen.

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: <MDollak@t-online.de>
Subject: Hallo aus Erdenet
Date: Thu, 23 Sep 2004 04:57:11 +0200

Hallo ihr Lieben,

jetzt habe ich eine Mailbox im Erdenet-Outlook-System. Hoffentlich kann ich Euch jetzt so erreichen.

Antwortet doch mal!

Gruss
Papa und Opa

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Tukur Rinchinjugder" <rinchin@emc.erdnet.mn>
Subject: Greetings from Peter SES Germany
Date: Thu, 23 Sep 2004 05:09:12 +0200

Hallo Rinchin,

Ganbold has just installed on my laptop a Mailbox for me on your Mailsystem, thanks to him and you !

I will now be able to work still more effective for you!

So, if you want, you can send me messages on any thing you like!

All of you are so kind to me!

Regards
Peter
from SES Germany
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11:00 Uhr:     Meeting mit Rinchin plus 5 (mit Sasha), Präsentation: „Timetable“ und „Technical Topics“, verkündet

13:00 Uhr:     Mittagessen:

Ich sitze jeden Tag allein in einem Saal mit vielleicht 100 Plätzen, und eine freundliche Dame, die kein Wort englisch spricht, trägt die 4 Gänge auf: Salat aus Kartoffel und Gemüse, Hühnersuppe, Beefsteak mit Kartoffelbrei, süßes Stückchen. Ich wähle etwas davon aus und lasse alles andere stehen.

14:00 Uhr:     ELITE Lesson 2, 5 Teilnehmer

15:00 Uhr:     Meeting mit Ganbold über Mail Service

16:00 Uhr:     Meeting mit Lhagva über Netzwerk-Struktur

17:00 Uhr:     Fahrt zum Gästehaus

18:00 Uhr:     Spaziergang auf der Hauptstraße bis Kultur- und Sportpalast

An der Straße sind viele sehr einfache Geschäfte, die fast alles haben. Ich frage bei Mobicom nach billigem Telefonieren; das Ergebnis ist unklar. Viele Frauen stehen am Gehweg und haben ein Telefon und ein Heft bei sich, was machen sie? Im Kulturpalast suche ich nach dem Programm oder jemandem, der englisch spricht. Zwei Schülerinnen erbarmen sich meiner, sagen, dass jetzt noch keine Vorstellungen sind, sondern erst im Winter, und erzählen, dass sie in eine Modeling-Schule gehen und hier jetzt eine Vorführung haben; die gestrenge Lehrerin sitzt daneben und versteht nichts.

18:45 Uhr:     Anruf von Ellen und Hasi mit Ben im Hintergrund

19:00 Uhr:     Abendessen

20:00 Uhr:     Arbeit an Offenen Punkten

22:30 Uhr:     Schlafen mit Pille und Bier


Freitag, 24.9.2004

7:00 Uhr:       Aufstehen

8:00 Uhr:       Frühstück

8:30 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

9:00 Uhr:       Warten auf Rinchin, Mail an Ellen, Tagesvorbereitung

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An: MDollak@t-online.de
Von: Peter Schludecker pschlude@myfaz.net
Betreff: Gruesse aus ErdeneT
Datum: Fri, 24 Sep 2004, 02:50:27 +200 (MEST)

Hallo Ellen, Mathias und Ben,

danke für die Nachricht und die vielen Fragen!

Ja, ich habe mich inzwischen zeitlich umgestellt, das hat aber gedauert!

Ich war zwar am Tage nicht müde, konnte aber in der Nacht doch nicht richtig schlafen. Erst letzte Nacht ging es einigermaßen.

Die schwerste Umstellung war die des Darms: Hier in der Fabrik kann man eigentlich nicht (groß) aufs Klo gehen, weil es unbeschreiblich ist. In meinem Zimmer im Gästehaus ist es einigermaßen akzeptabel, es hat aber 5 Tage gedauert, bis ich wieder morgens musste.

In der Arbeit ging die Eingewöhnung schnell: Die Kollegen von Erdenet sind sehr freundlich und hilfsbereit. Ich bekam sofort eine Zelle in einem 7-Mann-Büro mit 5 Programmierern, die aber meistens unterwegs sind. Außerdem verstehe ich ihre Gespräche sowieso nicht, und sie telefonieren kaum. Zwei davon sprechen etwas englisch, so dass sie mir helfen können.

Ich habe einen großen Schreibtisch, einen Schrank, zwei Bürostühle und einen Safe, wo ich meinen Laptop einschließen kann, wenn ich unterwegs bin. Mein Laptop ist ans Erdenet-Netz angeschlossen, ich habe – wie Ihr seht – eine Mailbox im Erdenet-System und kann auf einem Netzdrucker im Raum drucken. So ist die Arbeitsumgebung perfekt.

Ich arbeite mit 5 Erdenet-Kollegen, die gerade um die Ecke sitzen, sehe sie laufend und habe oft Meeting mit ihnen. Die Verständigung ist schwierig: Mr. Rinchin, der Chef und Auftraggeber spricht einigermaßen gut englisch, und ich komme gut mit ihm voran. Die anderen sprechen wenig bis kein englisch, einer nur wenig deutsch. Ich trainiere mit ihnen, so gut es geht, und wir arbeiten viel mit Händen und Füßen und auf dem Papier. Es ist schon schwierig, aber ich gehe davon aus, dass ich die gestellte Aufgabe auch einigermaßen erfüllen kann. Zumindest macht die Arbeit (endlich mal wieder) Spaß!

Besonders spaßig ist das Englisch-Training, das in meinem Aufgabenkatalog steht und das ich jeden Tag um 2 pm für eine Stunde abhalte. Es steht unter dem Titel ELITE English Language IT Exercise, und wir haben in den ersten 2 Lessons je 30 (neue) Wörter gelernt. Jeweils 2 – 5 Kollegen waren bisher heftig am radebrechen!

Für jetzt Schluss, ich muss jetzt zu meinem „Boss“. Ein andermal erzähle ich Euch noch mehr.

(Es ist merkwürdig: wenn man schreibt, berichtet man anderes, als am Telefon; aber Ihr unterrichtet sicher Hasi darüber.)

Herzliche Grüsse und Küsse (für Ben) von

„Opa“

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10:00 Uhr:     Meeting mit Rinchin über Information Security.

12:00 Uhr:     Es ist noch kein Vertrag von SES da. Ich schreibe einen Hilferuf an Frau Tsering in Bonn. Ein freundlicher Kollege aus meinem Zimmer schließt den Netzdrucker an meinem PC an, weil die Besitzerin des Druckers abgeschaltet hat und weggegangen ist.

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn
To: "Sabine Schmitt" <s.schmitt@ses-bonn.de>
Cc: "Roland Reihlen" <r.reihlen@ses-bonn.de>
Subject: Projekt MN-Computer,  !!!!!!!! Hilferuf !!!!!!!!
Date: Fri, 24 Sep 2004 05:34:30 +0200

Liebe Frau Tsering,

ich nehme an und hoffe, dass Sie noch unter dieser Mail-Adresse als meine Projektleiterin zu erreichen sind!

Nachdem ich nun fast eine Woche hier bei Erdenet arbeite und inzwischen auch Mail- und Internet-Anschluss mit dem SES-PC habe, möchte ich mich bei Ihnen kurz melden und Nachricht geben:

Ich habe die Projektarbeit erfolgreich begonnen und komme mit Herrn Rinchinjugder gut voran. Er spricht passabel englisch, aber seine Mitarbeiter, mit denen ich arbeiten soll, sprechen nur sehr wenig englisch oder deutsch. Dieses Problem werden wir aber voraussichtlich lösen!

Mit einem anderen (für mich kritischen) Problem muss ich mich nun aber an Sie um Hilfe wenden:

Herr Rinchinjugder hat immer noch keinen Vertrag von SES vorliegen und kann mich ohne diesen nicht bezahlen (50 EURO/Woche)!

Er hat Herrn Bormann angerufen und um Lösung gebeten, aber von dort noch nichts erhalten.

Dies hat für mich die Auswirkung, dass ich alles von meinem mitgebrachten Geld vorfinanzieren muss, worauf ich nicht vorbereitet bin. Auch die Taxi-Fahrt von Ulanbator nach Erdenet musste ich mit 40.000 Tukrit selbst bezahlen!

!!!!!!!  Dieses Problem wird für mich langsam kritisch, und ich bitte dringend um Lösung    !!!!!

Ich kann - von der Fabrik hier aus - auch nicht nach außen telefonieren und damit mit Herrn Bormann oder Ihnen während der Geschäftszeiten selbst Kontakt aufnehmen.

Bitte antworten Sie mir umgehend an die obige und meine Mailadresse in MyFAZ, die Sie früher benutzt haben. Ich kann sie von hier aus auch lesen.

Wenn ich bis Montag von Ihnen keine Nachricht erhalte, muss ich passen und werde meine Rückreise für Ende der Woche in Angriff nehmen!

Herzliche Grüsse

von Ihrem etwas verarmten Projektmitarbeiter

Peter Schludecker
bei Erdenet Mining Corporation, Erdenet City, Mongolia  

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From: s.schmitt@ses-bonn.de
Subject: Fw: Projekt MN-Computer, !!!!!!!! Hilferuf !!!!!!!!
To: bormann@magicnet.mn
Cc: pschlude@myfaz.net, pschlude@emc.erdnet.mn
Date: 24 Sep 2004 06:46:35 UT

Lieber Herr Bormann,

könnten Sie dies bitte umgehend klären? Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen
i.V. Rita Tsering

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From: s.schmitt@ses-bonn.de
Subject: Re: Projekt MN-Computer, !!!!!!!! Hilferuf !!!!!!!!
To: pschlude@emc.erdnet.mn
Cc: pschlude@myfaz.net
Date: 24 Sep 2004 06:55:24 UT

Lieber Herr Schludecker,

vielen Dank für die Rückmeldung. Wir werden uns umgehend um dieses Problem kümmern; machen Sie sich keine Sorgen!

Weiterhin alles Gute und

herzliche Grüße
aus Bonn

Rita Tsering

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13:00 Uhr:     Mittagessen

14:00 Uhr:     ELITE Lektion 3

16:00 Uhr:     Meeting mit Sergej und Sasha, Lhagva und Ganbold, die nacheinander hinzukommen

17:00 Uhr:     Fahrt zum Gästehaus, Probeanruf auf Rinchin´s Handy: er will sich am Wochenende telefonisch melden.

Ich baue die Bettwäsche und –decke um, die jede Nacht furchtbar verrutschen. Sie bestehen aus einer Wolldecke, zwei Betttüchern, die zu kurz sind, und zwei Leintüchern, die auch zu kurz sind und die ich kunstvoll zusammenlege.

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Subject: Re: Hallo aus Erdenet
From: MDollak@t-online.de (Mathias Dollak)

Hallo Papa,

auch diese Mail ist bei uns angekommen und wenn ich nun schreibe bist Du aber schon auf Deinem Zimmer.

Das mit dem Englisch-Training habe ich nicht ganz verstanden. Musst Du als Lehrer ein Training halten oder nimmst Du an einem Kurs teil? Wahrscheinlich nimmst Du teil, obwohl es sprachlich nicht notwendig ist. Es ist aber bestimmt ganz witzig?

Heute morgen waren wir in der Krabbelgruppe und haben mit Farbe Steine bemalt - in der Garage bin ich da ja gut fündig geworden! Ben hat am malen viel Spass und war nun aber sehr müde!

Mathias kommt heute nachmittag aus Florenz wieder (dort ist er seit gestern). Gestern hatte er Stunden Verspätung, da der Server des Lufthansa-Buchungssystems weltweit ausgefallen ist (hast Du ja vielleicht gelesen). Am Gate wurde mit Listen und Stift eingecheckt und im Flieger hatte er freie Sitzplatzwahl. Jetzt hoffen wir, dass die Lufthansa das ganze heute wieder im Griff hat und er pünktlich um 17 Uhr nach Hause kommen kann.

Was machst Du am Wochenende (oder was hast Du gemacht)? Gibt es Kollegen, die sich ein wenig um Dich kümmern und Dir etwas zeigen bzw. Dich einladen? Gibt es in der Stadt einen Treffpunkt für gestrandete Europäer?

Viele Grüsse,

Ellen

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18.45    Uhr:   Anruf von Hasi: Heute erzähle ich ihr mal von den schlechten Sachen: Bad, Reinigung, kein Warmwasser

19:00 Uhr:     Abendessen

20:00 Uhr:     Spaziergang zu Post, Telecom Mongolia, Selenge-Hotel und Internet-Café

Das Mädchen auf der Post spricht wenig englisch, zeigt aber bereitwillig Hunderte von Sondermarken. Die Frau bei Telecom spricht kein englisch, verbindet mich aber mit einer anderen, die übersetzt: Ein Anruf in Deutschland kostet von ihnen aus 570 Tögrög (also 50 Cent) per Minute. Das Einzelzimmer im besten Hotel kostet 14.000 Tögrög (10 EURO) und ist eher schlechter als meines (kleiner, auch schlechtes Bad, zur Straße); ich muss wohl im Gästehaus bleiben, wo es 25 US$ kostet.

Es regnet ein wenig, trocknet aber sofort wieder weg; die Luft scheint sehr trocken zu sein. Auf der staubigen Straße laufen viele junge Leute herum; es nimmt niemand Notiz von mir, obwohl ich sicher der einzige Westliche weit und breit bin.


Samstag, 25.9.2004

7:30 Uhr:       Aufstehen

8:30 Uhr:       Versuch Frühstück:

Es ist noch abgeschlossen, und die russische Dame an der Rezeption macht mir klar, dass in dieser Nacht auf Winterzeit umgestellt wurde. Dazu klettert sie auf den Sessel, nimmt die Uhr von der Wand und stellt sie eine Stunde zurück. Ich darf jetzt eine Stunde arbeiten.

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Neue Nachricht aus Mongolia
Date: Mon, 27 Sep 2004 03:37:20 +0200

Hallo Ihr drei,

es ist Samstag morgen und ich schreibe Euch schon wieder, weil ich jetzt viel Zeit habe.

Ich bin mit dem Frühstück gerade reingefallen, weil heute Nacht hier die Sommerzeit auf Winterzeit umgestellt wurde. Es war auf  8:30 bestellt, und ich muss jetzt noch eine Stunde warten.

Diese Nachricht wird allerdings erst am Montag morgen abgehen, wenn ich meinen Computer wieder ans Erdenet-Netz anschließen kann.

Nun die restlichen Antworten auf Euer letztes Mail:

Das ist toll, dass die Hochzeitsfotos gut sind, schade, dass Ihr nicht eins elektronisch schicken könnt. Ich habe allerdings 2 Fotos aus der Serie von Mathias´s Freund und einige von Ben hier auf meinem PC gespeichert, freue mich daran und habe sie auch schon einem Erdenet-Kollegen gezeigt.

Die Leute hier sind sehr familienorientiert, erzählen bald davon und zeigen auch Bilder von Frau, Kindern und Enkeln. Besonders Sasha, ein Russe, mit dem ich eng zusammenarbeite und der ein wenig deutsch spricht, hat mich anscheinend ins Herz geschlossen.

Die Sprache ist generell das größte Problem, bei der Arbeit, aber noch mehr im Gästehaus, wo praktisch niemand englisch oder deutsch spricht, und in Geschäften etc. Die Alten haben nur russisch gelernt und die Jungen trauen sich oft nicht, ihr Schul-Englisch anzuwenden.

Im Gästehaus, das 28 Zimmer hat und Teil der Erdenet-Hauptverwaltung ist, sind bisher nur einige wenige Gäste (so 3 - 7), und außer einem, der englisch sprach, habe ich nur Russen gesehen. So ist es also hier sehr einsam.

Das Zimmer ist groß mit einem großen uralten Doppelfenster mit Aussicht auf den großen Platz, die Stadt und die Berge. Das Bett ist relativ neu, groß und mit sehr guter Matratze und sauberer Wäsche; die hat allerdings noch niemand gewechselt oder glattgezogen. Das baue ich täglich selbst!

Es gibt einen Schrank, einen Fernseher, den ich noch nicht benutzt habe, 2 Stühle und einen Tisch, auf dem ich abends und jetzt arbeite. Saubergemacht wird nur, wenn ich es dringend verlange.

Das Bad ist das einzige Problem: Es ist "Sowjetstatus vor dem Weltkrieg"; die Dusche ist ein verkalktes Becken, den großen Wasserhahn kann man entweder in die Dusche oder das Waschbecken drehen. Es kommt aber (fast) nie warmes Wasser heraus, obwohl die "russischen Damen des Hauses" behaupten, wenn man das Wasser lange genug heftig (15 min) laufen lässt, dann käme welches! Ich dusche also meist kalt bis lauwarm; das ist aber (noch) nicht schlimm, weil es im Zimmer von der Sonne, die immer hereinscheint (Sonnenheizung), eher zu warm ist. Das Klo ist die Krönung: der Deckel rutscht hin und her, und die Bürste ist untouchable.

Das Zimmer wird auch manchmal geputzt, wenn ich es verlange. Das ist aber wegen "russischen Damen" nicht ganz einfach. So muss ich auch wegen einer Klorolle an die Rezeption betteln gehen.

Jetzt aber genug der schlechten Nachrichten !

Ich fühle mich trotzdem recht wohl und mache heute eine Wanderung auf die direkt hinter dem Haus liegenden Berge.

Wie Ihr seht, habe ich viel Zeit und Sehnsucht; so freue ich mich über jedes Wort und jede Zeile aus Kriftel: vielleicht auch so eine neue Wortliste von Ben !!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Herzliche Grüsse

von "Opa" und "Papa"

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Ulrich Goebel" <ulrich.goebel@infraserv.com>
Subject: Information aus und für Mongolia
Date: Sat, 25 Sep 2004 02:02:49 +0200

Lieber Herr Goebel

ich bin nun bereits seit einer Woche bei der Firma Erdenet Mining in der Stadt Erdenet als IT Consultant tätig. Das gestaltet sich sprachlich schwierig, nur wenige sprechen wenig englisch; fachlich aber ist es kein Problem. Sie haben ein Werksgelände größer als die "Farbwerke" und einige Außenstellen in der Nähe. Also eine mir durchaus bekannte Umgebung!

Ich schreibe Ihnen zunächst nur kurz um die Mail-Verbindung zu testen. Meine Erdenet-Adresse sehen Sie oben!

Bitte antworten Sie mir kurz! Danke!

Demnächst würde ich Ihnen dann gern ein paar technische Fragen stellen, die Sie sicher leicht beantworten können.

Herzlichen Gruss aus Mongolia
auch an die "alten" Kollegen

Ihr
Peter Schludecker

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8:30 Uhr:                   Frühstück

9:30 – 12:00 Uhr:     Wanderung auf die Berge auf dieser Seite der Stadt:

Ich marschiere unsere Straße hoch, am Krankenhaus vorbei und dann querfeldein Richtung „Kleinem Felsengipfel“. Querfeldein läuft es sich besser, der Steppenboden ist glatt mit nur wenig Gras und Steinen. Es geht steil aufwärts, die Sonne scheint, und es bläst ein kalter Wind; Pullover und Anorak sind bitter nötig. Auf dem „Kleinen Felsengipfel“ hat man eine herrliche Aussicht über Stadt und Berge; ich mache Fotos und setze ich mich hinter dem Felsen in die Sonne. Dann gehe ich weiter zum nächsten Gipfel, auf dem ein „Ovoo“, ein buddhistisches Wegzeichen, steht. Es besteht aus einem Steinhaufen, einer Stange mit blauer Fahne und einigen darauf abgelegten Sachen: Rinderschädel, Geldbeutel, Holzkrücke etc. Wie es im Reiseführer steht, lege ich darauf einen Stein nieder, umrunde es dreimal im Uhrzeigersinn und wünsche mir was („dass ich gesund nach Hause komme“). Ich gehe weiter zum „Gipfel mit Eisengestell“, einige Hunde kommen mir entgegen, ich weiche ihnen aus. Von hier aus hat man einen guten Blick über die verschiedenen Teile der Fabrik Erdenet und eine „Ger“-Siedling mit fellbezogenen Rundhütten. Ich steige hinab zum „Freundschafts-Denkmal“ (Freundschaft zwischen Russen und Mongolen), wo sich ein Pärchen küsst und drei Frauen eine Andacht halten. Durch die Hauptstraße gehe ich in die Stadt zurück und kaufe Wasser, Klopapier und Body Lotion, weil die Haut so trocken ist.

13:00 Uhr:                 Mittagessen

14:00-16:00 Uhr:     Wanderung auf die Berge auf der anderen Seite der Stadt

Ich gehe unsere Straße hinunter durch die Wohnsiedlung zum Fluss; dieser ist nur ein Rinnsal aus Abwasser, das aus einem Rohr kommt, und auch sonst total verschmutzt. Er ist tief in die Erde eingegraben, und ich muss einen Übergang suchen. Dann geht es bergauf durch einen schütteren Lärchenwald; die Nadeln glühen in gelb und orange. Auf dem Gipfel gibt es auch ein Ovoo, auf dem mehrere Krücken liegen; das scheint besonders wirksam zu sein, und ich umrunde es auch. Dann gehe ich zum nächsten leeren Gipfel, wo man die Kupfermine Erdenet gut sieht. Beim Abstieg komme ich an den Sportplätzen der Stadt vorbei; das Stadion ist absolut sehenswert mit einem Stoppelacker, einfachsten Holzbänken und Tribünen. Hier führt sogar eine Brücke über den trockenen Fluss wieder zurück in die Stadt. Da kommt man zum Markt, der ein wirklicher Hammer ist: Leute, meist Frauen, viele in der Volkstracht, sitzen im Dreck am Straßenrand und bieten die von ihnen produzierten oder gehandelten Waren an: Milch in Plastikeimern, die sie in Plastiktüten füllen und verkaufen, Gemüse in kleiner Stückzahl, Reis in großen Säcken, der auch in Plastiktüten abgefüllt wird, Holzpfosten, die sie im Wald geschlagen haben, kaffeebohnengroße Früchte, die die Leute kauen, Zigaretten, die sie einzeln verkaufen, und vieles andere mehr. In der Markthalle sind viele Stände mit zum Teil wunderschönem Obst (alles Import) aber auch hoch aufgetürmten ungekühlten Fleischbergen, die schrecklich aussehen, in Stücke gehackte Hammel. Nach einem Schnelldurchgang mache ich mich an winzigen Schuhmacherständen vorbei auf den Heimweg und freue mich an meinem „Luxus“.

19:00 Uhr:     Abendessen: Ich treffe dort 2 Schweden (zusammen mit 2 Mongolen), die gerade angekommen sind, auch bei Erdenet arbeiten (Löcher bohren) und direkt neben mir wohnen.

20:00 Uhr:     Arbeiten und Lesen

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: <bormann@magicnet.mn>
Cc: "Sabine Schmitt" <s.schmitt@ses-bonn.de>

Sehr geehrter Herr Dr. Bormann

ich ersuche Sie dringend, mich über den Stand dieser Sache und Ihre Aktivitäten per Mail unter obiger Adresse auf dem laufenden zu halten!

Ich weiß nicht, woran es hapert, und ich kann nicht verstehen, wie der SES den Auftraggeber und mich in eine solche vertragslose Lage bringen können!

Hochachtungsvoll

P. Schludecker
bei Erdenet Mining Corporation

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Sonntag, 26.9.2004

Es hat heute Nacht geschneit, und ein eisiger Wind pfeift.

8:30 Uhr:                   Frühstück

10:00-11:30 Uhr:     Wanderung um diese Hälfte der Stadt:

Ich nehme Handschuhe und Stirnband mit und traue mich wegen des „sibirischen“ Windes nicht hoch den Berg hinauf. So umrunde ich die Stadt auf halber Höhe und schaue mir die Siedlungen an. In bester Lage, abseits von Gestank und Dreck liegt eine Gruppe von Villen, teils nur halb fertig, in denen sicher die Direktoren der Mine wohnen. Dann kommt in großem Abstand die riesige Siedlung der einfachen Leute; wir würden das einen Slum nennen, aber das ist hier die übliche Unterbringung von Arbeitern: jeweils ein durch Bretter umzäuntes, relativ großes Areal, auf den noch die aus der Steppe mitgebrachten „Ger“ (Rundzelte) stehen oder schon eine einfache Bretterhütte gebaut ist; darum herum liegt wild durcheinander aller mögliche Ramsch. Die „Häuser“ haben allerdings Strom, vermutlich auch Wasser und teilweise Telefon.

Die „Straßen“ dazwischen sind – wie fast alle Straßen im Land – ausgefahrene Pampa mit riesigen Kuhlen, Rinnen und zerbrochenen Betonteilen. Das Autofahren dort ist eine Kunst, und viele Reifen und Achsen gehen dabei zu Bruch. Das ist wohl auch der Grund, dass sich „wichtige Leute“ wie Rinchin nur mit dem Firmenjeep fahren lassen und gar kein Auto haben. Auch hier herumzulaufen, ist gar kein Problem; kein Mensch nimmt von mir Notiz. An einer schicken kleinen „Kirche“ vorbei, an der noch gebaut wird, kommt ich auf die Hauptstraße zurück und durch die City heim.

13:00 Uhr:     Mittagessen

14:30 Uhr:     Shopping Bummel mit den beiden Schweden durch die City

19:00 Uhr:     Abendessen

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: News from ErdenetDate: Sun, 26 Sep 2004 13:51:40 +0200

Hallo Ellen, Mathias und Hasi (Ben kommt später),

es sieht so aus, als ob ich schon wieder Lust habe Euch zu schreiben.

Es ist Sonntag und damit 2 sehr ruhige Tage; ich freue mich schon auf morgen, auf Mails und Kontakt zu den Kollegen.

Heute Nacht hat es geschneit und ein kalter Wind pfeift. So wird es heute nichts mit großer Wanderung!

Ich berichte Euch also von meinem gestrigen Wanderungen:

9:30 - 12:00 Uhr:    Wanderung auf die Berge auf dieser Seite der Stadt:

Ich marschiere unsere Straße hoch, am Krankenhaus vorbei und dann querfeldein Richtung "Kleinem Felsengipfel". Querfeldein läuft es sich besser, der Steppenboden ist glatt mit nur wenig Gras und Steinen. Es geht steil aufwärts, die Sonne scheint, und es bläst ein kalter Wind; Pullover und Anorak sind bitter nötig. Auf dem "Kleinen Felsengipfel" hat man eine herrliche Aussicht über Stadt und Berge; ich mache Fotos und setze ich mich hinter dem Felsen in die Sonne. Dann gehe ich weiter zum nächsten Gipfel, auf dem ein "Ovoo", ein buddhistisches Wegzeichen, steht. Es besteht aus einem Steinhaufen, einer Stange mit blauer Fahne und einigen darauf abgelegten Sachen: Rinderschädel, Geldbeutel, Holzkrücke etc. Wie es im Reiseführer steht, lege ich darauf einen Stein nieder, umrunde es dreimal im Uhrzeigersinn und wünsche mir was ("dass ich gesund nach Hause komme"). Ich gehe weiter zum "Gipfel mit Eisengestell", einige Hunde kommen mir entgegen, ich weiche ihnen aus. Von hier aus hat man einen guten Blick über die verschiedenen Teile der Fabrik Erdenet und eine "Ger"-Siedling mit fellbezogenen Rundhütten. Ich steige hinab zum "Freundschafts-Denkmal" (Freundschaft zwischen und Mongolen), wo sich ein Pärchen küsst und drei Frauen eine Andacht halten. Durch die Hauptstraße gehe ich in die Stadt zurück und kaufe Wasser, Klopapier und Body Lotion, weil die Haut so trocken ist.

13:00 Uhr:           Mittagessen

14:00-16:00 Uhr:     Wanderung auf die Berge auf der anderen Seite der Stadt:

Ich gehe unsere Straße hinunter durch die Wohnsiedlung zum Fluss; dieser ist nur ein Rinnsal aus Abwasser, das aus einem Rohr kommt, und auch sonst total verschmutzt. Er ist tief in die Erde eingegraben, und ich muss einen Übergang suchen. Dann geht es bergauf durch einen schütteren Lärchenwald; die Nadeln glühen in gelb und orange. Auf dem Gipfel gibt es auch ein Ovoo, auf dem mehrere Krücken liegen; das scheint besonders wirksam zu sein, und ich umrunde es auch. Dann gehe ich zum nächsten leeren Gipfel, wo man die Kupfermine Erdenet gut sieht. Beim Abstieg komme ich an den Sportplätzen der Stadt vorbei; das Stadion ist absolut sehenswert mit einem Stoppelacker, einfachsten Holzbänken und Tribünen. Hier führt sogar eine Brücke über den trockenen Fluss wieder zurück in die Stadt. Da kommt man zum Markt, der ein wirklicher Hammer ist: Leute, meist Frauen, viele in der Volkstracht, sitzen im Dreck am Straßenrand und bieten die von ihnen produzierten oder gehandelten Waren an: Milch in Plastikeimern, die sie in Plastiktüten füllen und verkaufen, Gemüse in kleiner Stückzahl, Reis in großen Säcken, der auch in Plastiktüten abgefüllt wird, Holzpfosten, die sie im Wald geschlagen haben, kaffeebohnengroße Früchte, die die Leute kauen, Zigaretten, die sie einzeln verkaufen, und vieles andere mehr. In der Markthalle sind viele Stände mit zum Teil wunderschönem Obst (alles Import) aber auch hoch aufgetürmten ungekühlten Fleischbergen, die schrecklich aussehen, in Stücke gehackte Hammel. Nach einem Schnelldurchgang mache ich mich an winzigen Schuhmacherständen vorbei auf den Heimweg und freue mich an meinem "Luxus".

Ellen,

Deine Frage nach dem Essen ist nicht vergessen; ich werde sie in einer anderen Mail beantworten.

Ich grüße Euch alle herzlich
und ein Küsschen für Ben

von Eurem
"Opa"

P.s.: Alle Auto-Nummernschilder heißen hier "OPA 1234", so bin ich immer daran erinnert!

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Montag, 27.9.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:30 Uhr:       Transfer zu Fabrik, 45 Minuten gewartet, zweimal mit Rinchin telefoniert

11:00 Uhr:     Meeting mit Sergej

12:00 Uhr:     Meeting mit Sergej und Sasha

13:00 Uhr:     Mittagessen

14:00 Uhr:     Elite Lektion 4

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From: "Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE" <Ulrich.Goebel@Infraserv.com>
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>

Hallo Hr. Schludecker,

freut mich, dass es Ihnen bislang gut geht und die Aufgabe im "bewältigbaren" Bereich liegt.

Bestätige also die Kommunikationsverbindung und wünsche weiterhin alles Gute,

Gruß Gö
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15:00 Uhr:     Meeting mit Ganbold

16:00 Uhr:     Meeting mit Sasha

16:30 Uhr:     Meeting mit Rinchin:

Ich gebe ihm meinen Entwurf für den “Report on Results”; er will es in Ruhe lesen, und zeige ihm die „List of recommendations“. Rinchin hat den SES-Vertrag von Dr. Bormann per Fax erhalten, und ich übersetze ihn für ihn; er ist einverstanden und wird die Unterschrift einholen.

17:00 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

19:00 Uhr:     Abendessen


Dienstag, 28.9.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:30 Uhr:       Transfer zu Fabrik

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Ronald Bardy, Dr." <rbardy@t-online.de>
Subject: Gruesse aus Erdenet
Date: Tue, 28 Sep 2004 03:16:50 +0200

Lieber Herr Bardy,

nachdem ich nun schon eine Woche bei Erdenet Mining arbeite, möchte ich mich doch bei Ihnen melden und Sie aus der hoch interessanten Mongolei grüßen. Es geht mir gut, und ich habe, wie ich glaube, die Arbeit mit Erfolg begonnen. Ein großes Problem ist allerdings die Sprache: meine Projekt-Partner sprechen nur wenig englisch oder deutsch, und ich kann kein russisch; aber wir wurschteln uns irgendwie durch!

Allerdings arbeite ich nicht wie Sie damals in der Hauptverwaltung in Erdenet City, sondern in der Verwaltung in der Fabrik, wo die Informatik angesiedelt ist und es natürlich anders zugeht, aber noch interessanter ist. Ich werde jeden Morgen mit dem Jeep vom Gästehaus zur Fabrik gefahren und abends zurückgebracht; das geht prima!

Für Ihre damaligen Ratschläge bin ich heute sehr dankbar, sie haben mir manches mögliche Problem erspart. Die Trekking-Stöcke habe ich zwar nicht mitgenommen, da ich so schon viel Übergewicht hatte; aber ich habe bereits 3 Wanderungen auf die Hügel und Berge um Erdenet unternommen. Wenn man erst einmal den Dreck der Stadt hinter sich gelassen hat, ist es wunderschön!

Am Anfang war noch Herbst mit Temperaturen am Tag bis 25 Grad, jetzt ist der Winter mit erstem Schnee eingekehrt, und es hat morgens bereits -8 Grad.

Mit SES gibt es auch einige Probleme, es besteht immer noch kein unterschriebener Vertrag mit Erdenet, so dass ich noch kein Geld bekomme. Ich hoffe, Frau Tsering in Bonn, die das jetzt bearbeitet, und Herr Bormann in Ulaanbaatar lösen das bald!

Wenn Sie wollen, können Sie mir gerne mal antworten; wie Sie sehen, habe ich hier eine Mailbox mit obiger Adresse. Ich freue mich über jede Ansprache; es ist doch sonst sehr einsam hier!

Herzlichen Gruss
aus Erdenet

Ihr

Peter Schludecker

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10:00 Uhr:     Meeting mit Ganbold

13:00 Uhr:     Mittagessen

14:00 Uhr:     Elite Lektion 5

Ich schreibe Ellen noch ein Mail und beantworte den Rest ihrer Fragen: Englisch-Training, andere Ausländer etc.

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Neues aus Erdenet
Date: Tue, 28 Sep 2004 10:23:59 +0200

Hallo Ellen

das ist toll, dass dieses Mail auch funktioniert, so kann ich abends schreiben und morgens (am Netz) abschicken. Jetzt ich allerdings Nachmittag.

Sei doch so lieb und mache Hasi jeweils einen Ausdruck davon, sie möchte doch auch alles wissen!

Um nun zu Deinen offenen Fragen:

Ja, ich halte wirklich jeden Mittag von 2 bis 3 Uhr Englisch-Unterricht für die Projekt-Teilnehmer über IT-Themen (PC, Netz etc.) ab, sicher nicht ganz professionell und mit einfachen Mittel (Computerpapier an die Wand geklebt und Filzstift), aber sehr gewünscht und akzeptiert!

Einen Treff für gestrandete Europäer (ich fühle mich auch nicht gestrandet) habe ich noch nicht gefunden, aber in meinem Gästehaus sind inzwischen 2 Schweden, die eine Tief-Bohrmaschine installieren, und ein Kanadier, der eine Minen-Software installiert; so habe ich inzwischen etwas Austausch.

Ich arbeite abends auch viel, weil es im Zimmer so schön ruhig ist und am Tage so viele Meetings sind. Überhaupt macht die Arbeit und besonders der Kontakt mit den Erdenet-Kollegen so viel Spaß! Sie sind so offen und freundlich, wir haben auch schon gegenseitig Fotos von den Familien gezeigt: ich natürlich Hochzeits- und Ben-Bilder auf dem Laptop. Nur gut, dass ich die noch auf den SES-Laptop kopiert habe.

Das ist überhaupt ein toller PC: Acer Pentium 4 mit 14 inch screen, der von allen hier bewundert wird.

So, jetzt muss ich (wirklich) wieder zu meinem Chef Rinchin und werde ihm (wie fast jeden Tag) über meine Fortschritte Bericht erstatten.

Herzliche Gruesse
an Euch alle

von

Schluri

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16:00 Uhr:     Meeting mit Rinchin:

Dr. Bormann ruft auf meinen Hilferuf hin auf Rinchins Handy an und sagt, dass der SES-Vertrag jetzt bei Rinchin ist und ich mein Geld in Kürze erhalten werde. Rinchin hat bereits den von seinem Chef unterschriebenen Vertrag und die Zahlungsanweisung in der Hand.
16:00 Uhr:     Meeting mit Rinchin und Dr. Delgerbat

17:00 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

19:00 Uhr:     Abendessen

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From: RBardy@t-online.de
Tue, 28 Sep 2004 16:58:44 +0200
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
Subject: Re: Gruesse aus Erdenet

Lieber Herr Schludecker,

haben Sie vielen Dank für Ihre Grüße, die ich aus den USA erwidere. Meine Frau hat, als nach der dritten (!) Operation der Tumor endlich gänzlich entfernt war, darauf bestanden, dass ich mein Flug-Ticket nicht verfallen lasse und für vierzehn Tage hierher reise. Ich fliege am 03.10. wieder nach Deutschland und komme dann mit meiner Frau am 17.10. für drei Wochen neuerlich nach Florida, wo sie sich erholen und Kraft sammeln will für die Zeit der Bestrahlungstherapie.

Es freut mich, dass es Ihnen gut geht und die Aufgabe reizvoll ist für Sie.

Ich hatte meine seinerzeitige Assistentin in der Finanzabteilung, D. Naranchimeg, gebeten, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Sie hat das wohl schon getan. Sie sollte Sie auch mit einer in Erdenet ansässigen Studentin der Germanistik bekannt machen, die immer nach Gelegenheiten sucht, ihr Deutsch zu üben. Deren Name ist Althan Undrakh: Sie erreichen sie auch über eine Mitarbeiterin im Vertrieb, der ich einiges geholfen habe und die früher Englischlehrerin war. Sie heißt Munkhtsetseg.

Die Umgebung von Erdenet City habe ich noch vor Augen - ich fand es interessant, da umherzuwandern, wie Sie ja auch.

Schade, dass SES etwas langsam ist. Ich wurde in Bonn von Frau Sabine Schmidt betreut. Dr. Bormann in Ulaanbaatar habe ich erst zu Ende meines Aufenthaltes kennengelernt.

Alles Gute!

Wenn Sie eine professionelle Übersetzungshilfe brauchen: In Ulaanbaatar ist Chadmani Daavasuren zu Hause, eine Agraringenieurin, die in Deutschland ihr Diplom gemacht hat. Althan Undrakh hat ihre Adresse und Telefon-Nummer. Ich denke, ich habe diese nicht hier mit, kann aber noch einmal danach suchen.

Allerbeste Wünsche!
R. Bardy

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Mittwoch, 29.9.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:45 Uhr:       Transfer zur Fabrik

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Tue, 28 Sep 2004 20:48:37 +0200
Subject: Re: Neues aus Erdenet
From: MDollak@t-online.de (Mathias Dollak)
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>

Hallo Papa

na, das hört sich ja gut an! Endlich ein paar Europäer, mit denen Du ja vielleicht auch mal abends oder am Wochenende etwas machen kannst!

Ja - was ist hier so passiert?

Am Samstag war Ben krank. Er hatte den ganzen Tag 39 C Fieber und lag den Nachmittag komplett auf der Couch. Zum Glück konnte er auch ohne Fieberzäpfchen gut schlafen und am Sonntag war er wieder fit. Er war wie gedopt und hat den Mittagsschlaf ausfallen lassen. Am Sonntag ist Marlin (Bruder von Amelie) getauft worden und danach war bei Stefan und Elke großes Kaffee-Trinken. Da wir Ben aber noch nicht unter so viele Leute lassen wollten, bin ich alleine hingegangen.

Gestern (Montag) war ich vormittags beim Zahnarzt (hat Mama Dir ja schon erzählt). Sie hat 3 Stunden mit Ben verbracht - ganz schön anstrengend -.

So - Du willst einen Bericht über Bens Sprachfortschritte. Hauptmerkmal ist, dass er alles nachplappert. Ich höre also den ganzen Tag ein Echo meiner eigenen Worte. Mittlerweile sagt er oftmals Drei-Wort-Sätze. Morgens beim Aufwachen heißt es also nicht mehr nur "Milch", sondern "Mama Milch machen". Wenn er in der Küche an seinem Kinderherd steht und wir ihn fragen, was er macht, dann sagt er " Nudeln kochen". Von einzelnen Worten kennt er sehr viele. Im Urlaub hat er Worte wie Badehose, Kescher, Schwimmflügel und Sonnencreme gelernt und diese auch rege verwendet.

Viele Grüße,

Ellen

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10:30 Uhr:     Meeting mit Rinchin

13:00 Uhr:     Mittagessen

14:00 Uhr:     Elite Lektion 6

15:00 Uhr:     Meeting mit Ganbold, Sergej, Sasha

17:00 Uhr:     Meeting with Rinchin

17:20 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen

Es hat den ganzen Tag geschneit; der geplante Ausflug in die Mine ist deshalb ausgefallen. Es liegen jetzt etwa 15 cm Schnee, und es hat ca. – 5 Grad. Die Autos fahren sehr langsam über die festgefahrene Schneedecke.

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From: r.reihlen@ses-bonn.de
Wed, 29 Sep 2004 11:00:06 +0200
To: pschlude@emc.erdnet.mn
Subject: Ihr Notruf

This is an urgent message to

Mr Schludecker,

if you open the message, please give him this information as soon as possible.

Thank you

Guten Tag Herr Schludecker,

ich hoffe sehr, daß Ihr Problem sich aufgelöst hat. Sie dürfen mir/uns glauben, daß alles Mögliche in Bewegung gesetzt wurde, das Problem zu lösen.

Sie dürfen mir auch glauben, daß der Vertrag natürlich - per Mail - in die Mongolei rechtzeitig gegangen ist. Warum er nicht ankam oder nicht realisiert worden ist, ist von hier aus schwer zu beurteilen, Sie/wir haben aber davon auszugehen, dass unser Repräsentant geschlampert hat und nicht die Firma Erdenet.

Insofern kann ich Sie nur herzlich bitten, auch dann den Einsatz zu Ende zu machen, wenn Herr Baumann weiter schlampern sollte. Das Unternehmen Erdenet ist ein Kunde, der interessante Arbeit zu für uns interessanten Bedingungen zu vergeben hat, wir würden ihn ungerne dafür heranziehen, daß Dritte nicht ordentlich arbeiten.


Natürlich dürfen Sie sicher sein, daß der SES, sobald Sie zurück sind, Ihre Kosten erstattet, soweit das vor Ort - aus welchen Gründen auch immer - nicht geschehen sollte.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Einsatz und weniger unnötige Anspannung als bisher. Natürlich telefonieren wir zusammen, sobald Sie zurück sind.

Ihr

Reihlen

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From: RBardy@t-online.de
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
Subject: Re: Grüße aus Erdenet
Date: Wed, 29 Sep 2004 14:47:33 +0200 (CEST)

Lieber Herr Schludecker,

die Adresse von Chandmani Davaasuren aus U.B. (in Weihenstephan diplomierte Agrar-Ingenieurin) hatte ich doch bei mir. Sie lautet: davaa81@yahoo.com

Ich habe der jungen Dame geschrieben, dass ich Ihnen diese Adresse gebe.

Beste Grüße

R. BARDY

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From: RBardy@t-online.de
To: pschlude@emc.erdnet.mn
Subject: Re: Davaasuren Chandmani
Date: Wed, 29 Sep 2004 22:40:12 +0200 (CEST)

LIEBER HERR SCHLUDECKER,

HIER DIE ANTWORT VON FRAU DAVAASUREN AUF DIE MITTEILUNG, DIE ICH IHR GESANDT HATTE. DER VON IHR ERWAEHNTE HERR JAVKHLAN IST UNTERNEHMENSBERATER, EIN SCHULKOLLEGE VON HERRN NARANKHUU, DEM LEITER VON ERDENET MINING. ICH HATTE IHN DURCH MEINEN AUFTRAG KENNENGELERNT UND IHN GEFRAGT, OB ER ETWAS TUN KANN FUER DIE DAMALS EBEN AUS DEUTSCHLAND ZURUECKGEKEHRTE DAVAASUREN.

ALLES GUTE!

R. BARDY

Davaasuren Chandmani schrieb:

Hallo, Herr Bardy,

vielen Dank für Ihr email. Ja, es ist schon halbes Jahr her, dass wir in UB uns gesehen haben. Die Zeit vergeht so schnell. Ich hoffe auch Ihnen und Ihrer Arbeit geht es gut. Ich arbeite an der Landwirtschaftlichen Uni als Lehrerin. Kurz nach dem Treffen mit Herrn Javkhlan habe ich von der Uni das Angebot bekommen. Haben Sie Kontakt mit Altan-Undrakh? Seit unserem Treffen haben wir nichts voneinander gehört.

Natürlich bin ich bereit Herr Dr. Schludecker zu helfen, wenn ich ihm helfen kann.

Zurzeit in UB ist ziemlich kalt und windig. Alle sagen, dass dieses Jahr der Winter hart wird.

Schöne Grüße aus UB

Davaa

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Donnerstag, 30.9.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:30 Uhr:       Arbeit im Zimmer (Mails an Bardy, Gebert, Reihlen, Göbel und Ellen)

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Ulrich Goebel" <ulrich.goebel@infraserv.com>
Subject: Fragen aus Erdenet
Date: Thu, 30 Sep 2004 03:17:27 +0200

Hallo, Herr Goebel,

danke für die schnelle Reaktion und freundliche Antwort!

Inzwischen bin ich mit der Analyse der Infrastruktur bei Erdenet Mining ziemlich weit gediehen und bereits dabei, Vorschläge zu ihrer Verbesserung zu machen.

Erdenet Mining ist heute schon nicht schlecht ausgestattet (Windows 2000 auf Server und Clients, Stern-Netz mit 5 Ethernet-Segmenten, nur IP-Protokolle, UTP-Kabel in Gebäuden, Modemstrecken mit 256 k - 2 mbps; hubs, switches, bridges, routers von 3Com u.a.; Internet).

Aber sie haben große Stabilitäts- und Sicherheitsprobleme (schlechte Cu-Kabel, keine Messgeräte, kein Management, viele Viren, keine Firewall, kein Filtering etc.)!

Sie wollen in Zukunft eine "Top Level Operation" (wie ich es nenne) - werden und haben auch das Geld dazu. Nur an Know how, Consulting und Lösungen fehlt es!

So versuche ich also in diese Bresche zu springen. Dabei kann ich sehr wohl noch strukturelle und allgemeine technische Ratschläge geben, aber - wie schon am Telefon zu Hause mit Ihnen besprochen - fehlt es mir an den neuesten Herstellern, Produktnamen bzw. Versionen.

So sende ich Ihnen also eine Liste von Produktfragen, wobei es eigentlich immer um das gleiche geht:

Welchen Hersteller und welches Produkt / Version setzt Infraserv heute ein? Und kann man das auch einer anderen ähnlichen Installation empfehlen?

1) Firewall system (für Internet- und Fremdfirmen-Anschluss)

2) Antivirus software (auf allen Systemen ?) (Erdenet hat Norton Antivirus)

3) Antispam software (zusammen mit Antivirus oder separat ?)

4) Network measurement device (signal level and protocol level)

5) Network Management system (Erdenet hat früher mit Openview gearbeitet, das aber dann gelassen)

6) Internet access content filtering (porno, audio, film, etc.), (zusammen mit Firewall oder separat)

7) ISO 14000 (?) Zertifizierung als (interner) Service Provider (hat Infraserv das fertig gemacht?) (Erdenet hat eine ISO 9001 Zertifizierung)

Sorry, viele Fragen! Aber wenn Sie zunächst nur einige davon beantworten können, wäre mir auch schon viel geholfen.

Ich kann dann meinem Auftraggeber zeigen, dass ich Support von der deutschen Wirtschaft habe (Senior Expert Service ist eine Organisation der Deutschen Wirtschaft). Und vielleicht springt auch dabei der eine oder andere Auftrag für einen deutschen Hersteller heraus. Hicom-Telefonsysteme haben sie hier schon!

So also herzliche Grüße aus Erdenet
und ich freue mich auf jede Antwort aus "old germany"

Ihr

Peter Schludecker

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Petra Gebert" <petragebert@yahoo.de>
Subject: Grüße aus Erdenet
Date: Thu, 30 Sep 2004 03:28:46 +0200

Liebe Frau Gebert,

Sie erinnern sich vielleicht an mich, dass wir vor einiger Zeit am Telefon über den Einsatz Ihres Mannes bei Erdenet und meinen geplanten SES-Einsatz dort gesprochen haben. Sie sagten damals, dass Ihr Mann z.Zt. in der Mongolei war und haben mir viel Hilfreiches über Erdenet und die Mongolei erzählt.

Nun bin ich also seit fast 2 Wochen hier, bin (ziemlich) gut untergebracht und kann auch gut (und anscheinend erfolgreich) an meinem Projekt arbeiten.

Ich wollte Sie und Ihren Mann nun herzlich von hier grüßen!

Ist Ihr Mann wieder zu Hause oder noch hier? Kann er eventuell Kontakt mit mir aufnehmen?  Am besten über diese Mail-Adresse !

Mit freundlichen Grüßen

Peter Schludecker

bei Erdenet Mining

in Erdenet City, Mongolia

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Ronald Bardy, Dr." <rbardy@t-online.de>
Subject: Nachricht aus Erdenet
Date: Thu, 30 Sep 2004 03:51:07 +0200

Lieber Herr Bardy,

das ist erfreulich, dass Sie Ihre Reise doch noch antreten konnten, und dass es Ihrer Frau hoffentlich auch besser geht. Ich glaube, meine Frau hat Ihnen gesagt, dass wir ein gleiches Problem hinter uns haben, das jetzt behoben scheint.

Von den von Ihnen genannten Erdenet-Kollegen habe ich noch nichts gehört, aber das kann ja noch kommen. Am besten ist über diese Mail-Adresse! Ich habe aber eine sehr gute Betreuung durch meinen Projektleiter, Herrn Rinchinjugder, und seine deutsch sprechende Tochter.

Herzliche Grüße
auch an Ihre Frau

Ihr

Peter Schludecker

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Neues aus Erdenet
Date: Thu, 30 Sep 2004 06:46:45 +0200

Hallo Ellen,

das ist ja toll, was Ben für Sprach-Fortschritte macht; da versäume ich ja sehr viel! Hoffentlich kennt er seinen "Opa" noch, wenn er endlich zurückkehrt!

Was macht Dein Zahn, hoffentlich jetzt keine Probleme mehr!

Ich habe noch eine Frage von Dir entdeckt, die ich noch nicht beantwortet habe: Das Essen!

Das Essen ist generell sehr gut und viel. Die ganze Zeit habe ich morgens und abends hier im Gästehaus und mittags im Gästekasino in der Fabrik gegessen. Es gibt zu jeder Mahlzeit so 4 - 5 verschiedene Sachen, immer auch warme z.B.:

zum Frühstück: Milchreis, Milchgries, Gemüseomelette, 2 Spiegeleier, Wurst, süße Stückchen, Joghurt, kalter Braten oder Zunge usw. zusammen mit Brot, Saft und Kaffee (immer Nescafé)

zum Mittagessen: Salat (Erbsen, Käse, Thunfisch, rote Beete etc.), Suppe (sehr gut), Gulasch, Spieß etc. mit Reis oder kalten Pommes frites, Törtchen etc.

zum Abendessen: ähnlich Mittagessen

Das habe ich natürlich bisher nicht alles gegessen, sondern die Hälfte stehen lassen. Jetzt zeigt sich aber - wie ich Hasi schon erzählt habe - wieder der Rettungsring um den Bauch, und ich werde etwas bremsen!

Ich habe also gestern das Mittagessen abbestellt und verpflege mich da selbst. Dazu habe ich Brot und Wurst eingekauft und nehme Obst und Joghurt von den Mahlzeiten mit. Das habe ich gerade das erste Mal gegessen; schmeckt auch nicht schlecht!

Also, um mein Essen braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen, eher um meine Figur!

Da fällt mir noch ein: Thomas hat ja auch eine Mail-Adresse; wenn Du sie mir mal schreibst, werde ich ihm auch mailen.

Herzlichst
an Euch alle

von

Papa, Opa, Schluri

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Roland Reihlen" <r.reihlen@ses-bonn.de>,
"Sabine Schmitt" <s.schmitt@ses-bonn.de>
Subject: Status Vertrag mit Erdenet
Date: Thu, 30 Sep 2004 09:42:08 +0200

Lieber Herr Reihlen, liebe Frau Tsering

vielen Dank für Ihre Bemühungen um den Vertrag mit Erdenet und die Nachricht darüber. Bzgl. Herrn Bormann haben Sie sicher recht; er ist nicht sehr aktiv!

Ich möchte Ihnen nun einen kurzen Bericht über den jetzigen Status geben:

Der Vertrag SES - Erdenet ist vor einigen Tagen per Fax bei Herrn Rinchinjugder eingegangen, ich habe ihn für ihn übersetzt, und sein Chef, der Herr Direktor Ganbaatar, hat ihn unterschrieben. Ich nehme an, er ist auch an SES herausgegangen.

Die Zahlung an SES und mich kann aber noch nicht geleistet werden, da die Zahlungsanweisung durch den Herrn Generaldirektor unterschrieben werden muss und dieser verreist ist. Er wird nächste Woche zurückkommen, und dann soll das Geld fließen! Hoffen wir!

Ich lebe also weiter auf Pump und halte durch! Man hat im Gästehaus auch noch kein Geld von mir verlangt.

Die 50.- EURO pro Woche werden allerdings auch nicht für das Essen in Gästehaus und Gästekasino reichen! Das war keine gute Idee, von der kostenlosen Voll-Verpflegung auf Pauschbezahlung zu wechseln.

Die Kollegen von Erdenet haben mir vorgerechnet, dass die Mahlzeiten in den beiden Kasinos pro Woche mehr als 50 Euro kosten werden, und haben mir vorgeschlagen, die Verpflegung zu reduzieren. Dem bin ich jetzt gefolgt und esse nicht mehr mittags im Kasino.

Ich bin halt hier in der Mongolei, wo die Uhren anders gehen!

Ansonsten macht die Arbeit weiter Spaß und geht voran; die Kollegen von Erdenet sind sehr freundlich zu mir!

Herzlichst
Ihr

Peter Schludecker

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10:00 Uhr:     Meeting mit Gerle, Rinchin´s Tochter, Geschäftsführerin von Onet Internet Company

Gerle spricht einigermaßen deutsch; sie hat es in Ulaanbaatar studiert. Sie ist 25 Jahre alt, verheiratet und hat einen 5-jährigen Sohn. Wir sprechen über den Internet-Service von Onet für Erdenet und die Möglichkeiten in der Stadt: Kino (geschlossen), Kulturpalast (geschlossen), Sportspalast (sie will Schwimmbad erfragen), Museum (will sie erfragen), Einkauf (sie will mal mitgehen), Friseur (im Shopping Center).

11:50 Uhr:     Transfer zur Fabrik (nicht gekommen)

12:00 Uhr:     Mittagessen im Zimmer

13:34 Uhr:     Transfer zur Fabrik

14:00 Uhr:     Elite Lektion 7

15:00 Uhr:     Arbeit mit Dokumenten

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From: s.schmitt@ses-bonn.de
Subject: Re: Status Vertrag mit Erdenet
To: pschlude@emc.erdnet.mn
Cc: r.reihlen@ses-bonn.de
Date: 30 Sep 2004 09:05:09 UT

Lieber Herr Bormann,

vielen Dank für Ihren Anruf und die aufklärenden Worte. Ich danke Ihnen, dass Sie sich mit Herrn Schludecker in Verbindung setzen und ihn entsprechend briefen. Ich war ehrlich gesagt etwas erstaunt über seine E-mail, da ich sonst keine Beschwerden anderer Senior Experten mitbekommen habe und es reisen ja etliche aus.

Mit freundlichen Grüßen

i.V. Rita Tsering

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From: s.schmitt@ses-bonn.de
To: pschlude@emc.erdnet.mn
Subject: Re: Status Vertrag mit Erdenet
Date: 30 Sep 2004 09:10:04 UT

Lieber Herr Schludecker,

ich habe eben mit Herrn Bormann gesprochen und er versprach mir, Sie in Kürze anzurufen und die Sache zu klären.

Mit freundlichen Grüßen

i.V. Rita Tsering

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From: s.schmitt@ses-bonn.de
To: pschlude@emc.erdnet.mn
Subject: Re: Status Vertrag mit Erdenet
Date: 30 Sep 2004 09:15:54 UT

Lieber Herr Schludecker,

es tut uns aufrichtig leid, dass Sie erhebliche Unannehmlichkeiten hatten. Herr Bormann versprach die Sache umgehend mit Ihnen zu klären. Ich hoffe, dass Sie dann keine weiteren Probleme mehr haben und ungestört Ihrer Aufgabe nachgehen können.

Weiterhin alles Gute und

Herzliche Grüße

i.V. Rita Tsering

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16:50 Uhr:     Meeting mit Rinchin

17:20 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

17:40 Uhr:     Einkaufen

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen

Heute hat wieder die Sonne geschienen, und ein Teil des Schnees ist geschmolzen oder verdampft. Die Gehwege sind spiegelglatt, die Straßen gesalzen und matschig.


Freitag, 1.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:45 Uhr:       Transfer zur Fabrik

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Subject: Re: Neues aus Erdenet
From: MDollak@t-online.de (Mathias Dollak)
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>

Hallo Papa,

anbei die Mail-Adresse von Thomas und Birgit und auch die von Gunther.

kraenzler-haas@web.de

Gunther.Hoefle@OSAK.KV.BWL.DE

Das mit dem Essen hört sich ja gut an. Wo kaufst Du Deine eigenen Lebensmittel. Gibt es einen "Supermarkt" oder kauft man die Sachen auf dem Markt.

Wir waren gerade Turnen und kochen nun gleich Mittagessen.

Noch eine Sprachprobe von Ben: Gestern Mittag nach dem Schlafen hat man draußen einen Rasenmäher gehört. Ben stand im Flur und sagt: "Rasenmäher - da draußen!".

Gestern Abend waren wir mit Mama und Edith im Literaturhaus Essen.

Viele Grüße,

Ellen und Ben

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Rainer Stiehl" <rainer.stiehl@infraserv.com>
Subject: Fragen aus Erdenet
Date: Fri, 1 Oct 2004 03:39:10 +0200

Lieber Herr Stiehl,

es tut mir leid, dass Sie so lange nichts von mir gehört haben und ich nicht von Ihnen. Ich hoffe, es geht Ihnen gut und Sie sind noch voll im Einsatz!

Sicher hat Ihnen Herr Goebel von meinem "Abenteuer" in der Mongolei erzählt, dass ich hier bei der großen Bergbaufirma Erdenet in der Stadt Erdenet als IT Consultant arbeite. Wenn nicht, er kann Ihnen noch etwas darüber berichten.

Herr Göbel hatte mir versprochen, mir bei etwaigen technischen Fragen, die ich nicht aktuell beantworten kann, zu helfen, und ich habe ihm auch schon eine Liste von Fragen zu Datennetzen geschickt und warte sehnsuchtsvoll auf Antworten!

Nun hat sich hier auch eine Frage zu Telefonsystemen ergeben, die ich vielleicht besser an Sie richte, mit der Bitte um kurze Antwort:

Der Hintergrund:

Die Erdenet Mining Corporation hat hier ein Werksgelände etwas größer als der Industriepark mit ca. 6000 Mitarbeitern und etlichen großen und kleinen Außenstellen. Sie haben darin mehrere Siemens Hicom-Anlagen (Generation unbekannt) installiert und über Kupferkabel vernetzt.

Eigentlich sind die Telefonanlagen nicht mein Untersuchungsgegenstand, sondern nur das Datennetz. Aber über VoIP kommt (natürlich) die Telefonanlage mit in die Diskussion.

Erdenet hat von Siemens einen Vorschlag für ein "Tetra-System" bekommen, den sie gerade studieren. Leider ist mir das bisher nicht über den Weg gelaufen!

Kennen Sie das? (Sicher). Können Sie das für mich positionieren?! Ich brauche vorerst keine größeren Informationen, sondern vielleicht nur drei Sätze, für die ich sehr dankbar wäre!!

Es soll eventuell demnächst ein Gespräch hier mit Siemens-Leuten stattfinden.

Ich hoffe bald von Ihnen zu hören (lesen); die Mail-Verbindung über Internet funktioniert sehr gut; ich bin werktags von 9 bis 17 Uhr online; wir haben 6 h Zeitvorsprung.

Herzlichen Gruß

von Ihrem "Mongolei-Abenteurer"

Peter Schludecker

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Gunther Hoefle" <gunther.hoefle@osak.kv.bwl.de>
Subject: Grüße von Peter Schludecker aus Erdenet in der Mongolei
Date: Fri, 1 Oct 2004 05:37:29 +0200

Lieber Gunther,

ich bin nicht ganz sicher, ob Dir jemand erzählt hat, wo ich bin und was ich hier mache?!

Aber ich bin hier in der Stadt Erdenet bei der Bergbaufirma Erdenet und arbeite für 4 Wochen ehrenamtlich an einem IT-Projekt (Entwicklungshilfe). Es macht mir viel Spaß, die Leute sind nett zu mir, und ich bin (ziemlich) gut versorgt.

Wie Du siehst, bin ich online am Internet und habe hier bei der Firma eine Mailbox und auch einen Schreibtisch.

Ellen, mit der ich in dauerndem Mailkontakt bin, hat mir Deine Adresse gegeben.

Wenn Du willst, kannst Du mir an obige Adresse mailen.

Herzlichen Gruß
auch an Sonja

von Schluri

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Thomas und Birgit Haas" <kraenzler-haas@web.de>
Subject: Grüße aus Erdenet in der Mongolei
Date: Fri, 1 Oct 2004 05:51:40 +0200

Liebe Birgit, Sophia, Thomas und Gabriel,

ich möchte Euch auf diesem Weg direkt aus der Mongolei grüßen!

Wie Ihr vielleicht schon auf Umwegen gehört habt, bin ich gut angekommen, bin gut untergebracht und arbeite nun auch schon fast 2 Wochen bei der Bergbaufirma Erdenet in der Stadt Erdenet an einem IT-Projekt. Die Arbeit macht Spaß, die mongolischen und russischen Kollegen sind sehr nett und offen. Ich habe einen Schreibtisch in einem 7-Mann-Büro, aber meist bin ich alleine hier und kann gut arbeiten.

Wie Ihr seht, bin ich auch mit meinem mitgebrachten Laptop online und habe eine Mailbox bei Erdenet. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr mir unter obiger Adresse antworten!

Es grüßt Euch alle vier

herzlichst

Euer

Schluri

P.s. : Viele Grüße auch an Oma Haas

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Neues aus Erdenet
Date: Fri, 1 Oct 2004 06:24:53 +0200

Hallo Ellen

jetzt habe ich gerade Deine neueste Mail erhalten und will vor dem Wochenende auch noch darauf antworten.

Danke für die Mail-Adressen; ich habe gerade den beiden geschrieben.

Das mit Ben´s Sprachfortschritten, das klingt ja phantastisch!

Meine Lebensmittel kaufe ich im dem Shopping Center, das sich gerade gegenüber meinem Gästehaus befindet. Das ist ein großes 2-stöckiges Gebäude mit ca. 100 winzigen Läden in mehreren größeren Räumen zusammengefaßt. Da gibt es anscheinend alles, was es hier überhaupt gibt, besonders Lebensmittel, Kosmetika, Kleider und auch einen Friseur, den ich demnächst mal probieren werde.

Auch einen schönen Kamelhaar-Pullover für 30 Euro hatte ich schon in der Hand, den ich vielleicht kaufen werde, wenn ich (wirklich) hier mal Geld bekommen sollte. Das Taschengeld und das Geld, um das Essen zu bezahlen, wurde nämlich noch nicht ausgezahlt. Ich muss allerdings in den Kasinos auch noch nichts bezahlen; wir (Erdenet und ich) leben so gegenseitig auf Pump (mongolisch!).

Auf dem Markt im Freien, von dem ich schon geschrieben habe, würde ich mir nichts zu kaufen trauen (Hygiene?)! Aber das Shopping Center sei okay, sagt Rinchin!

So werde ich mir jetzt gleich also das leckere Wurstbrot mit Birne, Orange und Joghurt zum Mittagessen schmecken lassen.

Herzlich
grüßt Euch

Euer

"Mongole"

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9:30    Meeting mit Sergej, Sasha

12:30  mitgebrachter Imbiss

14:00  Elite Lektion 8

15:30  Meeting mit Rinchin

16:30  Meeting mit Tsolmon

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Subject: AW: Fragen aus Erdenet
Date: Fri, 1 Oct 2004 13:35:14 +0200
From: "Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE" <Ulrich.Goebel@Infraserv.com>
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn

Hallo

die Antworten sind unten eingearbeitet,

schönes Wochenende,

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Schludecker, Peter [mailto:pschlude@emc.erdnet.mn]
Gesendet: Donnerstag, 30. September 2004 03:17
An: Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE

Betreff: Fragen aus Erdenet

Hallo, Herr Goebel,

danke für die schnelle Reaktion und freundliche Antwort!

Inzwischen bin ich mit der Analyse der Infrastruktur bei Erdenet Mining ziemlich weit gediehen und bereits dabei, Vorschläge zu ihrer Verbesserung zu machen.

Erdenet Mining ist heute schon nicht schlecht ausgestattet (Windows 2000 auf Server und Clients, Stern-Netz mit 5 Ethernet-Segmenten, nur IP-Protokolle, UTP-Kabel in Gebäuden, Modemstrecken mit 256 k - 2 mbps; hubs, switches, bridges, routers von 3Com u.a.; Internet).

Aber sie haben große Stabilitäts- und Sicherheitsprobleme (schlechte Cu-Kabel, keine Messgeräte, kein Management, viele Viren, keine Firewall, kein Filtering etc.) !

Sie wollen in Zukunft eine "Top Level Operation" (wie ich es nenne) - werden und haben auch das Geld dazu. Nur an Know how, Consulting und Lösungen fehlt es!

So versuche ich also in diese Bresche zu springen. Dabei kann ich sehr wohl noch strukturelle und allgemeine technische Ratschläge geben, aber - wie schon am Telefon zu Hause mit Ihnen besprochen - fehlt es mir an den neuesten Herstellern, Produktnamen bzw. Versionen.

So sende ich Ihnen also eine Liste von Produktfragen, wobei es eigentlich immer um das gleiche geht:

Welchen Hersteller und welches Produkt / Version setzt Infraserv heute ein? Und kann man das auch einer anderen ähnlichen Installation empfehlen ?

1)  Firewall system (für Internet- und Fremdfirmen-Anschluß)

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
Firewall von Checkpoint NG aktuellste Vers .

2)  Antivirus software (auf allen Systemen ?) (Erdenet hat Norton Antivirus)

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
Trendmicro Neat Suite, aktuellste Version
Officescan auf Windows Clients
Serverprotect auf Windows Servern
Scan Mail auf Exchange Servern
Viruswall auf Proxys

3)  Antispam software (zusammen mit Antivirus oder separat ?)

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
Webwasher Spam Equator auf Mailbackbone Servern, aktuellste Vers.

4)  Network measurement device (signal level and protocol level)

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
..nur auf Protocol Level

5)  Network Management system (Erdenet hat früher mit Openview gearbeitet, das aber dann gelassen)

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
HP Openview und Cisco Works

6)  Internet access content filtering (porno, audio, film, etc.), (zusammen mit Firewall oder separat)

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
Websense Enterprise für Internet Access auf Proxys, aktuellste Vers.

7)  ISO 14000 (?) Zertifizierung als (interner) Service Provider (hat Infraserv das fertig gemacht?) (Erdenet hat eine ISO 9001 Zertifizierung)

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
wir sind nicht explizit als Service Provider zertifiziert, sondern in Summe die ISH

Empfehlung gilt sicherlich auch für andere Unternehmen, ansonsten würden wir sicher selbst aktiv auf andere Produkte/Lösungen umsteigen.

Sorry, viele Fragen ! Aber wenn Sie zunächst nur einige davon beantworten können, wäre mir auch schon viel geholfen!

Ich kann dann meinem Auftraggeber zeigen, dass ich Support von der deutschen Wirtschaft habe (Senior Expert Service ist eine Organisation der Deutschen Wirtschaft). Und vielleicht springt auch dabei der eine oder andere Auftrag für einen deutschen Hersteller heraus. Hicom-Telefonsysteme haben sie hier schon!

So also herzliche Grüße aus Erdenet

und ich freue mich auf jede Antwort aus "old germany"

Ihr

Peter Schludecker

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17:20 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen, danach Schnack mit den „Miners“ Björn und Lennard und dem Minen-Software-Mann Sandy

Die sind alle drei viel in den Minen der Welt herumgekommen und erzählen die verrücktesten Geschichten besonders über Bestechung (dashing).


Samstag, 2.10.2004

9:00 Uhr:       Frühstück

10:00 Uhr:     Einkaufen

Arbeit am „Report of Results“, Kapitel „Analysis“

12:00 Uhr:     Lunch mit Resten im Zimmer

13:00 Uhr:     Spaziergang durch die City

Die Sonne scheint; es ist wieder warm (ca. 10 Grad) und taut heftig; auf den löchrigen Straßen und schiefen Gehwegen stehen Seen und fließen Bäche. Da es offensichtlich keine Straßengullis gibt, sucht sich das Wasser eben seinen Weg ins Tal zum Bach. Ich treffe eine Kollegin aus meinem Büro, Tsolmon und Frau Barentin, die aufgedrehte Lehrerin aus Leipzig, die auch für den SES hier arbeitet, mit im Flugzeug war und ich am Flughafen Ulaanbaatar aus den Augen verloren hatte.

Wir gehen auf der Hauptstraße in eine Verkaufsausstellung im Kulturpalast mit Cashmere-Pullovern, Pelzkleidern und Teppichen aus der hiesigen Weberei. Den Versuch, auf einer Seitenstraße zum buddhistischen Tempel zu gehen, geben wir wegen Überschwemmung bald auf. Danach besuchen wir die Casablanca Bar im Shopping Center, trinken Kaffee und essen einen Casablanca Salat.

16:00 Uhr:     Arbeit im Zimmer

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen


Sonntag, 3.10.2004

9:00 Uhr:       Frühstück

10:00 Uhr:     Stadtspaziergang zum Fotografieren

12:30 Uhr:     Wanderung auf den Berg zur Antenne, herrlicher Blick zur Mine und über die Stadt

16:00 Uhr:     Arbeit am „Report on Results (Draft)

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Halbzeit in Erdenet
Date: Sun, 3 Oct 2004 12:43:52 +0200

Hallo Ellen,

es ist Sonntag Abend, und ich freue mich schon auf morgen früh, wenn ich meinen Laptop ans Netz stecken kann, und dann hoffentlich Mails aus Deutschland ausgeliefert werden.

Es ist ja nun Halbzeit bei meinem Aufenthalt hier, und ich habe versucht so eine Art von Halbzeit-Resümee zu ziehen:

- Die  Arbeit macht immer noch Spaß, ich bin im Plan und werde das wohl einigermaßen erfolgreich zu Ende bringen.

- Die Zusammenarbeit mit den Kollegen ist generell gut, wobei sich schon ein paar Abnützungserscheinungen eingestellt haben. Manche erscheinen nicht oder stark verspätet zu Meetings und insbes. zur Schulung; manche sind noch hilfsbereiter geworden. Dabei hat sich so eine Art Russenmafia (nicht wörtlich zu nehmen) gebildet: Die 3 Russen im Team sind die aktivsten.

- Meine Vertrags- und Geldsituation ist zwischen SES und Erdenet immer noch nicht geklärt; ich rechne inzwischen mit dem schlimmsten, nämlich gar kein Geld zu bekommen. Das ist aber nicht so schlimm, da ich ja voll untergebracht und verpflegt bin und bisher nur ca. 40 Euro ausgegeben habe.

- Die Sprachbarriere ist nach wie vor ein Problem, bei der Arbeit sowie privat; viele Probleme können einfach nicht angesprochen werden.

- Die Mongolen sind, soweit das die Sprachbarriere zulässt, sehr freundlich und hilfsbereit. Sie lassen einen aber auch nicht mehr los, wenn ein Sprachkontakt (deutsch oder englisch) hergestellt ist.

- An Gästehaus, Zimmer, Büro und sonstige Infrastruktur habe ich mich inzwischen gewöhnt. Ich bin sogar froh darüber, denn andere Ausländer sind zum Teil wesentlich schlechter untergebracht. Da wo die Englisch-Lehrerin aus Leipzig wohnt, die mit mir gekommen ist, da wollte ich nicht wohnen!

- Außer der Arbeit und beim gelegentlichen Wandern ist die Umgebung natürlich hochgradig langweilig (500 m staubige Hauptstraße, keine Kultur, keine persönliche Ansprache).

- Dass ich jeden Abend mit Hasi sprechen kann, ist mir ein großer Trost! (Bitte auch für Hasi ausdrucken!)

- Am meisten ärgert mich, dass ich Ben´s Sprachfortschritte nicht mitkriege.

- Ich bin hochgradig froh, dass ich mich nur auf 4 Wochen eingelassen habe, denn Ihr fehlt mir alle sehr!!!!!!

Also bitte haltet mich weiter auf dem Laufenden, ich halte durch!

Herzlichen Gruß

von

Papa, Opa und Gatte

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19:00 Uhr:     Abendessen


Montag, 4.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:40 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

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Subject: Re: Neues aus Erdenet
From: MDollak@t-online.de (Mathias Dollak)
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
Date: 03 Oct 2004 23:33 GMT

Hallo Papa,

es ist nun Sonntag abend und wir gehen bald schlafen - Du stehst bald wieder auf und gehst arbeiten.

Mathias war von Freitag bis heute morgen in München bei einem Freund. Den Samstag nachmittag und abend haben sie auf dem Oktoberfest verbracht.

Wir (Mama, Ben und ich) waren gestern bei Edith und Achim zum Kaffee Trinken und auf dem Spielplatz mit Ben. Da Edith und Achim Ben ja nicht so gut kennen, sind sie immer übervorsichtig auf dem Spielplatz und hindern ihn eher am freien Klettern, als dass sie ihn unterstützen. Achim fängt dann immer genau an den falschen Stellen an Unsinn zu machen und Edith regt sich darüber auf. Aber nett ist es natürlich trotzdem -  außerdem gab es guten Kuchen.

Heute (Sonntag) ist Mathias um 16 Uhr aus München gekommen. Es war tolles Wetter und wir sind mit Ben noch auf dem Spielplatz gegangen und haben ein wenig im Garten gegraben. Wir hoffen, dass nächstes Wochenende schönes Wetter ist, und wollen dann noch etwas mehr im Garten arbeiten.

Zu Deinen Fragen: Es hängen noch einige Tomaten am Strauch, aber ich bin sehr skeptisch, ob sie noch reif werden (immerhin sind zwei mittlerweile gelb geworden). Unkraut und Gras wächst bei dem feuchten Wetter natürlich sehr gut.

Viele Grüße,

Ellen

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From: "Dr.Bormann" <bormann@magicnet.mn>
To: "'Schmitt, Sabine'" <s.schmitt@ses-bonn.de>
Cc: "'pschlude@emc.erdnet.mn'" <pschlude@emc.erdnet.mn>
Subject: SES Mongolei 01.10.04_2
Date: Mon, 4 Oct 2004 09:05:38 +0900

Liebe Frau Schmitt

liebe Frau Tsering,

mit Interesse - und ich gebe zu, anfangs etwas grollig, später sehr erheitert - habe ich die Korrespondenz zwischen Ihnen und Herrn Dr. Schludecker gelesen. Gestatten Sie mir dazu einige Anmerkungen.

In einer Sache hat Herr Schludecker natürlich recht - "Ich bin halt hier in der Mongolei, wo die Uhren anders gehen". Diese Erkenntnis wird zweifellos die Grundlage für seine weitere erfolgreiche Arbeit in der Mongolei sein und Herr Rinchinjugder hat sich in mehreren Telefonaten mir gegenüber auch so geäußert.

Unverständlich für mich ist allerdings, dass Herr Schludecker nicht einfach bei mir anruft und mit mir die Angelegenheit bespricht. Er hat alle Koordinaten von mir. Das war bisher bei allen anderen Experten die einfachste Variante, denn Probleme irgendwelcher Art hat bekanntlich fast jeder, der zum ersten Mal in die Mongolei kommt. Ich habe auch mit Herrn Schludecker Anfang der Woche telefoniert und ihm u.a. die preiswertesten Varianten für Anrufe nach Deutschland und innerhalb der Mongolei besprochen. Sein Arbeitgeber wird sicher nichts dagegen haben, wenn Herr Schludecker - für ihn kostenfrei - mit mir telefoniert. Das war bisher immer so und wir hatten in dieser Hinsicht bisher niemals Schwierigkeiten. Dass er noch kein Geld erhalten hat, ärgert mich auch. Es ist leider bei einigen mongolischen Unternehmen so, am Anfang zu verzögern, aber bisher ist noch niemand abgereist, ohne sein volles Geld erhalten zu haben.

Was die Fahrt nach Erdenet angeht - so Herr Rinchinjugder - hatte die Firma für ihn eine Zugfahrt vorgesehen mit Liegekabine und Abholung vom Bahnhof in Erdenet. Es steht nicht im Vertrag, dass er unbedingt mit dem Pkw zum Einsatzort gefahren werden muss. Andere Experten sind auch schon mit der Bahn problemlos nach Darkhan und Erdenet gefahren. Herr Schludecker wollte aber lieber mit dem Auto fahren (was weitaus gefährlicher ist als mit der Bahn!) und es kann durchaus sein, dass er die Fahrt (40.000 Tugrik) aus eigener Tasche bezahlen muss. Er soll das mal mit Herrn Rinchinjugder regeln, das ist wohl nicht meine Aufgabe.

Dass Herr Schludecker mit 50 Euro pro Woche nicht auskommt, verstehe ich nicht. 50 Euro sind nach dem gegenwärtigen Kurs fast 75.000 Tugrik (1 Euro = 1.460 Tugrik, heutiger Tageskurs). Das verdient ein Lehrer im Monat. Weil das für die Versorgung einer Familie einschl. Miete und Nebenkosten (die Herr Schludecker nicht hat!) nicht ausreicht, muss der Lehrer in der Regel noch einem Nebenjob nachgehen. Aber das nur am Rande. Herr Schludecker hat im Monat also 292.000 Tugrik zur Verfügung - ausschl. für seine eigene Verpflegung.  Ich habe gestern mit Herrn Dr. Dreppenstedt und heute früh bei der Fahrt zum Flugplatz mit Dr. Mennerich gesprochen. Sie kommen bzw. kamen mit diesem Geld ohne Probleme aus. Auch von den anderen Experten habe ich nie gehört, dass die 50 Euro wöchentlich zu wenig sind. Herr Schludecker ist zudem noch in Erdenet, wo das Preisniveau noch ca. 10% unter dem in der Hauptstadt liegt. Hier einige Angaben für Ulaanbaatar:

- Mittag bzw. Abendessen im Mittelklasserestaurant ca. 3.000 Tugrik
- 1 Weißbrot 400 Tugrik
- 1 Stück Butter (200 g) 1.100 Tugrik
- 1 Schale deutsche Rama (500g) 1.500 Tugrik
- 1 Glas polnische, tschechische oder deutsche Marmelade 900-1.400 Tugrik
- 1 kg Rindfleisch ca. 2.500 Tugrik
- 1 kg Wurst max. 3.000 Tugrik
- 1 Liter Milch im Tetrapack 800 Tugrik
- 1 kg Zucker 550 Tugrik
- 1 Dose deutscher Kaffeeweißer (200 g) 1.600 Tugrik
- 1 Büchse deutsches Bier (0,5 l) 850 Tugrik
- 1 Flasche mongolischer Schnaps guter Qualität (0,75 l) 4.000 Tugrik
- 1 Büchse Cola, Fanta, Sprit 400 Tugrik
- 1 Flasche mong. Mineralwasser (1,5 Liter) max. 500 Tugrik
- 1 kg grüne Gurken 1.800 Tugrik
- 1 kg Zitronen 4.000 Tugrik
- 1 kg Tomaten 1.700 Tugrik
- 1 kg Bananen 1.800 Tugrik
- 1 kg Äpfel 800 Tugrik
- 1 kg Pfirsiche 1.800 Tugrik
- 1 kg Kartoffeln 300 Tugrik
- 1 kg Zwiebeln 300 Tugrik
- 1 kg Paprika grün, gelb oder rot 2.000 Tugrik
- 1 Büchse Kaffee Maxwell (200gr) 4.000 Tugrik
- 1 Tafel Vollmilchschokolade 600 Tugrik
- deutscher Hagebuttentee a 20 Aufgussbeutel 700 Tugrik
- 1 Schachtel Zigaretten max. 1.600 Tugrik
-         Kosmetika z.B. Tube Rasiercreme 100 ml 1.400 Tugrik
-        Taxifahrt in Erdenet max. 1.000 Tugrik (durch die ganze Stadt, ansonsten 500 Tugrik)

Damit möchte ich es bewenden lassen. Die genannten Produkte gibt es (bei Obst kann das eine oder andere mal nicht vorhanden sein) in allen Geschäften und öffentlichen Märkten in Erdenet. Dorthin müsste sich Herr Schludecker allerdings bemühen und selbst einkaufen. Hausmädchen hatten unsere anderen Experten auch nicht.

Was das von Herrn Schludecker genannte Casino betrifft, kenne ich die gegenwärtigen Preise nicht, so hoch können sie wohl nicht sein. Ich bin aber sicher, es gibt eine Betriebskantine, in der man auch essen kann und deren Speiseangebot zumutbar ist. In diesem Fall bezahlt Herr Schludecker für ein Mittagessen mit Getränken max. 2.000 Euro, oder er fährt in die Stadt zum Essen. Ich halte das für zumutbar, wie gesagt, für andere Experten war das jedenfalls kein Problem, und in der Mittagspause steht ausreichend Zeit zur Verfügung. Was heißt, im Gästehaus habe man noch kein Geld von ihm verlangt? Die Unterbringung während seines Aufenthaltes wird ohnehin vom Arbeitgeber übernommen. Sollte er dennoch bezahlen wollen, steht ihm das frei und es wäre Ihre Sache in Bonn, ihm die Unterbringungskosten zurückzuerstatten. Es tut mir schon aufrichtig leid, dass sich Herr Schludecker Geld borgen muss und das noch von Kollegen, die in der Regel ärmer sind als er (damit meine ich nicht die Betriebsleitung, die kann er ruhig anpumpen, denn die haben Geld!). In unserem Papier, das die Experten vor ihrem Einsatz bekommen, steht, dass sie zu ihrer persönlichen Sicherheit ca. 400 Euro mitnehmen sollten. Entweder hat Herr Schludecker diese Passage im Text überlesen, oder er hat das Geld schon in den ersten knapp zwei Wochen ausgegeben – na, dann reicht er natürlich mit den 50 Euro pro Woche nicht.

Da die Vollverpflegung - außer bei Köchen - niemals klappte, sind wir bekanntlich zur Pauschale übergegangen. Das kann Herr Schludecker allerdings nicht wissen, aber vielleicht könnten Sie ihm das nochmals erklären.

Soweit "in aller Kürze". Ich hoffe, Sie hatten eine erfolgreiche Reise, und wünsche Ihnen einen guten Wochenbeginn. Zu den anderen Projekten am Montag mehr. Fam. Mennerich ist heute früh abgeflogen, herzliche Grüße von ihnen an Sie. Herr Mennerich meldet sich dann bei Ihnen. Den Vertrag für Herrn Schludecker habe ich gestern auf dem Postwege im Original erhalten, ich leite ihn dann an Herrn Rinchinjugder weiter. Der Vertrag von Herrn Langschwager ist gestern ebenfalls angekommen.

P.S. Ich schicke die Mail erneut, weil mir der Server ein Problem beim Ausgang der Nachricht am Freitag ankündigte und ich nicht sicher bin, ob Sie die Mail tatsächlich erhalten haben.

Viele Grüße

Klaus Bormann
Deutsche Mongolei Agentur
Dr. Klaus Bormann
Freedom square, Sambuu Street 11
Government House No. 11, Raum 1008
Ulaanbaatar 38 - Mongolia
Tel/Fax 00976-11-329960
Tel/Fax 00976-11-327960
Handy 00976 - 9919 5649
Email: bormann@magicnet.mn

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Ulrich Goebel" <ulrich.goebel@infraserv.com>
Subject: Danke aus Erdenet
Date: Mon, 4 Oct 2004 03:42:17 +0200

Lieber Herr Goebel,

vielen herzlichen Dank die für schnellen und umfassenden Antworten.

So werde ich die Produkte und Firmen im Internet nachschauen und den Mongolen entsprechende (für sie wertvolle) Ratschläge geben können.

Ich hätte allerdings zu Punkt 4) Network measurement device noch eine Zusatzfrage:

Wenn Sie dazu noch einen Produktnamen (Hardware oder Laptop software) und / oder Hersteller nachliefern könnten, wäre ich momentan wunschlos glücklich!

Ich kann Ihnen allerdings nicht versprechen, in den verbleibenden 2 Wochen nicht noch die eine oder andere Frage nachzuschieben.

Herrn Stiehl habe ich auch schon wegen Siemens Tetra-System angemailt; hoffentlich ist er erreichbar.

Herzliche Grüße
aus dem Land des Dschingis Khan

Ihr

Peter Schludecker

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10:00 Uhr:     Meeting mit Sergej

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Bormann, Dr." <bormann@magicnet.mn>
Cc: "Sabine Schmitt" <s.schmitt@ses-bonn.de>
Subject: Erdenet Intranet Projekt
Date: Mon, 4 Oct 2004 05:49:15 +0200

Hallo Herr Bormann,

danke für die umfangreichen Informationen in Ihrem Mail an die Projektleitung SES Bonn.

Die Informationen über die Mongolei (Produkte, Preise etc.) sind sicher richtig, und ich habe das bereits auch in den Läden und Märkten gesehen und genutzt.

Ihre Annahmen über mich und meine Umstände hier sind aber nicht zutreffend, da muss ich Sie über einiges aufklären:

- Ich arbeite in der Erdenet Plant, 7 km außerhalb von Erdenet City, und Herr Rinchinjugder lässt mich jeden morgen um 8:30 Uhr vom Gästehaus hierher und um 17:00 Uhr zurückbringen. Das ist praktisch und zuverlässig, und ich möchte es nicht missen. Ein öffentliches Nahverkehrssystem besteht hier nicht, nur morgens und abends Werksbusse. So könnte ich mittags gar nicht zum Essen in die Stadt fahren!

- Ich bin leider hier tagsüber telefonisch nur sehr schlecht zu erreichen: Von den 3 Telefonen für 7 Programmierer in meinem Büro und auch von Herrn Rinchinjugders Sekretariat aus, kann man nicht nach außerhalb telefonieren (sagt man mir), und auch Anrufe von außen habe ich (außer von Ihnen) hier auch noch nicht erhalten. Wenn Sie wollen, können Sie es mal im meinem Büro probieren: Die Vorwahl weiß ich nicht, die Nummern in Erdenet sind: 71815, 71818 und 71817. Ich würde mich sehr freuen, noch einmal direkt mit Ihnen zu sprechen!

- Ich glaube auch nicht, dass die Lösung mit der Telefonkarte, die ich natürlich kaufen könnte, hier von der Fabrik aus funktioniert. Und abends wollte ich Sie nicht belästigen.

- Gut von außen zu erreichen bin ich am Abend ab 20 Uhr in meinem Zimmer Nr. 23 im Gästehaus Erdenet; die Nummer habe ich leider nicht hier, ich kann sie aber nachliefern.

- Herr Rinchinjugder, der sehr freundlich, kooperativ und hilfsbereit zu mir ist, hat (wie wohl auch bei früheren SES-Einsätzen) Vollverpflegung mittags im Gästekasino und morgens und abends im Gästehaus für mich gebucht. Das ist für mich eine praktische und schnelle Lösung; das Essen ist gut und reichlich, und ich möchte es nicht missen. Das kostet außerdem wenig Zeit, so dass ich auch morgens, mittags und abends für den Kunden Erdenet am PC arbeiten kann.

- Wenn Erdenet diese Vollverpflegung (wie wohl bei früheren Einsätzen) übernommen hätte, wäre das für mich (mit oder ohne 2 oder 3 Euro/Tag Taschengeld) eine einfache und zufriedenstellende Lösung gewesen.

- Nun müssen wir wohl irgendwie mit der 50 Euro-Lösung zurechtkommen, die hoffentlich noch ausbezahlt werden. Ich werde Herrn Rinchinjugder heute wieder danach fragen. Ich weiß auch nicht, ob ich das Geld in Euro oder Tukrit erhalten werde. Was ist Ihre Meinung??

- Ich muss dann davon das Essen im Gästehaus und Gästekasino bezahlen, und die Erdenet-Kollegen haben mir vorgerechnet, dass das ca. 3000 + 4000 + 4000 = 11000 Tugrit kostet. Nach dem von Ihnen genannten Kurs sind das 7,5 Euro pro Tag, also 52,5 Euro/Woche; also kann ich ein bisschen drauflegen und den Rest (Mineralwasser, Klopapier etc.) selbst bezahlen.

- Auf der Taxi-Fahrt von Ulaanbaatar nach Erdenet habe ich bestanden, um nicht einen ganzen Arbeitstag zu verlieren, was sicher im Sinne von Erdenet Mining war. Herr Tsogbaatar hat mir auch versprochen, dass ich das Geld hier von Herrn Rinchinjugder zurückerhalte, und Herr Rinchinjugder hat die Quittung von mir erhalten und das bestätigt. So glaube ich, dass das nicht falsch war und ich das auch nicht selbst bezahlen muss!

- Für die Rückfahrt habe ich auch Herrn Rinchinjugder die gleiche Lösung vorgeschlagen, und er will eine PKW-Fahrt (event. mit Firmenfahrer) arrangieren. Ich bin mal gespannt! Mit einem zuverlässigen Fahrer soll das laut Herrn Tsogbaatar auch nicht gefährlich sein.

- Interessant ist für mich auch, dass andere Experten hier die gleichen Geldprobleme haben. Ich traf am Samstag Frau Barentin (richtig?), und sie hat auch noch kein Geld erhalten und schießt die ganze Verpflegung vor.

- Natürlich habe ich einen von Ihnen genannten Geldbetrag in Euro dabei. Aber ich hatte dies eher als Notreserve angesehen und gehe damit sehr sparsam um.  Mir hat keiner gesagt, dass ich die 50 Euro pro Woche vorfinanzieren muss.

- Natürlich gehe ich abends in das Shopping Center direkt gegenüber dem Gästehaus und kaufe dort ein, ich kenne also die Preise. Und ein Hausmädchen erwarte ich selbstverständlich nicht! (Warum diese Schärfe ?) Ich wasche auch bisher (soweit erforderlich) meine Wäsche selbst und erspare Erdenet diese Ausgabe.

So hoffe ich, dass sich unsere Verbindung durch diese Informationen entspannt und ich bald von Ihnen höre oder wieder lese.

Mit freundlichen Grüße
auch an die Kolleginnen nach Bonn

Peter Schludecker

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Subject: AW: Danke aus Erdenet
Date: Mon, 4 Oct 2004 07:25:38 +0200
From: "Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE" <Ulrich.Goebel@Infraserv.com>
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>

Hallo Hr. Schludecker,

im Bereich Network Measurement gibt es verschiedene Punkte:

1. Div. Protocol Analyzer für PC (reine Software/open source) und in dezidierter Form.

2. für Test der Verkabelung ein Fluke System

3. für Monitoring/Reporting/Auslastung Network Health

4. für Trouble Ticket remedy

5. wir bereiten gerade eine Lösung vor, die auf Basis der MIB`s in den Router Devices aktiv Informationen über den Zustand der Systeme meldet (an HP Open View). D.h. kein Polling.

6. Map auf der HP (OpenView) zwecks Zustandsüberwachung der gemonitorten Devices (Ampel grün/rot)

Gruß aus dem Land von Schröder und Co.

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14:00 Uhr:     Elite Lektion 9 (nur mit Sergej)

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Subject: AW: Fragen aus Erdenet
Date: Mon, 4 Oct 2004 08:55:53 +0200
From: "Stiehl, Rainer, Infraserv-Hoechst/DE" <Rainer.Stiehl@Infraserv.com>
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>

Hallo Hr. Dr. Schludecker,

ich freue mich, wieder einmal etwas von Ihnen zu hören. Vor allem im Zusammenhang mit einer solchen Aufgabe, die Sie in der fernen Mongolei zu erfüllen haben. Dies beweist doch, dass "(Un)Ruhestand" nicht nur mit Spazierengehen und ähnlich aufregenden Tätigkeiten zu bewältigen ist. Bei mir beginnt übrigens die passive Phase der Altersteilzeit ab dem 01.02.2007, ("noch 849 und der Rest von heute", wie wir beim "Bund" immer gesagt haben).

Doch nun zu Ihrer konkreten Frage. Leider habe ich und auch unser VB bei Siemens Frankfurt noch nichts von einem "Tetra-System" gehört. Er hat mir aber versprochen, sich bei den "Auslandskollegen" in München schlau zu machen. Ich hoffe, Ihnen morgen mehr sagen zu können.

Bis dahin, mit den allerherzlichsten Grüßen aus dem, für Sie zur Zeit so fernen Industriepark

Ihr

Rainer Stiehl

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Bormann, Dr." <bormann@magicnet.mn>
Subject: Telefonnummer in Erdenet Gästehaus
Date: Mon, 4 Oct 2004 14:25:50 +0200

Hallo Herr Bormann,

ich bin über unser Telefongespräch von heute Nachmittag sehr erleichtert und erfreut. Am Telefon lässt sich doch manches erklären, was per Mail schlecht zu verstehen ist.

Deshalb hier noch meine Nummer im Zimmer 23 im Gästehaus von Erdenet: 73624. Ich bin abends meist ab 18 Uhr, sicher aber ab 20 Uhr zu erreichen.

Bitte teilen Sie mir rechtzeitig mit, wenn Sie hierher kommen wollen. Dann werde ich keine Meetings anberaumen.

Gruß

Peter Schludecker

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17:00 Uhr:     kurzes Meeting mit Rinchin, „Report on results (Draft)“ übergeben

17:30 Uhr:     Fahrt zum Gästehaus

18:00 Uhr:     Einkaufen

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen


Dienstag, 5.10.2004

Große, blonde Mädchen (ein Traum)

Ich bin im Flugzeug nach New York gekommen und stehe mit dem Fahrrad am Hudson River. Dort steht ein schönes, großes Haus, in das ich mein Gepäck trage. Große, blonde und lebhafte jüdische Mädchen und Jungens laufen darin herum.

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Story aus Erdenet
Date: Tue, 5 Oct 2004 01:56:02 +0200

Hallo Ellen, Mathias, Hasi und Ben,

heute habe ich mal wieder Lust, Euch eine lustige Geschichte zu schreiben, die ich im Laufe der Zeit hier gesammelt habe:

Was es hier nicht (oder fast nicht) gibt:

Filterkaffee (nur Pulverkaffee)

Kaffeesahne, Milchdöschen (nur Pulvermilch)

Ungeziefer (nur 1 Fliege und 3 Schnaken gesichtet)

Öffentlicher Nahverkehr (nur Privat-Taxis, die erst losfahren, wenn sie überbelegt sind)

Öffentliche Produktwerbung, Schilder, Leuchtreklame etc. (nur für Telefongesellschaften)

Schaufenster (hinter jeder offenen oder geschlossenen Tür kann ein Laden versteckt sein)

Bettler (außer einem Blinden, der im Shopping Center sitzt und wunderschön singt; ich habe ihm auch schon gespendet)

Abfalleimer, Müllabfuhr (dafür liegt in der stadtnahen Landschaft genug Müll)

Autos, die auf Zebrastreifen, Kinder, Rollstühle etc. achten (man fährt einfach und hupt)

Unfreundliche Leute

Anmache, Aufdringlichkeit

Kinderwagen (man trägt seine Kinder, so lange sie nicht laufen können)

Taschentücher, Tempo (man zieht seine Nase hoch, und viele haben Schnupfen)

Was es hier im Überfluss gibt:

Schlaglöcher auf den Straßen (bis zu 50 cm tief, werden wohl nie geflickt)

schiefe Gehwegplatten (Löcher bis 20 cm tief)

Steppe (unendlich)

Berge (wunderschön)

abgeholzte Wälder (brauchen die Mongolen um Hütten zu bauen)

Tiere (Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde), die überall herumlaufen

"Ger" (traditionelle Rundzelte aus Fell)

"Del" (traditionelles langes buntes Gewand, besonders Landleute)

Sonne, Wärme und auch Schnee, Kälte (schneller Wetterumschwung)

Staub (aus der Steppe)

Sandstraßen (aber nicht wie in Namibia, sondern einfach Fahrspuren mit tiefen Rinnen und Wellen querfeldein)

Die Sammlung ist sicher nicht ganz vollständig, gibt Euch aber vielleicht einen gewissen Eindruck von Mongolia!

Ich hoffe auf ähnlich gute Informationen aus Kriftel
und grüße Euch herzlich

Euer
Mongolei-Experte

Schluri

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8:00 Uhr:       Frühstück

8:40 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

9:00 Uhr:       Projektarbeit (Mails, Internet, Dokumente)

14:00 Uhr:     Elite Lektion 9 (mit 5 Schülern)

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Ulrich Goebel" <ulrich.goebel@infraserv.com>
Subject: Kleine Ergänzungen für Erdenet
Date: Tue, 5 Oct 2004 09:51:52 +0200

Hallo Herr Göbel,

nochmals vielen Dank für die Nachlieferung. Ich habe nun diese Vorschläge etwas aufgearbeitet und auch meistens im Internet Material dazu gefunden.

Nur drei kleine Punkte hätte ich noch:

1) Zu Network Health finde ich keine Internet Adresse, können Sie mir da (event. mit dem Firmennamen) helfen?

2) Die Sache mit der ISO Zertifizierung habe ich anscheinend durcheinander gebracht. ISO 14000 ist (natürlich) Umweltmanagement.
ISO 9001 ist Qualitätsmanagement. Was war das nur, was Infraserv speziell als Dienstleister gemacht hat? ISO.......?

3) Können Sie mal einen kleinen Hacking-Angriff auf unser Netz hier machen und per Ping die Adresse 175.176.2.1 abfragen! Ich bin mal gespannt, was da passiert! Das ist mit meinem Kunden hier abgesprochen! Könnten Sie das Protokoll ins Mail kopieren?!

Sie sehen, Sie werden mich so schnell nicht los! Wenn’s Ihnen zu viel wird, bitte sagen!

Danke im voraus und Grüße
aus dem Land der Mongolen

Ihr

Peter Schludecker

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16:00 Uhr:     kurzes Meeting mit Rinchin, „Recommendation list (Draft)“ + Webmaster-Prospekt übergeben

16:00 Uhr:     Fahrt zur Hauptverwaltung, mit Lhagva US$ 295 + Tukrit 40000 an der Kasse von Erdenet abholen

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Return-Path: <Ulrich.Goebel@Infraserv.com>
Subject: Kleine Ergänzungen für Erdenet
Date: Tue, 5 Oct 2004 11:36:25 +0200

Hallo Hr. Schludecker,

kurz die Antworten,

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Schludecker, Peter [mailto:pschlude@emc.erdnet.mn]
Gesendet: Dienstag, 5. Oktober 2004 09:52
An: Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE
Betreff: Kleine Ergänzungen für Erdenet

Hallo Herr Göbel,

nochmals vielen Dank für die Nachlieferung. Ich habe nun diese Vorschläge etwas aufgearbeitet und auch meistens im Internet Material dazu gefunden.

Nur drei kleine Punkte hätte ich noch:

1)  Zu Network Health finde ich keine Internet Adresse, können Sie mir da (event. mit dem Firmennamen) helfen ?

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]

Fa. Concorde/www.Concorde.com

2) Die Sache mit der ISO Zertifizierung habe ich anscheinend durcheinander ...gebracht. ISO 14000 ist (natürlich) Umweltmanagement.

...ISO 9001 ist Qualitätsmanagement. Was war das nur, was Infraserv ...speziell als Dienstleister gemacht hat ? ISO.......?

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]
ISO 9004 haben wir jedoch nicht

3)  Können Sie mal einen kleinen Hacking-Angriff auf unser Netz hier machen und per Ping die Adresse 175.176.2.1 abfragen! Ich bin mal gespannt, was da passiert! Das ist mit meinem Kunden hier abgesprochen! Könnten Sie das Protokoll ins Mail kopieren ?!

[Goebel, Ulrich, Infraserv-Hoechst/DE]

....komme aus dem ISH-Netz heraus nicht an Ihre 175er Adresse, da nicht nach draußen geroutet wird.

Vor die Firewall zu gehen ist zu aufwendig (... auch mal was nicht ganz so positives)

Sie sehen, Sie werden mich so schnell nicht los! Wenn’s Ihnen zu viel wird, bitte sagen!

Danke im voraus und Grüße
aus dem Land der Mongolen

Ihr

Peter Schludecker

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17:00  Einkaufen, Arbeiten

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Bormann, Dr." <bormann@magicnet.mn>,
"Sabine Schmitt" <s.schmitt@ses-bonn.de>
Subject:  Geld von Erdenet
Date: Tue, 5 Oct 2004 12:13:58 +0200

Hallo Frau Tsering und Herr Bormann,

ich kann Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass ich heute Nachmittag von Erdenet Mining Corporation folgende Beträge in bar ausbezahlt bekommen habe:

US$ 295.- (statt Euro 200.-)
Tukrit 40000 (für Taxi Fahrt)

Ich gehe davon aus, dass parallel dazu auch die SES-Rechnung überwiesen wird.
Was lange währt, wird endlich gut (deutsches Sprichwort)!

MfG

Peter Schludecker

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18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen


Mittwoch, 6.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:40 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

9:00 Uhr:       Projektarbeit (Mails, Internet, Dokumente)

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From: "Thomas Haas" <kraenzler-haas@web.de>
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
Betreff:  Re: Grüße aus Erdenet in der Mongolei

Guten Morgen Schluri,

ich hoffe, du hast gut geschlafen. Leider habe ich erst heute in den Briefkasten geschaut, so dass die Antwort etwas spät erfolgt.

Es freut uns sehr, dass du so viel Spaß an der Aufgabe und nette Kollegen gefunden hast. Das hilft sicher über die eine oder andere Unannehmlichkeit hinweg. Hattest du inzwischen auch die Gelegenheit, Land und Leute etwas kennen zu lernen? Wie war dein Ausflug ins Grüne am vergangenen Wochenende? Du siehst, wir sind einigermaßen informiert.

In Karlsruhe hat es heute 29 Grad Celsius. Bei euch ist inzwischen der Winter eingekehrt. Uns Vieren und auch der Oma geht es gut. Am Wochenende werden wir in Beckstein den 80. Geburtstag von Tante Angela feiern. Aber das weist du ja.

Ich hoffe, du bist nach wie vor wohlauf und landest wieder sicher auf hessischem Boden.

Auf ein baldiges Wiedersehen freuen sich
Gabriel, Sophia, Birgit und ich

Bis dahin alles Liebe

Thomas

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14:00 Uhr:     Elite Lektion 10

15:00 Uhr:     Meeting mit Rinchin

17:15 Uhr:     Fahrt zum Gästehaus

18:00 Uhr:     Einkaufen

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Ulrich Goebel" <ulrich.goebel@infraserv.com>
Subject: nur noch Dank aus Erdenet
Date: Wed, 6 Oct 2004 14:36:33 +0200

Lieber Herr Göbel

jetzt nur noch vielen Dank für auch diese Nachlieferung!

Die Sache mit dem Ping ist nicht so wichtig!

Vorerst wunschlos glücklich

Ihr
"Mongole"

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Rainer Stiehl" <rainer.stiehl@infraserv.com>
Subject: Widerruf und Frage aus Erdenet
Date: Wed, 6 Oct 2004 14:48:00 +0200

Hallo Herr Stiehl,

danke für die freundliche Antwort und Ihre Bemühungen bei Siemens.

Falls sie bzgl. Tetra-System erfolglos sein werden, handelt es sich auch eventuell um ein Missverständnis hier.

Die Sprachbarriere (deutsch, englisch, mongolisch, russisch) ist doch ziemlich hoch hier!

Aber inzwischen ist noch ein anderer Punkt hier aufgetaucht, der zwar nicht (ganz) zu meinem Projektauftrag "Erdenet Intranet" gehört, die Leute hier aber auch brennend interessiert, nämlich VoIP.

Erdenet hat hier ein Netz von alten Hicom-Anlagen und will in Zukunft im LAN Cisco network equipment einsetzen.

Setzen Sie für VoIP HiPath von Siemens ein? Kooperiert das mit CISCO VoIP-Produkten?

Sie sehen, mir fällt schon noch etwas ein!

Ihr
"Mongole"

Peter Schludecker

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Donnerstag, 7.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:40 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

9:00 Uhr:       Projektarbeit (Mails, Internet, Dokumente)

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Thomas und Birgit Haas" <kraenzler-haas@web.de>
Subject: Antwort aus Erdenet
Date: Thu, 7 Oct 2004 05:03:54 +0200

Hallo Thomas, Birgit, Sophia und Gabriel,

danke für das Mail und die freundlichen Grüße aus der Heimat.

Hier die Antwort auf Eure Fragen:

In der Stadt hier (60000 Einwohner) habe ich schon viel von "Land und Leuten" gesehen, besonders auf dem Markt, wo die Leute vom Land ihre Produkte verkaufen. Aber meine Ausflüge haben mich bisher nur auf die einsamen und wunderschönen Berge ringsherum geführt.

Erst am Samstag werden wir (mein mongolischer Partner und ich) einen Ausflug zu einem ca. 150 km entfernten, mitten in der Steppe gelegenen berühmten buddhistischen Kloster machen. Das geht per russischem Jeep mit Fahrer zum Teil querfeldein; ich bin sehr gespannt!

Mir geht es weiter ganz gut, und die Arbeit macht Spaß. Morgen haben wir ein Meeting beim General Director of Erdenet Mining (viel Ehre).

Es grüßt Euch "Viere"
herzlich

Euer
Schluri

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9:35 Uhr:       Meeting mit Rinchin (Summary for General Director)

14:00 Uhr:     Elite Lektion 11 (ISO/OSI Model)

Das für heute Nachmittag hier im Hause geplante Meeting mit dem Herrn Generaldirektor hat nicht stattgefunden.

17:30 Uhr:     Fahrt zum Gästehaus

Ich finde einen Brief von Frau Barentin an der Rezeption, in dem sie mich zu einem Treffen in der Casablanca-Bar bittet; sie hat immer noch kein Geld erhalten und ist sehr unzufrieden. Heute gehe ich nicht hin.

18:00 Uhr:     Einkaufen

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen


Freitag, 8.10.2004

Rinchin ruft an, ich soll so schnell wie möglich kommen, das Meeting mit dem Herrn Generaldirektor soll heute Morgen stattfinden.

8:00 Uhr:       Frühstück

8:20 Uhr:       Fahrt zur Fabrik

8:30 Uhr:       Warten bei Rinchin auf einen Ruf zum Generaldirektor (in der Stadt)

Rinchin bekommt wirklich von der Sekretärin den Herrn Generaldirektor ans Telefon; wir sollen heute um 14:30 Uhr kommen.

9:00 Uhr:       Projektarbeit (Mails, Internet, Dokumente „Report on Results“)

14:10 Uhr:     Fahrt zur Hauptverwaltung in der Stadt

14:30 Uhr:     Treffen mit den Herren Direktor Ganbaatar und Rinchinjugder und Warten im Vorzimmer von Herrn Generaldirektor

14:50 Uhr:     Wöchentliche Sprengung in der Mine

Eine große Rauch- und Schwefelwolke steigt auf.

15:30 Uhr:     Gespräch zu viert bei Herrn Generaldirektor

Ich erläutere dem Herrn Generaldirektor, der sehr gut englisch spricht und sehr freundlich und gut informiert ist, das „Short Summary“ unseres Projektes. Er stimmt mir zu und wünscht sich einen weiteren SES-Einsatz im Bereich „Automatisierungstechnik“.

15:45 Uhr:     Fahrt in die Fabrik

17:10 Uhr:     Fahrt zum Gästehaus

18:00 Uhr:     Einkaufen

18:20 Uhr:     Anruf von Hasi

Ellen ist noch zum Essen da, und Ben sei sehr ungeduldig; er sagt am Telefon „Grüße“.

18:30 Uhr:     Kurzbesuch in der Casablanca-Bar bei Frau Barentin

19:00 Uhr:     Abendessen

Es gibt: Gerolltes Huhn mit Ei, Rindergulasch mit Reis, Crêpe mit Kaviar gefüllt, Törtchen mit roter, grüner und gelber Creme.


Samstag, 9.10.2004

Ausflug zum Amarbayasgalant Khiid

Das ist laut Reiseführer das zweitwichtigste buddhistische Kloster in Mongolia und liegt 100 km von Erdenet entfernt mitten in der Steppe. Der Himmel ist heute bedeckt; es hat etwas über null Grad und weht ein leichter Wind.

Um halb neun holt mich Rinchin mit seinem Fahrer und russischen Jeep im Gästehaus ab; wir laden noch um die Ecke Alexej Kusnezov, seinen russischen Stellvertreter ein. Wir fahren die Hauptstraße in Richtung Darkhan etwa 70 km auf der Teerstraße; das geht durch flache Täler und über 3 mittlere Pässe. Schnaufende und stinkende russische Lastwagen überholen wir viele. An der Grenze zwischen dem Aimag (Bezirk) Orkhon und dem Aimag Selenge steht auf der Passhöhe ein Denkmal und ein sehr großer Ovoo. Es regnet inzwischen leicht; ich ziehe über Pullover und „Bomberjacke“ den Anorak an. Wir steigen aus, umrunden den Ovoo dreimal, legen einen Stein darauf und wünschen uns was (ich das gleiche wie beim ersten Mal).

Beim Dorf Baruunbüren biegen wir ohne ein Zeichen von der Teerstraße steil abwärts ab und nehmen die „mongolische“ Straße zum Kloster; Rinchin kennt den Weg gut. Die Straße geht querfeldein und ist – wir würden sagen – ein schlechter Feldweg mit tiefen Rinnen und Löchern. Der Jeep schüttelt uns heftig durch; man muss sich an den Haltegriffen festhalten um nicht irgendwo im Auto anzudotzen; der Fahrer fährt sicher und geschickt. Die Straße führt wieder über drei Pässe und durch Bäche und flache Schluchten. Immer wieder zweigen ähnliche Straßen ab, aber Rinchin weiß den Weg; er sagt: „Wenn es regnet, haben wir Glück!“

Nach einer Stunde Schütteln und etwa 30 km mongolischer Straße fahren wir am „Ger“ Camp des Klosters vorbei, wo die Touristen zum Übernachten absteigen, und sehen das Kloster in der Ferne im Tal liegen. Es ist ein flacher Komplex mit einem Haupttempel in der Mitte, vielen kleineren Tempeln daneben und einer Mauer darum.

Der Fahrer hält an einem Seitentor; es regnet jetzt etwas heftiger. Ich nehme meinen Rucksack und die Kamera und setze meine Kapuze auf. Wir gehen durch das Tor zu einem runden Steinhaus, aus dem Gemurmel und Singsang tönt.

Drinnen sitzen auf zwei flachen hölzernen Podesten etwas 10 junge Lamas im Alter von etwa 6 bis 15 Jahren und rezitieren aus vor ihnen liegenden Streifenbüchern; nach einer Weile blasen sie ins Horn und schlagen auf Zimbeln und Trommel; dann geht der Singsang weiter. Wir sind in einer (Schul-)Übungsstunde gelandet. Die Lamas tragen das traditionelle rotgelbe Gewand, legen sich aber auf den Plätzen schwere rotgelbe Mäntel um. In der Mitte spendet ein großer Eisenofen spärliche Wärme.

Ein paar Besucher sitzen entlang der Wand auf Bänken, schauen zu und unterhalten sich mit den Lamas; diese kommen und gehen. Man geht im Uhrzeigersinn an der Wand um den Raum und betet an den Büchern, Fahnen und anderen Sachen; dazu legt man die beiden Hände eng aneinander und verneigt sich tief, bis die Stirn den Andachts-Gegenstand berührt. Einige gehen vor jeden einzelnen Lama, verbeugen sich und lassen sich mit den Büchern oder Mützen sanft auf den Kopf schlagen. Die spitzen gelbroten Mützen stehen auf Ständern vor den Bänken der Lamas und werden nur an bestimmten Stellen der Texte aufgesetzt. Irgendwie ist das alles sehr fremd, erinnert aber doch auch an christliche Kirchenbräuche.

Wir gehen auf den großen Haupttempel zu, die Tür steht offen; wir treten ein. Ein Lama schaltet das Licht an, und wir können herumgehen. Er ist voll von Statuen, seidenen Rollbildern, schmalen, in Seide gehüllten Büchern und anderen heiligen Gegenständen. Man geht – wie in allen Tempeln – linksherum, verbeugt sich, berührt alle Dinge und spendet etwas Geld oder anderes; das bringt Segen und Glück. Ich spende in einen Kasten, auf dem in Deutsch steht: „Spenden Sie für die Erhaltung dieses Tempels!“. 

Hinter uns schaltet der Lama das Licht wieder aus und schließt den Tempel ab; dazu ist an der Schwelle ein schwerer Eisenhebel, an dem ein Vorhängeschloss befestigt wird.

Wir gehen um den Haupttempel und drehen die Gebetsmühlen.

Mit einer Besuchergruppe aus kichernden Mongolenmädchen und dem Lama-Führer gehen wir durch bald zehn verschiedene Tempel, überall dieselbe Prozedur: Aufschließen, Verehren, Abschließen. In jeden sind andere Heiligtümer und werden verschiedene Götter verehrt. In einem hängen Bilder von zehn schrecklich aussehenden Gottheiten mit vielen Totenköpfen; auch Hakenkreuze sieht man immer wieder auf Seidenbildern. Rinchin fragt den Lama und erklärt uns die Götterwelt.

In zwei Tempeln wird „Zanabasar“ verehrt, ein Heiliger, Künstler und Schriftgelehrter aus dem 17 Jahrhundert; er ist in einem Stupa (Grabmal) außerhalb des Tempels begraben. An den Wänden hängen Hunderte gleiche Seidenbilder von ihm; in der Mitte steht seine Götterstatue. Unser Lama-Führer gibt jedem von uns aus dem Unterbau des Altars eine Handvoll schwarze Erde; Rinchin sagt, man soll diese beim Bau eines Hauses ins Fundament geben, dann hat man Glück.

Dann schauen wir noch in eine Unterkunft der Lamas; sie schlafen auf dem Boden und haben nur einen Herd, sonst nichts; es ist hässlich und dreckig.

Nass und kalt steigen wir in den Jeep und fahren zum Picknick in ein nahegelegenes wunderschönes Tal. Der Fahrer packt aus: einen winzigen Klapptisch, vier Klappstühle, Tischdecke, Servietten, Tassen, Becher, Besteck, einfach alles. Es gibt Hähnchenschenkel, Wurst und Brot, die er aufschneidet, und dazu Kaffee, Tee, Gurken, Wasser und Kognak aus Moldawien. Ich muss nach mongolischer Sitte drei Becker davon trinken, darf aber selbst bestimmen, wie voll die sind; ich wähle ganz wenig! Es weht ein bitter kalter Wind, der Regen hat aber aufgehört.

Nach einiger Zeit fange ich an zu zittern und gehe in den Jeep, wo es einigermaßen warm ist. Wir machen noch Fotos von uns und der herrlichen Landschaft. Dann fahren wir die Holperstraße zurück; der Fahrer heizt tüchtig ein. Wir fahren plötzlich querfeldein in ein einsames Seitental, und Rinchin lässt den Fahrer sein Gewehr auspacken und eine Plastikflasche auf einen Felsen auf der anderen Seite des Tales stellen. Er schießt mehrmals, trifft aber nicht; Alexej schenkt mir eine aufgefangene Patronenhülse als Souvenir.

Es klart auf und ist strahlend klar; jetzt ist richtiges Fotowetter. Dann ziehen wieder sehr schwarze Wolken auf, das könnte Schnee geben. Mit wechselnden Wolken und Licht kommen wir um vier Uhr wieder nach Erdenet zurück.

Ich gehe gleich unter die Dusche, es gibt fast nur (zu) heißes Wasser.

18: 30 Uhr:    Anruf bei Hasi

Sie fährt um vier mit Ellen zu Tante Angela´s Geburtstag nach Beckstein.

19:00 Uhr      Abendessen

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Mal wieder eine Story aus Erdenet
Date: Sat, 9 Oct 2004 15:12:08 +0200

Hallo Ellen, Mathias, Ben und Hasi,

nach längerer Mailpause - wir haben ja viel telefoniert, und ich habe viel an meinem Bericht geschrieben - nun mal wieder eine Story von meinem heutigen Ausflug per Mail:

Ausflug zum Amarbayasgalant Khiid

Das ist laut Reiseführer das zweitwichtigste buddhistische Kloster in Mongolia und liegt 100 km von Erdenet entfernt mitten in der Steppe. Der Himmel ist heute bedeckt; es hat etwas über null Grad und weht ein leichter Wind.

Um halb neun holt mich Rinchin mit seinem Fahrer und russischen Jeep im Gästehaus ab; wir laden noch um die Ecke Alexej Kusnezov, seinen russischen Stellvertreter ein. Wir fahren die Hauptstraße in Richtung Darkhan etwa 70 km auf der Teerstraße; das geht durch flache Täler und über 3 mittlere Pässe. Schnaufende und stinkende russische Lastwagen überholen wir viele. An der Grenze zwischen dem Aimak (Bezirk) Orkhon und dem Aimag Selenge steht auf der Passhöhe ein Denkmal und ein sehr großer Ovoo. Es regnet inzwischen leicht; ich ziehe über Pullover und "Bomberjacke" noch den Anorak an. Wir steigen aus, umrunden den Ovoo dreimal, legen einen Stein darauf und wünschen uns was (ich das gleiche wie beim ersten Mal).

Beim Dorf Baruunbüren biegen wir ohne ein Zeichen von der Teerstraße steil abwärts ab und nehmen die "mongolische" Straße zum Kloster; Rinchin kennt den Weg gut. Die Straße geht querfeldein und ist - wir würden sagen - ein schlechter Feldweg mit tiefen Rinnen und Löchern. Der Jeep schüttelt uns heftig durch; man muss sich an den Haltegriffen festhalten um nicht irgendwo im Auto anzudotzen; der Fahrer fährt sicher und geschickt. Die Straße führt wieder über drei Pässe und durch Bäche und flache Schluchten. Immer wieder zweigen ähnliche Straßen ab, aber Rinchin weiß den Weg; er sagt: "Wenn es regnet, haben wir Glück!"

Nach einer Stunde Schütteln und etwa 30 km mongolischer Straße fahren wir am "Ger" Camp des Klosters vorbei, wo die Touristen zum Übernachten absteigen, und sehen das Kloster in der Ferne im Tal liegen. Es ist ein flacher Komplex mit einem Haupttempel in der Mitte, vielen kleineren Tempeln daneben und einer Mauer darum.

Der Fahrer hält an einem Seitentor; es regnet jetzt etwas heftiger. Ich nehme meinen Rucksack und die Kamera und setze meine Kapuze auf. Wir gehen durch das Tor zu einem runden Steinhaus, aus dem Gemurmel und Singsang tönt.

Drinnen sitzen auf zwei flachen hölzernen Podesten etwas 10 junge Lamas im Alter von etwa 6 bis 15 Jahren und rezitieren aus vor ihnen liegenden Streifenbüchern; nach einer Weile blasen sie ins Horn und schlagen auf Zimbeln und Trommel; dann geht der Singsang weiter. Wir sind in einer (Schul-)Übungsstunde gelandet. Die Lamas tragen das traditionelle rotgelbe Gewand, legen sich aber auf den Plätzen schwere rotgelbe Mäntel um: In der Mitte spendet ein großer Eisenofen spärliche Wärme.

Ein paar Besucher sitzen entlang der Wand auf Bänken, schauen zu und unterhalten sich mit den Lamas; diese kommen und gehen. Man geht im Uhrzeigersinn an der Wand um den Raum und betet an den Büchern, Fahnen und anderen Sachen; dazu legt man die beiden Hände eng aneinander und verneigt sich tief, bis die Stirn den Andachts-Gegenstand berührt. Einige gehen vor jeden einzelnen Lama, verbeugen sich und lassen sich mit den Büchern oder Mützen sanft auf den Kopf schlagen. Die spitzen gelbroten Mützen stehen auf Ständern vor den Bänken der Lamas und werden nur an bestimmten Stellen der Texte aufgesetzt. Irgendwie ist das alles sehr fremd, erinnert aber doch auch an christliche Kirchenbräuche.

Wir gehen auf den großen Haupttempel zu, die Tür steht offen; wir treten ein. Ein Lama schaltet das Licht an, und wir können herumgehen. Er ist voll von Statuen, seidenen Rollbildern, schmalen, in Seide gehüllten Büchern und anderen heiligen Gegenständen. Man geht - wie in allen Tempeln - linksherum, verbeugt sich, berührt alle Dinge und spendet etwas Geld oder anderes; das bringt Segen und Glück. Ich Spende in einen Kasten, auf dem in Deutsch steht: "Spenden Sie für die Erhaltung dieses Tempels!". Hinter uns schaltet der Lama das Licht wieder aus und schließt den Tempel ab; dazu ist an der Schwelle ein schwerer Eisenhebel, an dem ein Vorhängeschloss befestigt wird. Wir gehen um den Haupttempel und drehen die Gebetsmühlen.

Mit einer Besuchergruppe aus kichernden Mongolenmädchen und dem Lama-Führer gehen wir durch bald zehn verschiedene Tempel, überall dieselbe Prozedur: Aufschließen, Verehren, Abschließen. In jeden sind andere Heiligtümer und werden verschiedene Götter verehrt. In einem hängen Bilder von zehn schrecklich aussehenden Gottheiten mit vielen Totenköpfen; auch Hakenkreuze sieht man immer wieder auf Seidenbildern. Rinchin fragt den Lama und erklärt uns die Götterwelt.

In zwei Tempeln wird "Zanabasar" verehrt, ein Heiliger, Künstler und Schriftgelehrter aus dem 17. Jahrhundert; er ist in einem Stupa (Grabmal) außerhalb des Tempels begraben. An den Wänden hängen Hunderte gleiche Seidenbilder von ihm; in der Mitte steht seine Götterstatue. Unser Lama-Führer gibt jedem von uns aus dem Unterbau des Altars eine Handvoll schwarze Erde; Rinchin sagt, man soll diese beim Bau eines Hauses ins Fundament geben, dann hat man Glück.

Dann schauen wir noch in eine Unterkunft der Lamas; sie schlafen auf dem Boden und haben nur einen Herd, sonst nichts; es ist hässlich und dreckig.

Nass und kalt steigen wir in den Jeep und fahren zum Picknick in ein nahegelegenes wunderschönes Tal. Der Fahrer packt aus: einen winzigen Klapptisch, vier Klappstühle, Tischdecke, Servietten, Tassen, Becher, Besteck, einfach alles. Es gibt Hähnchenschenkel, Wurst und Brot, die er aufschneidet, und dazu Kaffee, Tee, Gurken, Wasser und Kognak aus Moldawien. Ich muss nach mongolischer Sitte drei Becker davon trinken, darf aber selbst bestimmen, wie voll die sind; ich wähle ganz wenig! Es weht ein bitter kalter Wind, der Regen hat aber aufgehört.

Nach einiger Zeit fange ich an zu zittern und gehe in den Jeep, wo es einigermaßen warm ist. Wir machen noch Fotos von uns und der herrlichen Landschaft. Dann fahren wir die Holperstraße zurück; der Fahrer heizt tüchtig ein. Es klart auf und ist strahlend klar; jetzt ist richtiges Fotowetter. Dann ziehen wieder sehr schwarze Wolken auf, das könnte Schnee geben.

Mit wechselnden Wolken und Licht kommen wir um vier Uhr wieder nach Erdenet zurück.

Das ist aber eine lange Geschichte, wie gute Geschichten halt sind!

Herzlich grüßt Euch

Euer
"Mongole" und jetzt auch "Buddhist"

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Sonntag, 10.10.2004

8:30 Uhr:       Frühstück

9:00 Uhr:       Arbeit an „Report on Results“

10:30Uhr:      Spaziergang und Fotos in City und auf Markt

Gleich vor dem Gästehaus frage ich eine sehr alte Frau, die einen wunderschönen blauen „Del“ an- und eine Plastikrose in der Hand hat, ob ich sie fotografieren darf; sie stellt sich sofort in Positur. Nun bin ich mutig geworden und frage gleich daneben im Park eine junge Großmutter, die ihren blinzelnden Enkel auf dem Arm hat und dabei liest; ich darf. Auf dem Markt bin ich halb erfolgreich: junge Frauen lehnen normalerweise ab, alte stimmen zu. Ich fotografiere Stände mit Fleisch, Kohlköpfen, Milchkannen, einen Schuhmacher und einen alten Heulaster.

12:00 Uhr:     Imbiss im Zimmer

13:00 Uhr:     Wanderung auf Berg mit Felsen hinter Krankenhaus, Sonnen hinter Felsen, Abstieg zum Freundschafts-Denkmal

16:00 Uhr:     Museum of Orkhon Aimag, Führung, Museums-Shop

17:00 Uhr:     Arbeit an “Report”

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen

20:00 Uhr:     Arbeit

21:00 Uhr:     Schluss


Montag, 11.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:40 Uhr:       Transfer zur Fabrik

9:00 Uhr:       Arbeit an „Report“

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Ein Ergebnis aus Erdenet
Date: Mon, 11 Oct 2004 01:48:59 +0200

Hallo Ellen,

das ist aber schön, dass Euer Ausflug nach Beckstein so gut geklappt hat. Wie hast Du die Feier dort empfunden, als Spaß oder als "Opfer"?

Was habt Ihr sonst noch am Wochenende gemacht?

Meine vier Wochen gehen jetzt (endlich) langsam dem Ende entgegen, und ich sammle hauptsächlich noch Ergebnisse und trage sie zusammen. Als Kostprobe meiner Arbeit schicke ich Euch im Anhang das "Short Summary" unseres Projektes zur "Vertraulichen Information", wie ich es letzten Freitag dem Herrn Generaldirektor in einer viertelstündigen Besprechung vorgetragen habe. Er schien damit zufrieden zu sein. Der volle "Report on Results" wird etwa 30 Seiten lang sein.

Was sagen die "ehemaligen" Herr und Frau Consultant dazu?

Am gestrigen Sonntag hat wieder die Sonne geschienen, und ich habe einen Fotospaziergang in die Stadt und eine Wanderung auf den Felsenberg hinter unserem Gästehaus unternommen. Dort bin ich - durch den Felsen vor dem Wind geschützt - eine Stunde in der Sonne gesessen. Dann bin ich abgestiegen und habe endlich mal das Museum ge- und besucht. Dort ist alles sehr einfach, aber tolle Sachen: Götterstatuen, Tempelbücher, alte Kleider, Schmuck, ausgestopfte Tiere (ein Kalb mit 2 Köpfen).

Jetzt stürze ich mich in die restliche Arbeit; Rinchin will unbedingt über zukünftige Projekte mit SES reden, aber ich werde mich zurückhalten.

Es grüßt Euch alle
herzlich

Euer
"mongolischer" Vater, Gatte und Großvater

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Dr. PeterSchludecker                                                     Erdenet, October 8, 2004

Erdenet Intranet Project (Phase 1)

Short Summary


1.     Strategic orientation

Be a Top Level Information Technology Operation !

Follow International IT Standards !

Buy and operate Brand name products !


2.     Analysis of actual IT infrastructure

Medium level of Standardization reached for:

PC (Pentium 1 - 4)

Server (Pentium 3 – 4, some old)

Communication system (copper cable, different suppliers, some old)

Problems detected:

Low speed lines between locations and buildings

Slow Internet access, no content filtering

No active system control for network

No defined Service level for user

Security risks detected:

Internet (Hacker, virus)

Mail (virus, spam)


3.     Recommendations for future evolution

Continue Standardization and Replacement for:

PC (Pentium 4)

Server (Pentium 4)

Operating system (MS Windows 2000)

Network equipment (Cisco)

Cabling (Fibre Optic)

Solutions and Products for improvement recommended:

New Mail system (MS Exchange)

Firewall system (Firewall-1)

New general Antivirus (Trendmicro)

Internet content filtering (Websense)

Management system and organization recommended for:

User support (Helpdesk)

Network Management (active Monitoring)

Information security

Strategic network development:

Integration of voice and data network

Voice over IP (VoIP)

Education and Training for Computing and Technological Automation Department professionals:

Basic English language

New IT technologies


4.     Recommendations for Realization projects

4.1            Network cabling and equipment improvement project

4.2            Internet improvement and security project

4.3            Mail improvement and security project

4.4            Security analysis and improvement project

4.5            Server exchange project (Mail, Fax, Remote Access, Proxy)

4.6            PC modernization project (Pentium 4)

4.7            User support and Network Management project

4.8            English language Training project (basic + IT)

4.9            Strategic voice and data integration project

The detailed results of this project are documented in “Report on Results”.

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Bormann, Dr." <bormann@magicnet.mn>
Cc: "Sabine Schmitt" <s.schmitt@ses-bonn.de>
Subject: Neue Projekte bei Erdenet
Date: Mon, 11 Oct 2004 02:56:10 +0200

Lieber Herr Bormann,

meine Zeit bei Erdenet geht langsam dem Ende entgegen, und ich bin heftig dabei, die Ergebnisse zusammen zu tragen und zu einem Ergebnisbericht zusammen zu schreiben.
Heute hatten die Herren Direktor Ganbaatar, Rinchinjugder und ich auch ein Gespräch bei Herrn Generaldirektor Narankhuu, bei dem ich ihm das (vorläufige) Ergebnis vorstellen durfte. Er hat u.a. über eine weitere Projektanforderung an SES zum Thema "Automatisierungstechnik" gesprochen.

Herr Rinchinjugder hat mir nun heute gesagt, dass er nächste Woche mit mir ein Protokoll anfertigen (was, warum?) und über die zukünftige Zusammenarbeit im Bereich IT sprechen will. Ich habe ihm gesagt, dass das letztere nicht meine, sondern Ihre Aufgabe ist. Er will aber trotzdem mit mir darüber reden!

So wäre es ganz gut, wenn Sie, wie am Telefon in Aussicht gestellt, nächste Woche bald hierher kommen könnten! Sonst läuft das hier vielleicht schief.

Auf jeden Fall bitte ich um eine kurzfristige Antwort oder einen Telefonanruf!

Ansonsten ist bei mir Alles in Ordnung.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Schludecker
bei Erdenet Mining Corporation

P.S.: Die Rückfahrt nach Ulaanbaatar ist übrigens für Samstag, den 16.10. mit Jeep und Firmenfahrer geplant; das ist doch akzeptabel?!

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10:00 Uhr:     Besichtigung der großen Produktionshalle (Milling + Flotation + Chemicals (Na2S))

11:00 Uhr:     Meeting mit Rinchin

Rinchin will, dass ich mit oder ohne SES weiter für ihn arbeite. Ich erkläre ihm die Regeln von SES für neue Projekte und dass er sich an Dr. Bormann wenden muss. Ich habe darüber an Bormann ein Mail geschrieben; aber er hat sich noch nicht gemeldet. Ich soll die Arbeit am Mittwoch abschließen, und er will darüber ein Protokoll schreiben, das er, sein Chef und ich unterschreiben.

12:05 Uhr:     Fotos von Projektgruppe vor dem Gebäude

13:00 Uhr:     Mittagsimbiss

14:00 Uhr:     Elite Lektion (network topology)

16:00 Uhr:      kurzes Meeting mit Rinchin (Übergabe „Report on Results, 2nd Draft“)

17:10 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

17:30 Uhr:     Einkaufen

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen


Dienstag, 12.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:40 Uhr:       Transfer zur Fabrik

9:00 Uhr:       Meeting mit Rinchin

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From: "Thomas Haas" <kraenzler-haas@web.de>
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
Subject: Re: Antwort aus Erdenet

Hallo Schluri,

habe gerade Nachtdienst (3.20 h) und finde dies eine gute Gelegenheit, Dir ein paar Zeilen zu mailen.

Es freut mich, dass Dir die Arbeit gefällt. Ansonsten, habe ich von Trudel gehört, dass das Leben eher etwas trist ist. Wie war Dein Ausflug zu dem buddhistischen Kloster? Hast Du Dich auch schön warm angezogen. Aber bei uns ist es mittlerweile auch so richtig Herbst geworden. Es regnet sehr viel und die Tagestemperaturen klettern selten über 12 Grad!

Am Wochenende waren wir beim "Haasen"-Treff in Beckstein. Es war sehr interessant für mich (auch für Ellen) mal die Namen (die man schon öfters gehört hat) endlich mit den Gesichtern in Verbindung zu bringen. Trudel und Ellen sind so gegen 22.30 h gefahren. Wir haben (schon wegen Oma) noch tapfer bis 24.00 h ausgeharrt und noch Tante Angela zum Geburtstag gratuliert. So gegen 2.30 h waren dann auch wir zu Hause.

Also, ich mach mal wieder Schluss und arbeite was.

Alles Gute noch für die letzte Woche und eine reibungslose Heimreise.

Liebe Grüße
Birgit

P.S. Grüße natürlich auch vom Rest der Family

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Bormann, Dr." <bormann@magicnet.mn>
Subject: Fw: Neue Projekte bei Erdenet, Bitte um Anruf !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Date: Tue, 12 Oct 2004 04:23:19 +0200

Bitte rufen Sie mich heute, Dienstag 12.10.2004 um 16 Uhr unter der Nummer 1352-71815 hier im Büro an!!!!!!!

P. Schludecker

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13:00 Uhr:     Fahrt auf die Mine mit Roma von AtlasCopco zu Björn und Lennard, Fotos

14:00 Uhr:     Elite Lektion

15:00 Uhr:     Arbeit an „Report on Results“

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Subject: Re: Ein Ergebnis aus Erdenet
From: MDollak@t-online.de (Mathias Dollak)
To: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
Date: 12 Oct 2004 12:23 GMT

Hallo Papa,

jetzt habe ich endlich einmal wieder in die Mails geschaut und Deinen Bericht vom Kloster gelesen - vielleicht solltest Du Deine Reiseberichte veröffentlichen?!

Am Sonntag kommst Du nach Hause und wir freuen uns schon sehr. Ich bin sehr gespannt, wie Ben reagieren wird, wenn er seinen Opa nach so langer Zeit wieder sieht.

In Beckstein war es ganz nett - vor allem weil Thomas und Birgit mit den Kindern da waren. Ohne Anhang konnte ich mal wieder richtig lange unterhalten. Da Birgit von der Verwandtschaft auch kaum jemanden kennt, war das echt nett. Insofern war es kein Opfer, aber unbedingt gebraucht hätte ich es auch nicht. Mama hat es gut gefallen, und das war ja auch der Sinn der Sache.

Am Sonntag waren wir in Hattersheim bei den Tieren und nachmittags in Hofheim auf dem Spielplatz - es war ganz schön kalt.

Habe ich Dir eigentlich erzählt, dass wir für den Rechner einen neuen Flachbildschirm haben - endlich kann man auf dem Bildschirm die ganzen Seiten sehen.

Viele Grüße,

Ellen und Ben

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17:10 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

17:30 Uhr:     Einkaufen

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen


Mittwoch, 13.10.2004

Von Eimern, Tüten und Schachteln

Mülleimer und andere Plastikeimer sind hier anscheinend unbekannt. Der Müll liegt vor der Stadt herum oder wird offen verbrannt. Zum Putzen haben die Frauen in der Fabrik oder im Gästehaus Blecheimer und Schrubber aus Holz ohne Borsten; der Putzlappen hat in der Mitte ein Loch und wird über den Stiehl heruntergezogen. Das Putzwasser ist in der Fabrik fast immer schwarz; aber es wird jeden Tag nass geputzt.

Einkaufstaschen oder Rucksäcke sind anscheinend auch unbekannt; nur Touristen oder andere Ausländer tragen sie. Man bekommt die gekauften Waren in einer sauberen oder staubigen Plastiktüte, natürlich ohne Werbung drauf, und schleppt dann ein Bündel Tüten heim. Es gibt allerdings ein paar reiche Bosse – wie mein Rinchin -, die schicke schwarze Bürotaschen mit schicken Aufschriften haben.

Das beliebteste Transportmittel ist aber der Pappkarton, er ist für fast alles verwendbar. Ursprünglich stammt er von den importierten Waren (Bananen, Kiwis, Shampoo, Seife u.v.m.) und ist natürlich mit Werbung bedruckt. Dann wird er verwendet für die einheimischen Waren (Kartoffeln, Kohlköpfe, Rüben etc.), die die Frauen aus dem Umland auf dem Dach der Massentaxis zum Markt in die Stadt bringen. Er dient aber auch – auf die passende Größe zurechtgeschnitten – als Kasse an den Marktständen mit dicken Geldbündeln drin oder als Tisch für die Telefonfrauen auf der Straße. Die haben eine offene Schachtel umhängen, in der sich das schnurlose Telefon, ein Notizblock für die Abrechnung und das Geldbündel befinden, und verkaufen Telefonminuten an Passanten.
Die praktischste Verwendung für eine Pappschachtel habe ich hier im Gästehaus gesehen. Der Hausmeister fegt den Vorplatz mit einem Reisigbesen und schaufelt den Dreck in einen Karton, der aber – wie meistens – unten in der Mitte ein Loch hat. So wird der Dreck auf der Straße nicht all!

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Noch eine Story aus Erdenet
Date: Wed, 13 Oct 2004 01:47:08 +0200

Hallo Ellen,

es freut mich, dass Du mir weiter berichtest und Dir meine Geschichten gefallen; sie stammen meistens aus meinem Tagebuch. Ob sie sich zur Veröffentlichung eignen, da habe ich so meine Zweifel!

Vielleicht sollte ich Dir mal mein Reisetagebuch aus Namibia zum Lesen geben; da habe ich laufend geschrieben!?

Ich freue mich furchtbar auf die Heimkehr und Euch in die Arme schließen zu können!!!!!
Und ich bin furchtbar gespannt, wie Ben reagiert (abwendend, verschmitzt, erfreut?).

Das ist schön, dass das in Beckstein für Dich nicht so langweilig war!

Ich verbringe meine letzten Arbeitstage (Mo - Do) mit Zusammenschreiben und Abstimmen; Rinchin hat meinem 28-seitigen Text mit 9 Anlagen weitgehend zugestimmt, und ich mache jetzt einem schönen Hefter und eine CD mit allen Dokumenten für ihn fertig.

Vorgestern war ich noch zur Besichtigung in einem Teil der Erzverarbeitung, der Flotation, wo es am finstersten ist, und gestern oben auf dem "Dach" der Mine, wo man tief in das "Loch" hinunterschaut und wo meine schwedischen Freunde hunderte von Löchern bohren, die - wie jede Woche - am Freitag um 14:50 Uhr gesprengt werden.

Du siehst also, ich mache jetzt etwas gemächlicher mit der Arbeit! Für Freitag habe ich mir frei genommen, und am Samstag geht es mit dem russischen Jeep und Fahrer nach Ulaanbaatar.

Jetzt bin ich um sechs aufgestanden, weil ich doch nicht länger schlafen kann, und habe das geschrieben.

Herzlichen Gruß und einen Kuss für Ben
von Eurem "mongolischen Schriftsteller"

Opa und Papa

P.s.: Jetzt kommt aber die neueste Geschichte

Von Eimern, Tüten und Schachteln

Mülleimer und andere Plastikeimer sind hier anscheinend unbekannt. Der Müll liegt vor der Stadt herum oder wird offen verbrannt. Zum Putzen haben die Frauen in der Fabrik oder im Gästehaus Blecheimer und Schrubber aus Holz ohne Borsten; der Putzlappen hat in der Mitte ein Loch und wird über den Stiehl heruntergezogen. Das Putzwasser ist in der Fabrik fast immer schwarz; aber es wird jeden Tag nass geputzt.

Einkaufstaschen oder Rucksäcke sind anscheinend auch unbekannt; nur Touristen oder andere Ausländer tragen sie. Man bekommt die gekauften Waren in einer sauberen oder staubigen Plastiktüte, natürlich ohne Werbung drauf, und schleppt dann ein Bündel Tüten heim. Es gibt allerdings ein paar reiche Bosse - wie mein Rinchin -, die schicke schwarze Bürotaschen mit schicken Aufschriften haben.

Das beliebteste Transportmittel ist aber der Pappkarton, er ist für fast alles verwendbar. Ursprünglich stammt er von den importierten Waren (Bananen, Kiwis, Shampoo, Seife u.v.m.) und ist natürlich mit Werbung bedruckt. Dann wird er verwendet für die einheimischen Waren (Kartoffeln, Kohlköpfe, Rüben etc.), die die Frauen aus dem Umland auf dem Dach der Massentaxis zum Markt in die Stadt bringen. Er dient aber auch - auf die passende Größe zurechtgeschnitten - als Kasse an den Marktständen mit dicken Geldbündeln drin oder als Tisch für die Telefonfrauen auf der Straße. Die haben eine offene Schachtel umhängen, in der sich das schnurlose Telefon, ein Notizblock für die Abrechnung und das Geldbündel befinden, und verkaufen Telefonminuten an Passanten.

Die praktischste Verwendung für eine Pappschachtel habe ich hier im Gästehaus gesehen. Der Hausmeister fegt den Vorplatz mit einem Reisigbesen und schaufelt den Dreck in einen Karton, der aber - wie meistens - unten in der Mitte ein Loch hat. So wird der Dreck auf der Straße nicht all!

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8:00 Uhr:       Frühstück

8:40 Uhr:       Transfer zur Fabrik

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Sabine Schmitt" <s.schmitt@ses-bonn.de>
Subject: Fw: Neue Projekte bei Erdenet, Bitte um Anruf !!!!!!!!!!!!!!!!!!
Date: Wed, 13 Oct 2004 05:02:05 +0200

Hallo, Frau Schmitt oder Frau Tsering,

leider muss ich mich wieder direkt an Sie wenden. Herr Bormann hat auf meine beiden Mails von gestern und vorgestern nicht (für mich sichtbar) reagiert. Ist er nicht im Büro?

So muss ich wohl das Gespräch über weitere Projekte für SES mit Erdenet bleiben lassen. Das tut mir für beide Seiten leid!

Sonst Alles okay

MfG

P. Schludecker
aus Erdenet

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Subject: Re: Fw: Neue Projekte bei Erdenet, Bitte um Anruf !!!!!!!!!!!!!!!!
To: pschlude@emc.erdnet.mn
Cc: bormann@magicnet.mn
Date: 13 Oct 2004 05:25:34 Uhr

Sehr geehrter Herr Schludecker,

Dr. Bormann ist zur Zeit auf dem Lande unterwegs und wird sich zu gegebener Zeit bei Ihnen melden.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Schmitt
Projektleiterin Asien

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15:00 Uhr:     Präsentation von Siemens über Tetra-System

17:30 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

18:00 Uhr:     Einkaufen

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Warten auf Kollegen, Abendessen im Gästehaus


Donnerstag, 14.10.2004

8:00    Frühstück

8:20    Transfer zur Fabrik

8:30    Meeting mit Rinchin (letzter Check von „Report on Results“, okay)

9:00    CD-Brennen bei Sergej, Geschenk eines USB-Moduls

14:00  Meeting mit Rinchin (Übergabe der CD mit „Report on Results“)

15:00  Meeting mit Direktor Ganbaatar (kurzer Bericht, Unterschrift von „Act“ und „Protocol“)

15.30   Meeting mit Rinchin

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From: "Schludecker, Peter" <pschlude@emc.erdnet.mn>
To: "Mathias und Ellen Dollak" <mdollak@t-online.de>
Subject: Vielleicht letzte Mail aus Erdenet
Date: Thu, 14 Oct 2004 09:52:24 +0200

Hallo Ellen,

dies ist wahrscheinlich meine letzte Mail von hier. Ich habe heute meine Arbeit abgeschlossen und die Ergebnisse in Papier- und CD-Form abgegeben. Wir hatten gerade ein Abschlussgespräch beim Herrn Direktor Ganbaatar, Rinchins Chef, er war erfreut und hat gedankt.

Morgen Freitag früh werde ich freihaben, um Geld zu tauschen, meine Rechnung im Gästehaus zu zahlen (160.000 Tukrit, ungefähr 130 US$) und zu packen (soweit das geht).

Nachmittags fahren wir dann hier in der Fabrik um 14:50 Uhr zum Dispatcher der Mine, um der wöchentlichen Explosion zuzuschauen. Dann ist um 17:00 ein Dinner mit dem Kollegen beim Herrn Direktor. Und dann bin ich entlassen!

Ich hoffe nur, dass das mit dem Auto-Transfer am Samstag nach Ulaanbaatar genauso klappt, wie alles andere bisher.

Meinen Flug für Sonntag um 8:30 habe ich schon bestätigen lassen. Da muss ich früh aufstehen!

Also heute keine Story mehr aus Erdenet, alle restlichen Stories dann zu Hause, oh herrlich!

Herzlichst
Dein

Papa

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17.10   Uhr:    Transfer zum Gästehaus

18:30 Uhr:     Anruf von Hasi

19:00 Uhr:     Abendessen in der Dschingis Bar

20:00 Uhr:     Spaziergang durch die „dunkle“ Stadt


Freitag, 15.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:30 Uhr:       Packen

9:00 Uhr:       Einkaufen

10:00 Uhr:     Geld tauschen, Stadtbummel

13:30 Uhr:     Transfer zur Fabrik

14:00 Uhr:     Fahrt auf den Gipfel der Mine

14:50 Uhr:     Sprengung

15:30 Uhr:     Verabschiedung

17:00 Uhr:     Abschieds-Dinner mit Direktor Ganbaatar, Rinchin, Dr. Delgerbat, Alexej, Sergej, Lhagva

18:30 Uhr:     Transfer zum Gästehaus

19:00 Uhr:     Anruf bei Hasi


Samstag, 16.10.2004

8:00 Uhr:       Frühstück

8:30 Uhr:       Verabschiedung von Rinchin und Delgerbat

8:45 Uhr:       Fahrt mit russischem Jeep: Erdenet – Dharkan – Ulaanbaatar

14:15 Uhr:     Ankunft im Dream Hotel, Ulaanbaatar

14:30 Uhr:     Anruf bei Dr. Bormann

14:40 Uhr:     Fahrt zum Gandantegchinlen Khiid (Kloster), Besichtigung

17:00 Uhr:     Treffen mit Dr. Bormann, Café Frau Sachers

18:00 Uhr:     Spaziergang zum State Department Store, Besuch

Ein Straßenjunge macht mir den Reißverschluss am Rucksack auf, und ein anderer bettelt heftig.

18:30 Uhr:     Anruf bei Hasi;

Peace Avenue – Sükhbaatar Square – Restaurant Serikon, Abendessen

20:00 Uhr:     Hotel


Sonntag, 17.10.2004

5:00 Uhr:       Aufstehen

6:00 Uhr:       Fahrt mit Aldar und Freund zum Flughafen, Zoll, Check-in, Übergewicht

8:30 Uhr:       Flug Ulaanbaatar – Moskau, Aussteigen, Anruf bei Hasi, Flug Moskau – Berlin, Ankunft 12:15 Uhr

16:00 Uhr:     Flug Berlin – Frankfurt, Ankunft 17:05

Am Gate stehen Hasi, Ellen, Mathias und Ben und erwarten mich. Wir drücken uns, und Ben ist gar nicht fremd, sondern erfreut und will sofort meinen „Opa Koffer“ ziehen. Wir holen die anderen Koffer vom Band, Mathias fährt uns heim, und wir plauschen noch etwas bei uns.

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Rundreise Namibia 20.3. – 5.4.2003


(geschrieben am 22.3. morgens im Hotel)

Donnerstag, 20.3.2003

Hasi fährt mich abends um halb neun zum Flughafen Frankfurt. Wir laden aus und drücken uns vor der Halle. Hasi sagt: „Gell, denk´ an uns beide!“, ich: „Ja, da hab´ ich die wenigsten Bedenken!“.

Ich checke bei Air Namibia in Halle B, Schalter 673 ein; es gibt ein Problem mit meinem Gepäck, dem blauen Samsonite-Koffer und der blauen Time-Tasche. Sie wiegen zusammen 31,5 kg, 27 kg wären okay (20 kg Gepäck + 7 kg Handgepäck). Ich bettle die beiden Damen etwas an; besonders die Tasche mit 10 kg im Gepäckfach über dem Kopf geht nicht! Ich soll von der Tasche in den Koffer umpacken, der Koffer mit Übergewicht ist kein Problem. Ich lege den Koffer auf einen großen Blechtisch und tue hinein: Teleobjektiv und Badeschlappen. Die Wasserflasche lege ich offen in den Transportwagen. Ich gehe an einen anderen Schalter: so geht´s okay. Ich packe die Flasche wieder in die Tasche.

Ich fahre einen Stock tiefer zur Ankunft und kaufe bei der Reisebank auf EC-Karte für Euro 300,- American Express Reiseschecks zu Euro 308,-. Ich wandere zum Gate B 42 und schaue auf CNN die neuesten Meldungen vom Irak-Krieg. Die Amerikaner zerstören durch gezielte Schläge mit Raketen und Laser-Bomben Regierungs- und Militäreinrichtungen. Unbemannte Kameras auf Hochhäusern in Bagdad zeigen Live die Einschläge.

Pünktlich um 22.15 Uhr ist Boarding in den Jumbo Jet der Air Namibia; ich nehme den Platz G 40 am Gang ein. Der Platz neben mir ist frei; am Fenster sitzt eine Dame aus Innsbruck, die auch unsere Reise macht. Die Hälfte der Plätze bleibt leer; die Leute verbreiten sich auf 2 – 3 Plätze. Wir starten mit leichter Verzögerung, sollen aber pünktlich ankommen (Flugzeit 9 h 20 min).

Es gibt ein kleines Abendessen und die ganze Nacht lang Getränke.


Freitag, 21.3.2003

So ab eins mache ich es mir halbwegs auf zwei Plätzen bequem und schließe die Augen; Schlaf will sich aber nicht einstellen. Ich lese ein paar Seiten in Marcel Proust: „Sodom und Gomorra“, aber das will der Kopf nicht mehr verarbeiten. Ich döse, trinke Wasser und gehe spazieren. Die Leute ringsum schlafen mehr oder weniger; die Nacht ist endlos.

(geschrieben am 22.3. mittags im Bus)

Um fünf wird es langsam hell; durch einen schmalen Fensterspalt geht die Sonne auf. Um sieben gibt es Frühstück, um acht überfliegen wir die Grenze nach Namibia, sichtbar durch einen langen Zaun. Wir sehen die Etosha-Pfanne und landen um 8.45 Uhr in Windhoek. Wir steigen auf dem Flugfeld aus dem Jumbo; es hat ca. 25 Grad, Sonnenschein und einen trockenen Wind, sehr angenehm!

Wir gehen durch die Paßkontrolle, manche warten eine Stunde. Ich bin schnell durch, hole meinen Koffer vom Band und tausche 100,- Euro in 841 Namibia Dollar. Da Studiosus noch nicht sichtbar ist, versuche ich per Handy zu Hause anzurufen; es geht mehrmals nicht. Ich kaufe eine Telefonkarte zu 20 $, rufe Hasi von einem öffentlichen Apparat vor dem Gebäude an und berichte von meiner schlaflosen Nacht und guten Ankunft.

Nach und nach treffen die anderen Studiosus-Teilnehmer, unser Reiseleiter Peter Kowacz und unser Fahrer Ewald, ein Herero, ein. Wir beladen und besteigen den Bus der SWA-Tours, grün und alt und vertrauenserweckend. Wir fahren los Richtung Windhoek, 45 km entfernt; die Straßen sind gut und leer; es ist Feiertag, der 13th Independence Day.

Da die Hotelzimmer noch nicht fertig sind, machen wir gleich die Stadtrundfahrt: Wir kommen durch vornehme Stadtviertel, Häuser mit Garten und Nato- oder Elektrozaun, am Botanischen Garten vorbei auf dem Sam Nujoma Drive zur Christuskirche, wo wir einen Fotostop machen. Ich knipse das Reiter-Denkmal, die Alte Feste und den Tintenpalast, das Gebäude der Nationalversammlung. Weiter fahren wir am Curt von Francois-Denkmal vorbei durch die Independence Avenue mit geschlossenen Geschäften und alten Häusern zum Alten Bahnhof (Windhoek Station) zum Fotostop. Ich fotografiere die alten Loks des Transnamib Museums, den Bahnhof und ein Denkmal für einen Häuptling mit Palmen und Elektrozaun.

Zuletzt machen wir eine große Rundfahrt durch das Schwarzen-Viertel Katutura („Hier wohnt man nicht“). Es ist sauber und gepflegt, riesig und mit guter Infrastruktur. Die alten Teile sind eher Slums, die neuen mit hübschen Häuschen, die neuesten mit Blechhütten, alles durch Gitter und Draht gesichert. Wasser und Abwasserleitungen gibt es überall kostenlos; Strom muß mit Karten (ähnlich Telefonkarten) vorausbezahlt werden. Am Tage gehen keine Weißen, nachts auch keine Schwarzen hier spazieren. An einer Straßenkreuzung steht eine Menschenmenge um zwei Autos. „Da liegt wahrscheinlich ein Toter, da darf nichts bewegt werden.“ sagt unser Führer. Wir machen einen Bogen um diese Kreuzung.

Jetzt fahren wir zu unserem Safari Court Hotel am Eros-Flughafen, checken ein und warten im Zimmer auf den Koffer; um zwei gehe ich ins benachbarte Safari Hotel zum Mittagessen, ein reichhaltiges Buffet, und trinke ein einheimisches Bier für 9 $ (ca. 1 Euro). Ich packe kurz aus, gehe dann an den Swimming-Pool und lege mich unter eine Palme, ganz schön müde. Ich schwimme im ca. 20 Grad kalten/warmen Pool, creme mich mit 12er Sonnencreme ein und trinke das Rosbacher Wasser leer. Um sechs gehe ich aufs Zimmer, dusche und ziehe frische Sachen an. Um sieben gibt es Abendessen, ein Buffet im Hotel-Restaurant. Ich sitze bei einem netten Ehepaar und einem 80jährigen Greis. Um halb neun rufe ich Hasi an, jetzt geht das Handy, und berichte. Um halb zehn nehme ich eine Oxazepam und hoffe zu schlafen.


Samstag, 22.3.2003

Um zwei wache ich auf, habe Kopfweh und nehme ein Zäpfchen. Um sechs wache ich wieder auf und bin einsatzfähig; ich mache Toilette, packe um und gehe um sieben zum Frühstück, einem großen Buffet. Ich treffe eine Dame aus unserer Namibia-Vorlesung, die eine Rundfahrt mit DER macht. Um halb neun müssen wir den Koffer in den Gang vor die Tür stellen, um neun fahren wir ab. Ewald muß noch seinen Führerschein im SWA-Headquarter holen; alle deren zehn Busse sind unterwegs.

Wir fahren nochmals am Hotel vorbei und Richtung Rehoboth; links die Auas-Berge, ringsum Gebirge, in der Mitte Dornbusch-Savanne. Die einspurige Bahnstrecke, Telefon- und Stromleitungen führen parallel zur Straße nach Süden. Die Strecke bis Rehoboth wird verbreitert, Frauen mit roten Fahnen regeln den Einbahnverkehr. Die Gegend wird flacher, der Bewuchs karger; ringsum sind Rinderfarmen von 5000 – 6000 ha Fläche, 20 ha pro Rind. In Rehoboth machen wir Pinkelpause an der BP-Tankstelle; die Häuser der Rehobother Buster sind solide, mehr oder weniger groß und bunt. Viele sind Baumeister in Windhoek und zweigen sich dort auf den Baustellen ihr Baumaterial ab. An der Stoßstange unseres Busses ist eine tote Nonnenlerche eingeklemmt.

Hier gibt es zwei Arten von Viehzäunen: niedrige mit 1,2 m, über und unter denen das Wild passieren kann, und hohe mit 2,2 m, die das Wild einsperren. Die Rinderfarmen werden durch Ziegen- und Schafhaltung abgelöst, das Land wird flacher und karger. Wir machen einen Fotostop am Wendekreis des Steinbocks (Tropic of Capricorne); die Sonne sticht vom Himmel; es mag 25 Grad haben; ich habe noch nicht geschwitzt. Wir haben im Bus ein Fenster vorne auf und die Belüftung durch Düsen von oben. Die Straße ist leer, sauber und gepflegt. Der Ort Kalkrand besteht nur aus wenigen armseligen Hütten; im Osten sehen wir die ersten Dünen der Kalahari.

Es ist gerade 12 Uhr, und ich habe mit dem Tagebuch die Fahrt eingeholt.

Auf der rechten Seite ahnt man den Hardap-Damm, von dem aus Felder bewässert werden; auf kreisförmigen Flächen mit umlaufenden Bewässerungsanlagen wird Mais angebaut. Im Hochsicherheitsgefängnis werden die schlimmsten Kriminellen festgehalten. Kurz vor Mariental machen wir einen Super-Kurz-Stop an einer Straußenfarm.

Mariental ist ein kleines Städtchen, wo wir zu Mittag essen im Hotel Mariental. Es ist wie eine Wild-West-Stadt gebaut, die Eisenbahn auf der einen, die Geschäfte auf der anderen Seite der überbreiten, sehr leeren Straße. Das Hotel ist klein, hübsch und mit Klimaanlage ausgestattet; draußen hat es inzwischen ca. 30 Grad. Das Essen sieht aus wie bei Muttern, nur daß es Gemsbock gibt. Danach mache ich mit einem Paar einen kurzen Spaziergang auf der Hauptstraße; ein junger Mann bettelt uns heftig, aber freundlich um einen Dollar an. Die Sonne sticht vom Himmel, so daß wir schnell unter den Baum und in den Bus flüchten.

Laut unserem Führer kommt jetzt die langweilige Strecke, wo man schlafen kann. Wir fahren 100 km lang entlang der Stufe der Weißrandberge; die Bahnlinie und in 50 m Entfernung die Straße ziehen weit durch große Riviere, die bei extremem Regenfall große Seeflächen bilden; jetzt sind sie trocken, steinig mit wenigen Büschen und Sträuchern. Alle paar Minuten kommt uns ein großer Laster mit Waren aus Südafrika entgegen. Eine Windhose reißt gelbroten Staub in die Höhe.

Das Land hier ist Nama-Land, Stammesland der Namas; es ist – außer an der Straße – nicht eingezäunt und kann von allen genutzt werden. Ein Windrad mit Wasserpumpe versorgt mehrere Höfe, die aus Blechhütten bestehen und Schafe, Ziegen und Esel halten. Rechts in der Ferne liegt der Brukkaros („Lederhose“), ein alter Vulkanschlot; an der Straße liegen Reste von Lkw-Reifen. Wir kreuzen das Asab Rivier, das nur noch eine Pfütze ist. Um drei machen wir einen kurzen Stop mitten in der Pampa, kein Baum und Strauch als Deckung zum Pinkeln in der Nähe.Das Land ist etwas hügeliger, graubraun und mit vereinzelten grünen Bäumen und Sträuchern in den Rivieren.

In der kleinen Stadt Tseb abseits der Straße haben die Missionare an einer Quelle Palmen angepflanzt und eine Kirche gebaut. Am Straßenrand liegt ein Skelett – Pferd oder Esel – vermutlich verhungert.

Kurz vor Keetmanshoop kommen mehr Steine, Felsen und Hügel und die ersten Köcherbäume in Sicht. Wir halten um Viertel nach vier bei einem von einem Farmer betriebenen Rastplatz mit Köcherbaumwald und dürfen bis fünf darin herumgehen. Ich knipse einen halben Film mit Bäumen, „Lego“-Steinen, Früchten und einem Webervogel-Nest; eine Dame fotografiert mich. Unter einem Blechdach sind Scheiben von Köcherbäumen aufgehängt. In der Ferne sehen wir die Kleinen und Großen Karasberge. Um halb sechs kommen wir im Canyon Hotel in Keetmanshoop an; nach einem Begrüßungscocktail bekomme ich das Zimmer 18, groß, komfortabel, sauber und ruhig.

(geschrieben am 22.3. abends im Bett)

Nach dem Duschen packe ich um und gehe um sieben zum Abendessen auf der Terrasse; ich esse Strauß-Gulasch, wieder sehr häuslich. Um halb neun rufe ich Hasi an und berichte; nach CNN-Nachrichten über den Irak-Krieg gehe ich um zehn schlafen und stelle den Wecker auf sechs.


Sonntag, 23.3.2003

(geschrieben am 23.3. morgens bei Abfahrt im Bus)

Ich habe kaum geschlafen und bin um halb sechs aufgestanden; ich habe gepackt und gefrühstückt; Punkt sieben fahren wir ab; die Sonne geht gerade auf. Es hat ungefähr 15 Grad; ich habe Shorts und Pullover an. Richtung Seeheim fahren wir an den Giraffenbergen vorbei, verwitterte Basalte mit senkrechten schwarzen Streifen. Über einer topfebenen Fläche stehen rechts und links vereinzelte kahle graubraune Tafelberge; einzelne Büschel trockenen Grases, trockene Büsche und wenige große Köcherbäume bilden die Vegetation. Einige flache Wolken und die tiefstehende Sonne bilden ein herrliches Schattenspiel.

Kurz vor Seeheim biegen wir ab auf die Schotterstraße zum Naute-Damm; sie ist sehr gut, fast wie Asphalt. Am Damm fahren wir auf den Aussichtspunkt der Namwater und schauen den See von oben an; es pfeift ein steifer, kalter Wind. Im See leben auf Inseln, die mit Guano bedeckt sind, Pelikane und Kormorane. Der Staudamm spannt sich vom einem zum anderen braunen Hügel. Unterhalb werden auf bewässerten Feldern Datteln, Reben und Zitrusfrüchte angebaut. In den Dattelpalmen hängen die Früchte in schwarzen Säcken, um sie vor den Vögeln zu schützen. Der Rebenhain ist als Windschutz von einem Kranz von hohen Kiefern umgeben. Draußen wachsen viele Wolfsmilchbüsche (Euphorbia), die sehr giftig sind; am Zaun entlang rennt ein wilder Strauß; eine Herde aus Springböcken flüchtet. Die Tafelberge auf der linken Seite sind die Kleinen Karasberge; über ihnen hängen große graue Wolkenbänke. Auf den Telegrafenmasten haben Siedelweber-Vögel große Nester zwischen den Drähten gebaut.

Wir fahren durch das Hoolog Rivier, das manchmal gesperrt ist, wenn es „abkommt“; das kann im März / April abends passieren. Alle 5 – 10 Minuten kommt uns ein Pkw in einer großen Staubwolke entgegen; Ewald brettert mit 60 bis 80 km/h durch. Heute halten wir wegen eines Herrn an einem Busch; eine Ludwigs-Trappe fliegt auf. Weit vor Grünau biegen wir in Richtung Fish River Canyon ab.

In Canyon-Nähe hat ein Konsortium 11 Farmen mit 1100 Quadratkilometern gekauft, legt die Zäune nieder und einen Naturpark an. Das Wild, das die Farmer abgeschossen haben, soll sich erholen. Sie haben das Canyon Roadhouse und die Canyon Lodge gebaut und wollen eine Luxus-Lodge hinzufügen. Am Canyon Roadhouse vorbei fahren wir zur Station Hobas. Peter zahlt den Eintritt in den Nationalpark, und wir laden den Kaffee ab. Ein Glanzstar mit Jungen und eine blühende Agave ziehen die Fotografen an. Das Thermometer an der Station zeigt 8 Grad; jetzt sind noch 10 km bis zum Canyon. Wir fahren weiter über eine Fläche aus schwarzem Kalkstein, wie verbrannte Erde.

Wir parken am Haupt-Aussichtspunkt und schauen hinunter; dann wandern wir am Canyon-Rand entlang zum Hiker´s Point, wo Ellen und Mathias hinuntergestiegen sind. Glanzstare und Bergstare betteln um Futter und sitzen auf den Strohdächern. Peter erklärt Versteinerungen, die aus Algenkugeln entstanden sind. Eine Agame sonnt sich auf einem Stein; kleine Blumen blühen zwischen den Spalten, Peter kennt nur den gelben Morgenstern. Wir machen gegenseitig viele Fotos; am Canyon-Rand steht ein einzelner Köcherbaum; daneben wächst viel Geldbusch. Auf der Rückfahrt machen wir noch einen Stop bei Hobas. Hier wächst viel Euphorbia damarana, ein Busch nur aus trockenen Stengeln. Wir kommen auf die Gondwana Land Farm und biegen ab zur Canyon Lodge.

(geschrieben am 23.3. um fünf Uhr vor meiner Hütte)

Diese liegt phantastisch in einer Formation von rotbraunen runden Felsbrocken. Das Haupthaus ist eine alte Farm mit Kakteengarten und Maschinenmuseum. Die Hütten (ca. 30) sind einfach, aus Bruchsteinen gemauert und mit Stroh gedeckt; sie schmiegen sich direkt an und in die Felsen. Darin steht ein Doppelbett mit Baldachin aus Moskitonetz; eine Badeecke mit WC und Dusche ist abgemauert. Vor der Hütte ist eine Terrasse mit Steintisch; betonierte, mit Steinplatten belegte Wege verbinden die Hütten mit dem Haupthaus.

Wir werden begrüßt, erhalten unsere Schlüssel mit Taschenlampe daran und werden mit Koffern zu den Hütten gebracht; ich habe die Nummer 17. Dann gehen wir um ein Uhr zum Mittagessen ins Haupthaus; es brennen zwei Kaminfeuer, zum Glück habe ich schnell eine lange Hose angezogen. Ich esse Kudu und Salate vom Buffet.

Den Nachmittag haben wir frei; es ist starke Sonne, starker Wind und ca. 20 Grad.Ich gehe zum Schwimmbad, das 200 m vom Haus in der Ebene zwischen riesigen alten Kameldornbäumen liegt. Mit Windschutz hinter der Mauer läßt sich´s aushalten; ich schwimme auch im kleinen runden Pool, der wärmer ist als die Luft. Das Paar aus Berlin, das noch kommt, verdrückt sich hinter einen Felsen. Um vier habe ich genug Sonne getankt und gefroren und gehe auf die Terrasse des Haupthauses zu Kaffee und Sandkuchen, alles inklusive. Jetzt sitze ich vor der Hütte und genieße die Sonnenstrahlen, wenn sie zwischen den Wölkchen durchkommen. Klippschliefer, Verwandte der Elefanten, so groß wie ein Murmeltier, laufen über die Felsen. Inzwischen habe ich die Jeans und den zweiten Pullover angezogen. Ich mache noch einen Rundgang um das Felsmassiv und zu den anderen Hütten; auf einem Felsen warte ich auf Fotosonne; der Wind weht kühl und kräftig von Westen, vom Meer her.

(geschrieben am 23.3. um 10 Uhr im Bett)

Um viertel vor sieben versammeln wir uns auf der Terrasse zum Sundowner, den Ellen sehr empfohlen hat. Wir steigen mit einer schwarzen Guide auf den Felsengipfel hinter dem Haupthaus (5 min Weg) und beobachten das Farbenspiel der roten untergehenden Sonne auf den roten Felsen und der beigen Ebene. Es weht heftig und kühl; gut, daß ich zwei Pullover und den Anorak anhabe; ich trinke ein gespendetes Bier aus der Kühltasche. Als es schnell dunkler wird, steigen wir hinunter und gehen um acht Uhr zum Essen; vorher rufe ich noch schnell Ellen an. Dazu muß ich an dem einzigen Telefon in der Lodge an der Rezeption eine Telefonkarte zu 20 $ kaufen; der junge Schwarze rubbelt sie frei und gibt die Nummer am Telefon ein; dann kann ich wählen, und nach drei Versuchen erreiche ich Ellen. Ich frage sie, ob sie weiß, wo ich bin; sie weiß!

Wir essen wieder an einer langen Tafel bei großem Kaminfeuer Suppe und Oryx und Rinder Cordon Bleu vom Buffet. Zwischendurch rufe ich Hasi an, zweimal die gleiche Prozedur. Um halb zehn gehe ich in mein Haus, dusche und lege mich bei ca. 15 Grad mit zwei Decken ins Bett. Es ist kuschelig warm und weht durch Dachsparren und Schilfdach.


Montag, 24.3.2003

(geschrieben am 24.3. um acht Uhr im Bus)

Mit Oxazepam schlafe ich bis zwei Uhr und schleiche mit Taschenlampe aufs Klo, weil der Strom um zwölf abgeschaltet wird. Um sechs stehe ich auf, aber noch kein Strom ist da. Da es draußen dämmert, kann ich anfangen Toilette zu machen und zu packen; der Strom kommt um 6.20 Uhr. Um halb sieben stelle ich den Koffer vor die Tür und gehe frühstücken. Ein Mitfahrer berichtet, daß heute morgen in der Hütte 12 Grad waren.

Wir fahren die Strecke von gestern zurück bis nach Seeheim; ich befrage Peter über Sträucher und Bäume, und er leiht mir ein Pflanzenbuch von 1934, das er von seiner Mutter geschenkt bekommen hat. Wir halten jeweils kurz, als wir Bergzebras und eine Wildkatze sehen. Am Löwen-Rivier (-Fluß) machen wir eine Pinkelpause, weil dort viele Büsche wachsen; die Herren gehen links, die Damen rechts. In Seeheim am Schaf-Rivier ist ein Eisenbahnknoten. Wir kommen wieder auf die Teerstraße Richtung Lüderitz; am Fisch-Fluß dürfen wir aussteigen und zu Fuß über die Brücke gehen. Wir fahren durch einen Canyon hinauf und über eine weite Ebene, die immer karger und steiniger wird. Beim Kuibis Restaurant und Geschäft legen wir einen Pinkel- und Einkaufs-Stop ein; Spezialität sind getrocknete, kandierte Früchte. Der Wind pfeift kalt von Westen; obwohl die Sonne scheint, ist es bitter kalt. Ich wärme mich vor dem Bus in der Nähe des heißen Kühlers.

Die Höhe pendelt zwischen 1000 und 1400 m, Tafelberge rauf und Tafelberge runter; wir sichten die ersten Termitenhügel und Karakulschafe. Auf der rechten Seite erscheint in der Ferne die Naisib-Fläche, roter Sand, die wir übermorgen durchkreuzen werden. Auf der Ebene entlang Bahn und Straße ist durch Regen in der letzten Zeit gutes Gras gewachsen, das von Rindern und Schafen beweidet wird; kein Baum und Strauch weit und breit. Vor Aus steigt die Fläche mit aufgesetzten Kuppen auf 1400 m an; der Ort liegt in einem Canyon, ein Bahnhof, ein Geschäft, eine Tankstelle, ein Hotel und ein paar Häuser. Kurz danach machen wir Mittags-Stop in der Gaststätte Klein-Aus Vista, wo auch das Wasser in unserem Bus herkommt. Um das Haus sind eine Familie Strauße und ein Zitrusfrüchtegarten.

Jetzt geht es abwärts in die Namib-Wüste; an einem Rastplatz machen wir Foto-Stop. Dann geht es über ein Rolltor ins Diamanten-Sperrgebiet; hier ist das Verlassen der Straße verboten. Wir sehen entfernt Oryx-Antilopen und die wilden Pferde; an der Wasserstelle Garub, die abseits der Straße künstlich angelegt ist, treffen wir einen Strauß und weit entfernt eine Gruppe Wildpferde. Am Bahnhof Haleb wird Fisch durch Ausrechen auf dem Boden getrocknet; es stinkt bestialisch bis zur Straße. Die Bahnlinie von Seeheim bis Lüderitz ist z.Zt. geschlossen und wird abgebaut und neu gebaut, hunderte Kilometer Baustelle; das Material kommt aus dem Hafen von Lüderitz und nach dort aus Südafrika per Schiff. Kurz vor Lüderitz kommen wir in die gelben Dünen; darüber schweben Wolken aus Nebel oder Sand (laut Peter).

(geschrieben am 24.3. abends im Hotel auf dem Bett)

Wir halten am aufgelassenen und ausgeweideten Bahnhof Grasplatz zum Foto-Stop; der Wind pfeift und treibt den Sand vor sich her. Je mehr wir uns Lüderitz nähern, desto heftiger wird der Sandsturm. Der Sand wandert in Schleiern über die Straße und bedeckt sie teilweise; die ersten Bagger rollen zum Räumen an. Die aufgelassene Bahnlinie ist an mehreren Stellen bereits von meterhohen Sanddünen bedeckt.

Wir sehen Kolmanskuppe im Sandschleier und fahren nach Lüderitz ein. An Bahnhof und Post halten wir zum Briefmarken und Permit für morgen Kaufen. Dann laufen wir an unserem Nest Hotel direkt am Meer und Hafen ein. Nach Ausladen, Begrüßungstrunk, Schlüsselverteilung und Kofferlieferung erhole ich mich im komfortablen großen Zimmer 316 mit Blick auf Hafen und Stadt. Ich packe aus und um und sonne mich auf meinem winzigen Balkon.

(geschrieben am 24.3. abends um zehn im Bett)

Das Handy geht wieder; kurz vor sieben rufe ich Mutti an, es geht ihr gut, sie kann sich unter Lüderitz etwas vorstellen. Um sieben gibt es Abendessen; um halb neun rufe ich Hasi an. Um neun mache ich, nachdem ich Peter wegen der Sicherheit befragt habe („Kein Problem!“), einen Spaziergang ins Dorf und trinke in der Sports Bar „Roumours“ ein Bier. Der Wind hat aufgehört; es hat ca. 20 Grad. Jetzt habe ich die Balkontür zugemacht und will versuchen zu schlafen.


Dienstag, 25.3.2003

(geschrieben am 25.3. mittags um zwölf im Bus)

Ich stehe um sechs auf und gehe um sieben zum Frühstück. Um acht fahren wir ab in Richtung Kolmanskuppe; es hat wenig Wind, einen strahlenden Himmel und ca. 15 Grad. In der Geisterstadt machen wir eine Führung durch die Messe (Tanzsaal, Küche, Turnhalle, Kegelbahn) und das Museum. Dann spazieren wir eine Stunde lang durch die zerfallenen Häuser und bewundern Stuck und Jugendstil, versandete Zimmer und Plumsklos. Im „Curious“-Shop schaue ich mir einen Namib-Brillianten an, 0,28 Carat für $ 5500.

Dann starten wir zur Küstenrundfahrt, die uns zunächst zur Großen Bucht führt; wir laufen zu einem Aussichtsfelsen und bewundern die einheimischen Geranien, blühende Fingerpflanzen (Foto) und andere Wüstenpflanzen. Wir fahren an der Insel Halifax vorbei, wo früher Guano abgebaut wurde und jetzt Brillen-Pinguine nisten. Dann kommen wir zum Diaz Point, wo wir über den Steg zum Diaz-Kreuz gehen.

(geschrieben am 25.3. abends um neun im Bett)

Der Atlantik peitscht gegen die Felsen; auf einer kleinen Insel tummeln sich Robben; der Winde pfeift heftig; Tang-Teppiche schwappen in den Buchten. Wir fahren der Küste und dem Lüderitz Hafen entlang zurück nach Lüderitz und machen einen letzten Stop auf der Haifisch-Insel, die die Lüderitzer in der deutschen Periode durch einen Damm zu einer Halbinsel gemacht haben, um sie vor dem Zugriff der Engländer zu schützen, die alle Inseln vor der Kolonie für sich beanspruchten. Dort hat man einen schönen Blick auf den Roberthafen und die kleine Stadt mit ihren deutschen Häusern von ca. 1900+. Zur Vorbereitung der Erkundung zu Fuß am Nachmittag fahren wir noch die „4-Minuten-Besichtigungs-Tour“ (laut Peter) durch die Stadt und dann zum Hotel.

Nach dem Mittagessen lege ich mich für zwei Stunden an den Pool innerhalb des kreisförmigen Gebäudes; dort ist man etwas vor dem Wind geschützt, der schon wieder stürmisch bläst. Um vier gehe ich los zur Stadtbesichtigung, den Trampelpfad hoch zur Felsenkirche, hinüber zum Magistratshaus und Goerke-Haus, das als Museum restauriert, aber schon geschlossen ist, zum Krabbengehöft und Lampe-Gebäude, zur Turnhalle und Bücherei, zum Woermann-Haus und dem neuen Hafen-Center. Als ich mich für einen Moment auf ein Mäuerchen setze, um im Führer zu lesen, spricht mich ein schwarzer Security-Mann sehr höflich auf englisch an, das sei verboten, ich möge mich bitte auf eine Bank weiter vorne setzen; ich habe mich dann nett mit ihm unterhalten. Ich gehe über die Hafenstraße und kaufe bei Spar eine neue Sonnencreme, weil meine alte von Schlecker seit dem letzten Pool verschwunden ist (vermutlich dort vergessen). An vielen anderen restaurierten alten Häusern vorbei steige ich wieder zur Felsenkirche auf, die man jetzt besichtigen kann. Eine sächselnde Pfarrhelferin erzählt uns über ihre Pfarrei (Lüderitz + Maltahöhe + Keetmanshoop = 1000 km). Dann steigen wir wieder zum Hotel ab, ich mache Toilette, rufe Joachim zum Geburtstag an und gehe um sieben zum Fischbraai ins Hotel-Restaurant. Als ich gerade ins Zimmer komme, ruft Hasi an. Und jetzt werde ich den Abend gemütlich vergammeln.


Mittwoch,26.3.2003

(geschrieben am 26.3. morgens um acht im Bus)

Ich bin um sechs aufgestanden, habe gepackt und gefrühstückt; um acht Uhr fahren wir los. Das Wetter hat sich geändert; der Wind bläst von Nordwest und treibt den berühmten Nebel vom kalten Meer über die Wüste. Die Farben sind fahl, die Konturen verschwommen. Ewald schleicht mit dem Bus die Steigung hoch von 0 m in Lüderitz auf 1400 m bei Aus. Nach wenigen Kilometern reißt der Nebel auf, und es wird strahlend klar. Am Berghang sind Embleme der englischen /südafrikanischen Truppen aus dem 1. Weltkrieg: „KR“ (Kings Rivals) und „Nuncanimis“ (Wir leben (?)) mit Steinen an den Berghängen ausgelegt. Hier ist die Namib eine Sandfläche mit einzelnen aufgesetzten Felsenhügeln und Gebirgsstöcken, die langsam vorbeiziehen; das ist beruhigend wie die Wellen des Meeres (laut Peter), man kann stundenlang hinschauen. Eine Gruppe Strauße zieht majestätisch über die dürre, karge Grasfläche. Am Anstieg vor Aus stehen wieder die ersten Kameldornbäume und Büsche an gelegentlich feuchten Stellen; über ein Rolltor kommen wir aus der Wüste ins Farmland, einzelne Schafe grasen auf riesigen kargen Flächen. Im kleinen Städtchen Aus machen wir eine Pinkel- und Einkaufspause; es besteht aus Tankstelle mit Laden und Gaststätte, Rasthaus, Post, Bahnhof und einigen flachen Häusern mit Sandstraßen. Der nächste Ort ist in allen Richtungen 100 km entfernt (Lüderitz, Goagab, Helmeringshausen).

Um halb elf biegen wir ab auf die Sandstraße Richtung Helmeringshausen. Ewald prescht mit 100 km/h nordwärts; man glaubt nicht, daß eine Sandstraße so gut sein kann. Links ziehen die ersten Roten Dünen der Namib und rechts die Rotrandberge vorbei. Wenn alle 10 – 20 Minuten ein Auto entgegenkommt, was man von weitem an der Staubwolke sieht, macht Ewald langsamer. Dann liegen vor uns die Tirasberge und rechts der Rote Rand, eine der drei Randstufen Namibias. Einzelne Farmen liegen auf der topfebenen Fläche; ein paar Windräder mit Brunnen sind zu sehen; kein Zuchttier in Sicht, die Farmen sind aufgegeben. Wir steigen zum Rotrand auf; an den Berghängen liegen kugelförmige rote Granitblöcke, die sich durch Verwitterung schälen (sog. Zwiebel-Verwitterung). Wir sind im Tal der Siedelweber; die roten Granitberge sind durch leichten Bewuchs grün angehaucht.

Die Arbeiter mit der Aufschrift „GRN“ auf den Uniformen, die ich gestern in Lüderitz traf, arbeiten für die Regierung: „Government Republic of Namibia“ alle einfachsten Arbeiten (Dreck aufsammeln, aufladen, Parks pflegen); sie erhalten einen Mindestlohn, eher eine Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme.

Kurz vor Helmeringshausen biegen wir nach rechts ab; wir fahren durch ein Gittertor auf das Gebiet einer Consowency. Wir halten an einem Kameldorn-Baum mit einem riesigen Siedelweber-Nest, halb so groß wie der Bus (laut Peter); in deren Nestern wohnen auch Rosen-Papageien. Bald biegen wir von der Straße ab und fahren durch ein Tor auf dem Farmweg zur Gästefarm Sinclair, eine Oase in der (Halb-)Wüste. Wir essen auf der Terrasse unter großen Sonnenschirmen; hier hat es 27 Grad, draußen auf dem Vorplatz weit über 30 Grad. Es gibt gegrillte Lammkoteletts, Lammwürstchen, Nudel-, rote Beete- und Krautsalat, köstlich! Herr und Frau Hofmann, die Besitzer, tragen auf und unterhalten sich mit uns. Sie zeigen Karakul-Schafsfelle und eine Felljacke, haben aber nur eine kleine Herde und leben von der Gästefarm. Die Zimmer sind in einem separaten Flachbau untergebracht und haben einen herrlichen Garten mit Palmen; der Pool ist abenteuerlich grün und alt.

Um halb drei fahren wir weiter Richtung Schloß Duwisib; wir machen einen Foto-Stop bei goldenem Gras und blauen Bergen. Nach einer weiteren Stunde guter Sandstraße kommen wir zum Schloß Duwisib, das sich Baron von Wolff dort 1909 gebaut hat, als er sich ein Gelände von 100.000 ha = 1000 Quadratkilometer erbeten hatte, um auf einer Farm Pferde, Rinder und Schafe zu züchten. Wir besichtigen das Schloß aus Sandstein mit herrlich kühlen Räumen, edlen Möbeln und einem schattigen Garten.

(geschrieben am 26.3. abends um acht auf dem Bett)

Um sechs kamen wir in dem kleinen Städtchen Maltahöhe im Hotel Maltahöhe an. Es ist sehr rustikal und familiär; die Chefin weist die Gäste ein; ich habe mein Zimmer in einem Gebäude über der Straße in einem Innenhof mit Garten, Vögeln und Pool. Das Abendessen ist sehr häuslich; die Schüsseln und Platten werden an der großen Tafel herumgereicht. Wir diskutieren mit Peter über die Malaria-Prophylaxe; er nimmt nie eine, hatte aber eine Erkrankung, die geheilt wurde. Er meint, wer nimmt, sollte in Swakopmund starten. Wir gehen mit ihm nach draußen, und er erklärt uns den südlichen Sternhimmel (Kreuz des Südens, Magellansche Wolken etc.). Ich rufe um halb neun bei Hasi an; sie ist nicht da.

(geschrieben am 27.3. morgens um sieben im Bus)

Als ich um halb zehn in der Hotelbar noch ein Bier trinke, summt das Handy in meiner Brusttasche, und ich kann endlich mit Hasi plauschen; sie war mit Edith im Palmengarten und im Literaturhaus. Um zehn gehe ich ins Bett, um sechs Stunden zu schlafen. Da ich ein Insekt summen höre, ziehe ich das Moskitonetz über das Bett; das ist auch ganz heimelig.


Donnerstag,27.3.2003

Am Morgen um vier klopft es an die Tür; ich bin sofort wach. Nach Toilette und Packen gibt es um halb fünf Frühstück; um fünf fahren wir los, ich bin der Letzte im Bus.

Wir fahren durch die Nacht Richtung Hammerstein und Sesriem; es ist stockdunkel, die Sterne leuchten wie gestern Abend. Zwei Springböcke flüchten vor dem Bus über die Schotterstraße, Ewald fährt sehr vorsichtig; später sichten wir eine Herde Kuh-Antilopen, gut 100 Stück abseits der Straße. Das erste Auto kommt uns nach einer Stunde entgegen, das zweite nach einer weiteren halben; sekundenlang sieht man nur die Staubwolke. Dann geht es über einen Paß (Zarishoogte Pass) und steil die Randstufe hinunter. Um halb sieben wird der Himmel leicht hell; wir machen eine Pinkelpause, die Damen links hinter den Busch, die Herren rechts am Kameldorn-Baum. Am noch grauen Himmel zieht die Raumstation ISS vorbei. Um sieben machen wir einen Foto-Stop zum Sonnenaufgang. Sie erscheint sehr langsam hinter der Bergkette, wie ein Scherenschnitt, und taucht die Ebene und anderen Ketten in gespenstisches Licht und Schatten. Vor uns liegt der Rote Kamm mit 1900 m Höhe über der Ebene auf 900 m. Der Tsauchab(-Fluß) fließt alle paar Jahre von hier 100 km weit ins Sossusvlei.

Um acht sind wir in Sesriem am Parkeingang zum Sossusvlei; Peter kauft die Tickets, und wir pinkeln (schon wieder). Jetzt fahren wir auf einer Teerstraße ins Vlei ein und auf die Roten Dünen zu, die auf beiden Seiten des Tals bis zu 300 m hoch sind. Links unten ist der Tsauchab 20 m tief eingegraben; die Bäume ragen gerade noch über den Rand. Die Hochfläche ist mit dünnen Büscheln Gras bewachsen, auf der einzelne Springböcke grasen. Bei einer Ballonlandung stoppen wir kurz; die Teilnehmer versammeln sich zum Sektfrühstück; Springböcke führen ihre Freudensprünge auf. An der Kalenderdüne mit lebenden und abgestorbenen Kameldorn-Bäumen machen wir den nächsten Stop und sammeln Elefantenhautsteine, schwarze Kalksteine, die durch den Wind vom Sand geschliffen und gelegentlich durch das Wasser gedreht wurden. Die Düne 45, 45 km vom Tor entfernt, ist von dem vielen Besteigen plattgetrampelt (der Kamm). Auf den knallroten Sandflächen sind beige Felder mit gröberem Sand.

Nach 50 km kommen wir zum Ende der Straße; von hier geht es nur mit großen Geländewagen für 8 – 10 Personen weiter. Wir fahren 10 Minuten langsam durch den tiefen Sand und sind im Sossusvlei, einer Salzpfanne von hohen Dünen umgeben. Die Fahrer parken unter riesigen Kameldorn-Bäumen, und wir (die meisten) besteigen die große Düne rechts. Im Gänsemarsch geht es auf dem Dünenkamm aufwärts; wenn man den Trittspuren folgt, rutscht man nur mäßig und ist in 20 Minuten auf dem Gipfelkamm. Viele schwarze und graublaue Käfer rennen umher oder graben sich in den Sand ein. Die Aussicht auf die verschiedenen Vleis ist überwältigend; die Temperatur ist seit heute morgen von 10 auf 20 Grad angestiegen. Den Absteig mache ich steil, gleitend und Sand-in-Schuhe-füllend; unten geht man quer über das Sossusvlei, eine harte, lehmig-salzige, zerbrochene Kruste.

Um elf fährt der Jeep zum Bus zurück und der Bus zum Sesriem Canyon zu einem kurzen Stop. Hier hat sich der Tsauchab River 20 m tief in die festgebackene Geröllschicht eingegraben, die von einem früheren Fluß oder Gletscher übriggeblieben war. Alle ca. 10 Jahre führt der Fluß einmal so viel Wasser, daß der Canyon voll ist und bis ins Sossusvlei fließt.

Wir fahren in den Namib-Naukluft-Park ein in Richtung Solitaire; links ziehen die roten Dünen vorbei; rechts stehen und liegen unter den Bäumen Oryx-Antilopen und Springböcke. Im Bus hat es 32 Grad; wir verlassen wieder den Park und sichten links versteinerte Dünen und die roten Dünen. Wir essen im Dust Devil Restaurant des Namib Restcamps, einer Steinhütte mit Blechdach; aber es gab auf der schattigen Terrasse leckere Salate und viel Fleisch.

Weiter fahren wir an dem Ort Solitaire vorbei, bestehend aus einer Lodge, Tankstelle und Laden, wo die DER-Tours-Gruppe gerade aussteigt und übernachtet, die parallel zu uns reist und wo zwei Kommilitonen dabei sind.

(geschrieben am 27.3. abends um halb neun auf dem Bett)

Dann biegen wir kurz vor dem Gaub Canyon nach rechts zur Rostock Ritz Desert Lodge ein; in der Ferne steht majestätisch der Rostock-Berg. Die Lodge, die wir nach 5 km erreichen, besteht aus einer Ansammlung von graubraunen Steinkuppeln, die sich an den braunen Hang schmiegen. Das Haupthaus hat mehrere Kuppeln; bei den Bungalows, die unterhalb liegen, sind zwei Zimmer in einer Hütte untergebracht. In der Rezeption, wo wir begrüßt werden, hat es 32 Grad und 18 %Luftfeuchtigkeit. Ich steige zu Zimmer 5 hinunter und mache mich sofort fertig ins Schwimmbad, das gegenüber zwischen den Felsen liegt; das Wasser ist 20 Grad kühl, die Aussicht ist überwältigend. Ehepaar Schröder aus Berlin kommt auch, wir sind mal wieder die Einzigen. Ich bestelle per Telefon Handtücher für drei und Bier für zwei (die Schröders). Wir schaukeln in den hängenden Liegestühlen und bewundern und fotografieren die Landschaft; man schaut weit (vielleicht 50 km) übers Kuiseb-Tal. Vögel kommen an den Rand des Pools um zu trinken, er ist ihre Wasserstelle. Vier Erdmännchen halten Haus und Hof insektenfrei. Um sechs gehe ich aufs Zimmer und mache dann noch einen Spaziergang auf den naheliegenden Hausberg zum Sonnenuntergang. Um sieben beginnt unser Abendessen in dem überhitzten Restaurant mit einem zur Halbzeit von Studiosus gespendeten Drink.

Um halb neun gehe ich in meinen Iglu und mache alle mit Fliegengitter geschützten Fenster und Türen auf; es zieht gut und kühl durch. Um zehn rufe ich von der Theke per Flexicard bei Hasi an; sie ist anscheinend noch nicht von Karlsruhe da; ich berichte auf Band und gehe ins ca. 30 Grad heiße Bett. Ein großes Moskitonetz hängt über dem Doppelbett, aber keine Mücken weit und breit; es hat seit einigen Jahren nicht mehr geregnet.


Freitag, 28.3.2003

(geschrieben am 28.3. morgens um acht im Bus)

Ich stehe um halb sieben auf; im Laufe der Nacht hat es angenehm abgekühlt und durchgezogen. Beim Frühstück um sieben erfahre ich, daß Hasi gestern um neun angerufen und mich nicht erreicht hat; sie wollte heute morgen zwischen sieben und acht wieder probieren. Es war aber kein Anruf; ich hoffe, alles ist okay.

Um acht fahren wir los zum Gaub Canyon, der in der Karte Gaub Pass heißt; die Sandstraße geht 50 m steil runter, durch das trockene Flußbett und wieder rauf. In der Ebene tummeln sich vereinzelt: eine Wildkatze, Strauße, Kudus, Springböcke. Wir kommen direkt am Rostock-Berg vorbei, der mit 1500 m die Ebene auf 1000 m überragt. Rechts in der Ferne liegt blau die Tafel des Gamsbergs, 2200 m hoch, wo früher ein deutsches Teleskop stand. Die Ebene wird hügeliger, die Riviere tiefer; alles ist graubraun, Schotter und Sand, wenige Grasbüschel und Sträucher. Hier fahren wir wieder in den Namib Naukluft Park ein. Dann geht es tief hinunter in den Kuiseb Canyon (Pass), wir machen einen Foto-Stop, fahren über die Brücke des Trockenflusses; eine große Pfütze bildet den Rest des letzten „Abkommens“. Peter kündigt an, daß das Wasser im Bus alle ist und wir uns jetzt selbst welches kaufen müssen, und außerdem, daß wir wegen der vielen Strauße und Oryx in der Landschaft einen Aufschlag zahlen müssen. Wir biegen von der Hauptstraße nach Walfis Bay ab zur Wildtränke Hotsas. Eine Springbock-Kuh und ihr Kitz flüchten parallel zur Straße, etwa 100 m entfernt; das Kitz rast in Panik weit vor der Mutter her. Peter fährt vorbei, und das Kitz bleibt stehen; er sagt, wenn man länger parallel fährt, kann man es leicht zu Tode hetzen.

An der Wildtränke Gamab bleiben die Tiere in der Entfernung stehen und warten, bis wir abgefahren sind. Wir bewundern statt dessen die Pumpe und das Reservoir, das von den Park Rangern angelegt wurde, um Wild und Touristen zusammen zu bringen.

Wir begegnen dem Straßenhobel, der die ausgefahrene „Wellblech“-Straße repariert; er fährt wie ein Schneepflug die Strecke mehrfach ab und schiebt Sand und kleine Steine in die Mitte und große Steine an den Rand der Fahrbahn. Am Wasserloch Hotsas flüchtet auch gerade der letzte Springbock; dafür fliegt ein Ohren-Geier über die Straße.

Wir biegen wieder in die Hauptstraße Windhoek – Swakopmund ein; rechts liegt der Berg Langer Heinrich, wo ein neues Uran-Vorkommen ist. Die Hochfläche ist hellsandig und steinig mit wenigen Büschen.

Ich klappe meinen Schreibblock auf, schreibe zittrig ein paar Sätze, klappe ihn zu und stecke ihn zwischen die beiden Sitze, die ich besitze. Jeden Morgen rutschen wir im Bus eine Reihe weiter vor bzw. zurück.

Auf der linken Seite zieht sich eine Kette von Marmorbergen bis an die Küste; in der Ferne taucht vorne die Dunstschicht des Meeres auf. Rechts der Straße wachsen die ersten Welwitschias, und wir biegen ein zu den größten. Beim Stop sind männliche und weibliche Welwitschias und Kinder mit nur zwei kleinen Blättern; da wachsen auch Zamas-Melonen und Thaler-Sträucher und liegt ein Straußenskelett.

Kurz danach die Mondlandschaft ist das Flußbett, der Canyon des Swakop-Riviers. Wir halten an einem Aussichtspunkt und schauen hinunter; im Hintergrund sieht man den Rössing-Berg. Durch die Schotterwüste fahren wir zurück zur Hauptstraße und in der Stadt Swakopmund ein; am Eingang steht die alte Dampflokomotive „Martin Luther“ von 1896.

(geschrieben am 28.3. abends um zehn im Bett)

Wir machen eine kurze Stadtrundfahrt und landen um eins im Zentrum im Hansa-Hotel. Nach Begrüßungstrunk, Gepäck-Ausladen, Mittagessen und Duschen rufe ich Hasi an und treffe auf Ellen, die mit Ben zum Essen da ist; sie hat gestern Abend im Rostock Ritz angerufen.

Ich gehe Wasser kaufen und die Flugscheine für morgen bezahlen (Euro 160.-); dann mache ich mich auf die Stadtbesichtigung; es ist neblig, teils sonnig und ca.15 Grad kühl. Die Hauptstraße, früher Kaiser-Wilhelm-Straße, heißt jetzt SamNujoma Avenue. Nachdem man von der Mitte der Stadt an allen Enden die Wüste bzw. das Meer sehen kann, gehe ich chaotisch vor und bummle kreuz und quer. Ich sehe den Alten Bahnhof (heute Swakopmund Hotel), die Evangelisch-Lutherische Kirche, das Marinedenkmal, den Leuchtturm, die Jetty mit dem Restaurant TUG (das Ellen empfohlen hat), den Strand, das Woermann-Haus mit dem Damara-Turm, die Kaserne (heute Jugendherberge), das Prinzessin-Rupprecht-Heim und den Rest der Stadt, alles hübsch, sauber und gepflegt. Ich besuche einen Optiker und kaufe einen Film, einen Steineladen und schaue namibische Citrine (1 ct für 200 namib. $) an, einen Juwelier und bewundere Tanzanite (1 ct für 1000 US$), den Handyladen und frage nach dem Minutenpreis nach Deutschland (unbekannt) und das Kaffee „Out of Africa“.

Um sieben gibt es Abendessen, das beste und edelste auf der Reise. Jetzt habe ich geduscht, umgepackt und lausche dem Verkehr auf der Kreuzung vor meinem Fenster.


Samstag, 29.3.2003

(geschrieben am 29.3. nachmittags um halb drei)

Nach viel Verkehr und einer halbwegs schlaflosen Nacht gehe ich um sieben an die Rezeption und verlange einen „Move“ in ein ruhigeres Zimmer; sie will sehen, was geht.
Um acht fahren wir los nach Walvis Bay; die Straße führt über die Brücke über den Swakop und am Strand entlang nach Süden. Erste Brandungsangler bereiten ihre Angeln vor; wir kommen an hübschen Ferienkolonien vorbei. Durch eine lange Palmenallee erreichen wir den Hafen, wo wir einen kurzen Stop an der Mole machen, an der Dutzende Flamingos stehen. Dann steigen wir in zwei Boote der Firma Mola Mola à 12 Personen und fahren los. Nach 200 m muß der Kapitän umdrehen und dem anderen Boot das Starterkabel bringen, da ein Motor nicht anspringt. Gemeinsam mit bis zu sieben anderen Booten geht´s los der Hafenmole entlang, wo ein Salzschiff beladen wird.

Wir sitzen auf einer gepolsterten dreiteiligen Bank in der Mitte des Bootes und wurden angewiesen, alles Gepäck in der Bank zu verstauen. Da kommt plötzlich über die Bordwand eine riesige Robbe am Bord – alle sind erschreckt -, läßt sich auf der Bank nieder – ich kann meinen Rucksack gerade noch unter der Robbe hervorzerren - und bettelt den Kapitän an; der holt aus einem Eimer Heringe und steckt sie ihr direkt ins Maul. Nach einigen Fischen jagt er die Robbe über die hintere Bordwand ins Meer zurück; wir und unser Gepäck sind naß. Der Kapitän trocknet die Bank ab und teilt Decken aus; es ist bewölkt / neblig und kühl.

Der Kapitän bekommt einen Ruf des anderen Schiffes, und wir fahren hin und treffen auf große Delphine. Sie durchschneiden mit ihren Rückenflossen und Schnauzen die Wasseroberfläche und folgen den Booten, die in Formation dahinbrausen. An der Hafenmole wird gerade von einem Fischerboot gefrorener Schwertfisch abgeladen. Ein Pelikan fliegt über unser Boot, landet im Wasser und wird mit Fischen gefüttert, die im Sack seines riesigen Schnabels verschwinden. Ein Schnellboot der Namibischen Marine ohne Kanone liegt an der Mole. Auf einer 10 ha großen Holzplattform, die in den 30er Jahren erbaut wurde, lebt eine Kolonie von Tausenden von Kormoranen, Pelikanen und anderen Seevögeln; sie produzieren jährlich 500 – 1000 Tonnen Guano, der abgeerntet wird. Außer vielen kleinen und mittleren Fischerbooten liegt die russisch-namibische Fischereiflotte (Joint Venture) auf der Reede, riesige Fischfabriken mit Zweitschiffen, die den gefrorenen Fisch wegbringen. Auf stillgelegten Fischerbooten haben sich Vogelkolonien aus Kormoranen und Graureihern angesiedelt. Der Vorfall mit der Robbe an Bord wiederholt sich zweimal; es gibt in der Bucht fünf Robben, die auf diesen Trick abgerichtet sind; wilde Robben tun das nicht und fressen auch keinen toten Fisch. Wir sind nun am Leuchtturm auf der Halbinsel weit draußen; dort treffen wir auf einen Schwarm Benguela-Delphine, die seitlich weiße Streifen haben und nur hier vorkommen. Hier ist am Strand eine Robbenkolonie, an die wir sehr nah heranfahren; Hunderte liegen im Sand und tummeln sich im Wasser. Ein Schwarm Kormorane fliegt in Keilform dicht über das Wasser, es sind wohl Tausende; sie landen auf einer Sandbank nahe den Robben.

(geschrieben am 29.3. abends um zehn im Bett)

Jetzt halten wir in ruhigem Wasser an, und es gibt Mittagessen: zwei Platten belegte Brote und Stückchen, eine Platte Austern und vier Flaschen Sekt. Auf der Rückfahrt wirft der Captain einer Möwe Heringe zu, die sie auffängt und mit dem Kopf voran verschluckt. Ein Kormoran schwimmt heran und bekommt auch einen Hering. Zum Abschluß der Rundfahrt fahren wir an einer Austern-Plattform vorbei, an der – an Seilen im Wasser hängend – 400.000 Austern gezüchtet werden.

Wir kehren mit dem Bus zum Hotel zurück und haben zwei Stunden Muße. Ich bekomme das Zimmer 52, eine Luxus-Suite nach hinten heraus. Ich rufe Mathias an, spreche mit Ellen und gratuliere ihm.

Um vier werden wir zu dem Rundflug über die Namib abgeholt und im Flughafen direkt am Hangar abgesetzt. Vier Cessna-Maschinen stehen für uns 20 Passagiere bereit. Da außer mir noch zwei Paare in meiner Maschine sind, darf ich vorne neben dem Piloten sitzen. Die Instrumente für den Kopiloten ragen in meinen Bauch; auf dem Schoß habe ich den Foto und das Tele; es ist sehr eng. Wir starten auf einer Schotterpiste, die auch für Linienflüge benutzt wird.

Wir fliegen Richtung Süden der Eisenbahn-Linie entlang über den Flugplatz Walvis Bay; an der Küste ist noch Nebel, aber über der Wüste stoßen wir auf Sonne. Wir fliegen über einen Granit-Steinbruch und dann dem Kuiseb-Flußbett entlang. Der Kuiseb kommt durch die Wüste Namib und fließt 3 –4 mal jährlich nach starkem Regen ins Meer; sonst ist das Flußbett trocken oder Pfützen. Wir fliegen über den Weißen Berg aus Marmor und an den Wanderdünen am Kuiseb entlang. Wir überfliegen die Wüsten-Forschungs-Station Gobabeb und folgen dem Kuiseb Canyon mit bis zu 150 m hohen Steilwänden. Dann biegen wir ab zum Tsondab-Flußbett, das im Unterschied zum Kuiseb im Tsondabvlei mitten in den roten Dünen endet. Wir überqueren die höchsten Wanderdünen der Welt mit 380 m Eigenhöhe. Das Tsauchab-Flußbett endet im Sossusvlei; wir sehen die Straße, den Parkplatz und die bestiegene Düne am Vlei. Der Pilot macht eine scharfe Kurve über dem Vlei, damit alle gut sehen können. Dann fliegen wir weiter über das Diamanten-Sperrgebiet und stoßen an der Küste auf das Nebelfeld vom Meer. Wir sehen alte Diamantminen mit Ochsenkarren, Unterkünften, Wasserleitung etc. An der Küste unter dem Nebel entlang überfliegen wir Robben-Kolonien, das Schiffswrack „Eduard Bohlen“, die Conception Bay, die versandet ist, das Schiffswrack „Shawnee“, Sandwich Harbour und die Salzpfannen. Über Walvis Bay und Swakopmund landen wir sehr sanft auf der Schotterpiste.

Wir fahren zum Hotel, wo wir um halb acht essen. Dann rufe ich Hasi an, und sie ruft nach dem Kino zurück; die Stimmung ist schlecht, ich esse die erste Malaria-Tablette.


Sonntag, 30.3.2003

(geschrieben am 30.3. morgens ab neun im Bus)

Nach einer ruhigen Nacht und Frühstück um acht läuten die Glocken der Kirche gegenüber dem Hotel. Ich lade mein Gepäck und gehe in die Römisch-Katholische Kirche zur Rosenkranzkönigin; dort beginnt gerade der Gottesdienst in deutsch und englisch; Schwarze und Weiße sind gut gemischt.

Um neun fahren wir los am alten Gefängnis vorbei auf die Salzstraße Richtung Henties Bay. Man baut solche Straßen hier an der Küste entlang, indem man Salzlauge auf den Sand schüttet und trocknen läßt; man fährt darauf wie auf Asphalt. An großen Vorstadt-Siedlungen vorbei gelangen wir an den Strand, wo verschiedene Stranddörfer liegen. Weiter draußen liegen die Salzgewinnungsanlagen, die durch Verdunstung von Meerwasser in einem 7-Jahres-Zyklus jährlich 400.000 t Salz produzieren. Dann folgen rechts orangefarbene Flechtenfelder, die geschützt sind. Der Strand ist sehr breit und flach; kilometerlang sind Camping-Plätze angelegt. Rechts folgt ein Salzmorast, eine braune metertiefe Salzpampe, in der schon Autos versunken sind.

Wir kommen nach Hentiesbaii, einem Städtchen mit hübschen Häusern aus Sandgrundstücken auf einer flachen Düne. In dem Rivier des Omaruru, der hier mündet, befindet sich der Golfplatz, die Flächen aus Sand, die Greens aus Gras. Hier wohnen hauptsächlich (Süd-)Afrikaner („Africaans“); die Deutschen wohnen in Swakopmund. Wir machen Pinkelpause am Hotel am Strand; Schwarze mit abgerissenen Kindern verkaufen farbige Steine.

Kurz nach dem Ort biegen wir ab in die Wüste Richtung Uis. Die Salzstraße zerfällt wieder zur Sandstraße mit Waschbrett; die Sandwüste ist topfeben; die Küstenwolken weichen der Sonne.

Rechts sieht man in der Ferne die Große und die Kleine Spitzkoppe; links kommt der Brandberg näher, mit 2600 m der höchste Berg Namibias, der Königstein, auf der Ebene von 700 m Höhe.

Wir halten zwischen Brandberg und Spitzberg und sammeln Rosenquartz. Peter entdeckt eine Pflanze, die er nicht kennt, und fotografiert sie. Sie wächst zwischen Rosenquartz-Felsen und hat rote reife und grüne unreife Beeren (ähnlich Stachelbeeren), eingerollte, lanzettförmige, gezackte graugrüne Blätter und eine riesige (20 – 30 cm Durchmesser) unterirdische Knolle; ich nenne sie provisorisch Namib-Stachelbeere.

Die Wüste wird hügeliger, und erster Bewuchs taucht auf, einzelne Grasbüschel, kleine Sträucher und in den Rivieren ein paar Bäume. In der Ferne hängen einzelne Kumulus-Wolken; Peter sagt, er hat Regen für morgen Nachmittag bestellt. In dieser Gegend wird nach verschiedenen Materialien geschürft (Tantalit,Turmalin, Zinn); winzige Hütten stehen auf abgesteckten Claims.

Uis liegt zwischen einigen Bergen, inklusive des „Schneebergs“, des Abraums der stillgelegten Zinnmine. 25 Gräber liegen in einer Reihe an der Straße, die daran starben, daß sie eine Ziege über Euphorbia-Holz gebraten haben. Nach dem Essen im Restaurant „White Lady“, bei dem es zum ersten Mal ein afrikanisches Gericht, „Oboti“ (Hackfleischauflauf) gibt, werden viele Schmucksteine und Schmuck gekauft.

Im Bus hat es bei der Abfahrt 37 Grad; wir fahren ins Ugab-Tal hinunter, durchs Rivier über eine kleine Brücke und wieder hoch. Rotbraune Granitkegel, bis zu 1000 m hoch, sitzen auf der hügeligen Savanne; eine Ziegenherde überquert gemütlich die Schotterstraße, die hier viel „Waschbrett“ hat.

Bei Sorris Sorris sind viele Farmen von der Regierung aufgekauft und an Damara-Sippen zur Bewirtschaftung verschenkt worden; der Sippen-Häuptling wohnt im Farmhaus, die Familien in Hütten ringsum. Rechts vorne wird ein Schauer gesichtet. Die Zäune sind umgefallen, die Telegraphen-Drähte gerissen, die Häuser werden „abgerüstet“; große Ziegenherden fressen alles kahl.

Haufen, Hügel und Berge von riesigen, rund geschliffenen roten Granitfelsen überragen die Ebene. Beim Foto-Stop mit Mopane-Bäumen messen wir 40 Grad im Schatten. Von einem Foto-Stop aus, wo wir Kegel von Wüstenelefanten finden, fahren wir hinunter ins Abahuab Rivier.

(geschrieben am 31.3. morgens um sieben im Zimmer)

Wir biegen nach Twyfelfontein ab und später Richtung Burned Mountain und kommen zunächst zu den Organ Pipes. Sie liegen an der Wand eines kleinen Canyons und sind 3 – 4 m hohe graue Basaltsäulen. Dann spazieren wir zu einem Aussichtspunkt, wo man auf den Verbrannten Berg schaut; hier hat die fließende Lava vor Millionen Jahren eine Kohle- oder Holzlagerschicht zu Asche verbrannt. Die graue Ascheschicht zieht sich horizontal am Steilhang entlang; die Asche zerbröselt wie vom Herdfeuer.

Jetzt kommen wir zur Twyfelfontein Lodge, die phantastisch am Fuße eines Bergkessels aus rotem Granit steht und hängt. Man betritt die Lodge durch ein natürliches Tor zwischen zwei 10 m hohen Felsen, auf denen bereits die ersten Felsgravuren zu sehen sind. Das Haupthaus ist eine offene Holzbalken-Konstruktion mit einem riesigen Strohdach, die sich an den Felsen schmiegt. Die Wohnhäuser haben ebenfalls Strohdächer und enthalten je acht Zimmer zu ebener Erde; sie sehen aus wie in Kampen.

(geschrieben am 31.3. morgens um zehn im Bus)

Wir beziehen unsere Hütten, links von mir (wie fast immer) der Doc, unser Geologe Dr. Schmitz, ich mit Nr. 31 und rechts von mir die Oma aus Neuruppin, auf die ich gelegentlich mal aufpasse. Ich packe schnell aus und springe in den Pool, der warm (27 Grad) und grau ist; das Wasser fließt über einen riesigen Felsen herab ins Bassin; um sechs verschwindet die Sonne hinter der Felswand, es hat draußen noch 32 Grad, in der Hütte vermutlich mehr.

Wir essen, wie fast immer um sieben, unter dem Strohdach im offenen Obergeschoß des Haupthauses viel Leckeres vom Buffet: Kudu, Roastbeef, Kasseler, Huhn etc.. Um acht rufe ich von der Rezeption aus Hasi auf einer 20 $ Flexcall Card an. Sie haben heute Mittag Mathias´s Geburtstag gefeiert und ihren leckeren Zitronenkuchen gegessen; ich lasse die Karte auslaufen und kann mich nicht verabschieden.

Obwohl ein schöner Wind weht und ich alle Fenster mit Fliegengitter auf und den Ventilator an habe, ist es im Zimmer noch sehr heiß. Ich sitze vor der Tür und bewundere die künstlich beleuchtete Felswand, bis es erträglich abkühlt


Montag, 31.3.2003

Die Nacht war ganz ohne bis auf ein Leintuch als Decke. Um sieben geht die Sonne über der gegenüberliegenden Felswand auf, und wir frühstücken. Um acht fahren wir zu dem in der Nähe gelegenen Naturpark Twyfelfontein Rock Engravings. Ein bezahlter Guide geht mit uns einen Felsweg hoch, und Peter erläutert die Gravuren und Malereien, die Elefanten, Antilopen, Giraffen, Löwen, Strauße, Robben, Zebras, Flamingos sowie abstrakte Symbole darstellen.

Wir fahren weiter in Richtung Khorixas und besuchen den Petrified Forest Park, der von einer Damara-Sippe betrieben und bewacht wird. Zwei Führer begleiten uns in zwei Gruppen zu den bis zu 40 m langen, verstreut liegenden Versteinerten Bäumen und erläutern die Pflanzen (Welwitschias, Terminali, Camifera etc.). Ich fotografiere einen kleinen Jungen, der eine von Besuchern geschenkte Lakrizschnecke aufrollt; er hält sofort die Hand auf und läuft mir nach. Bei der Weiterfahrt treffen wir auf ein Rivier, in dem auf der Straße eine Pfütze steht; hier muß es gestern das Gewitter gehabt haben.

Um zwölf kommen wir nach Khorixas, der ehemaligen Hauptstadt des Homelands der Damara. Hier sind große Schulen, in die die Damara der Region ihre Kinder schicken. Wir essen in der iGowati Lodge mitten im Dorf, wieder Strohdächer und offene Holzkonstruktion; im Garten laufen Strauße, und wir hängen die Füße in den Pool. Nach dem Essen gehe ich über die Straße und kaufe im Shop der Tankstelle einen 5-Liter-Kanister Mineralwasser für die nächsten heißen Tage.

Hinter Khorixas beginnt die Teerstraße Richtung Outjo. Auf halber Strecke biegt man rechts ab auf 20 km Schotterstraße zur Fingerklippe. Hier sind die ersten weißen Termitenhügel, 2 m hohe Kegelformen, ca. 25 Jahre alt. Bei unserem Stop hat es draußen 41 Grad. Wir kommen zu den Ugab-Terrassen, einer eiszeitlichen Moräne, 20 - 30 m hoch; dazu gehört die Fingerklippe, bis zu deren Fuß wir hochsteigen; es stehen noch einige Reserve-Finger in der Gegend.

Auf der Fahrt nach Outjo spritzen um vier einige Tropfen Regen gegen die Scheibe. Bäume, Sträucher und Gras werden mehr; hier stehen die heiligen Bäume der Hereros, Bleiholz-Bäume. Etwas weiter verdichtet sich die Vegetation zum „Laubwald“.

(geschrieben am 31.3. abends um halb neun im Bett)

Outjo ist ein kleines Städtchen und Schulzentrum; das Onduri Hotel liegt mittendrin. Es hat einen schönen Innenhof mit Liegestühlen und Garten, an dem unsere Zimmer ebenerdig liegen. Das Zimmer ist sehr einfach, aber sauber und mit Klimaanlage, also relativ angenehm. Ich setze mich um fünf im Garten in die Sonne. Um sieben essen wir, um acht rufe ich Hasi auf dem Handy an. Dann löst sich die Essensgesellschaft auf, und ich lege mich aufs Bett und schreibe und lese.


Dienstag,1.4.2003

(geschrieben am 1.4. morgens um acht im Bus)

Um sechs hat es für eine Viertel Stunde heftig geregnet; in unserem Garten, auf den Straßen und Wegen stehen Pfützen. Ich gehe bei Sonnenaufgang vors Haus; viele Kinder und Jugendliche gehen um sieben zur Schule. Die Weißen gehen mit beigen Schuluniformen rechts um die Ecke in die Moria-Privatschule und lernen Afrikans und Englisch, die Schwarzen links in die Primary oder Secondary Public School, wo sie ihre Volkssprache und Englisch lernen. Die Erwachsenen Schwarzen und Weißen gehen zur Arbeit in die umliegenden Geschäfte, Tankstelle, Bank, Supermarkt etc.. Die Gebäude sind einstöckig, die Straßen riesig breit. Ich schaue in die Schule und den Supermarkt, deren Türen offen stehen.

Es ist angenehm kühl, ca. 20 Grad; wir fahren um acht los Richtung Okaukuejo, Etosha Park. Peter erzählt per Mikrofon über den Park und dann (mal wieder) ein paar seiner faulen Witze (über Blondinen, Nonnen, Polen).

Am Andersson Gate machen wir einen Zahl- und Toiletten-Stop; Peter bringt einen Mopane-Wurm, der den Mopane-Baum frißt und den die Schwarzen essen. Gleich danach sehen wir an der Ombika Fountain (Wasserloch): Impalas, Springböcke, Gnus, Zebras, Warzenschweine, Kudus, Weißrückengeier, Ohrengeier, Marabu-Storch, Giraffen.

(geschrieben am 1.4. abends um zehn im Bett)

Dann fahren wir in das Rastlager Okaukuejo (Lager) und schauen am Wasserloch, das von Hunderten von Tieren bevölkert ist. Da unsere Zimmer noch nicht fertig sind, machen wir gleich unsere 1. Pirschfahrt nach Nebrownii (Wasserloch), wo wir ganz nahe an viele Zebras, Kudus und Springböcke herankommen; dann geht es weiter nach Gemsbokflakte, wo das Gelände sehr eben und mit flachen salzverträglichen Sträuchern bewachsen ist und wo man darum sehr weit sehen kann.

Zum Mittagessen fahren wir nach Okaukuejo zurück. Dann folgt eine Siesta, die ich am Pool und mit einem Rundgang verbringe; ein kurzer Besuch dort zeigt um vier ein vollkommen leeres Wasserloch. Um halb fünf geht es auf die 2. Pirschfahrt; sie führt nach Wolfsnes und Okondeka und bringt ein Löwenrudel mit sieben Alten und vier Jungen, ein ausgefressenes Zebra und einiges Andere. Aus einem Mietwagen sitzen zwei junge Frauen in den Fenstern und strecken den Löwen, die 20 m entfernt sind, den Rücken zum Fraß hin. Zwischen zwei Bäumen rechts und links der Straße steht eine Herde Springböcke im Schatten; wir schleichen mit dem Bus heran, bis sie weglaufen. Wir werfen einen Blick auf die unendliche weiße Salzfläche der Etoshapfanne und kommen nach einen phantastischen Sonnenuntergang gerade um sieben zurück, als das Tor geschlossen wird.

Nach dem Abendessen rufe ich von der Telefonzelle Ellen und Hasi an; dann geht es von acht bis zehn ans beleuchtete Wasserloch, wo etwa 100 Leute auf Bänken an der Mauer versammelt sind und andächtig das trinkende Wild betrachten. Ich sichte: Nashörner (11), Elefant (1), Giraffen (3), Zebras (viele), Riesen-Trappe (1), eine Eule, mehrere Schakale.
Um zehn stelle ich fest, daß die Klimaanlage ihr Werk getan hat, und gehe ins Bett.


Mittwoch, 2.4.2003

(geschrieben am 2.4. morgens um acht im Bus)

Wie immer Frühstück um sieben, Abfahrt um acht (heute Viertel vor). Wir fahren Richtung Halali und schauen kurz bei Nebrownii vorbei, wo sich die Flächentiere (Zebra, Springbock, Kudu, Gnu) zum Trinken versammeln. Die Sonne brennt seit Aufgang vom wolkenlosen Himmel. Zwei Geparden laufen durch den Busch – ca. 200m entfernt – und legen sich unter einen Baum, als sie uns bemerken; sie werden hier erforscht (Betäubung, Untersuchung) und sind deshalb extrem scheu. Am Parkplatz bei Homob machen wir einen Toiletten-Stop; kein Zaun trennt uns vom Park; im Mopane-Baum hängt das Netz und Nest einer Siedler-Spinne. Die Grasflächen sind sehr karg, es hat lange nicht mehr geregnet. Rietfontein ist – im Gegensatz zu vielen anderen – eine natürliche Quelle, die nach Schwefel riecht. Rechts geht eine Familie Riesen-Trappen, links üben zwei Springböcke den Kampf. Unter einem Busch steht eine einsame Kuhantilope und kaut wieder; die Herde ist weit im Hintergrund. Wir halten am Etosha Lookout und spazieren hinaus in die Unendlichkeit; die Pfanne mißt 50 x 80 km; man kann 25 km weitsehen. Auf dem Herrenklo liegt eine Zebra-Schlange; ihr Biß ist tödlich. Über Springbokfontein fahren wir Richtung Okerfontein; hinter einem Busch steht ein riesiger Elefant und geht dann gemächlich Richtung Quelle. Eine Giraffenherde äst in den Bäumen; viele Bäume sind von den Elefanten umgerissen und abgestorben. Die Salzpfanne schimmert grün, weil Algen darin wachsen. Eine Gackel-Trappe fängt auf der Straße vor uns eine Eidechse; sie muß vielmals schlucken, bis sie runterrutscht. Über der Pfanne bläst in der Ferne ein Staubsturm. Die Straße zur Wasserstelle Kalkheuwel wird auch als Elefantenweg benutzt; er ist mit Losung und abgerissenen Ästen bedeckt. Gegen Mittags entstehen kleine weiße Wölkchen über der Fläche. Peter erzählt die Story vom einzigen tödlichen Unfall im Park: Am Wasserloch in Okaukuejo wurde ein junger Mann, der hinter der Mauer im Schlafsack schlief, von zwei Löwen verspeist. Das Wasserloch Chudop ist eine natürliche Quelle mit Schilf und vielen Tieren; wir sichten die erste Elen-Antilope. Am natürlichen artesischen Wasserloch Klein Namutoni zählen wir 20 Giraffen, einen Marabu, Geier, Kudu-Bullen und –Kühe u.v.m.; endlich bekomme ich eine trinkende Giraffe aufs Foto.

Wir fahren zum Essen ins Rastlager Namutoni; ich schaue kurz das Fort an; leider reicht es nur für einen Rundgang ums Schwimmbad. Da wir noch nicht genug Elefanten (nur zwei) gefunden haben, machen wir noch eine Pirschfahrt nach Norden. Wir fahren an Fischer´s Pan, wo sonst Tausende von Vögeln brüten, jetzt aber leer ist. Bei der betonierten, gepumpten Wasserstelle Tsumcor treffen wir auf eine Bullengruppe von sechs Elefanten, die trinken und sich waschen. Nach ausgiebiger Beobachtung treffen wir auf der Rückfahrt eine Elefantenherde; eine Mutter mit zwei Kleinen badet in einer Schlammkuhle und beschmeißt sich mit Sand; andere Mütter mit Kindern reißen einen Termitenhügel um, um sich einzupudern. Auf der Fahrt zum Von Lindequist Gate finden wir noch Dik-Diks, mit 30 cm Höhe die kleinste Antilope.

(geschrieben am 2.4. abends um neun auf dem Bett)

Wir wollen den Park durch das Gate verlassen; da gibt es eine Verzögerung bei der Kontrolle der Papiere. Die Regierungsangestellte behauptet, die beiden Namibier (Peter und Ewald) hätten keinen Eintritt bezahlt. Peter argumentiert, daß er alles bezahlt hat, was von ihn verlangt wurde. Nach 20 min Verhandeln und Telefonieren darf der Bus weiterfahren, aber Peter muß dableiben.

Wir fahren um fünf in die direkt vor dem Gate gelegene Mokuti Lodge, nehmen Begrüßungscocktail und checken ein. Ich hole meinen Koffer und gehe sofort an den Pool. Dort steht ein Baum mit meterlang an Seilen herabhängenden Blütenständen, blaßroten kelchförmigen Blüten und flaschenförmigen, ebenfalls herabhängenden Früchten; ich muß Peter fragen, was das ist. Moskitos wurden keine gesichtet, nur Erdhörnchen.

Um sieben gehen wir essen, ein großartiges Buffet; um acht rufe ich Hasi an und dusche; um neun will ich in den Etoscha-Film gehen, kehre aber gleich wegen Hitze im Saal um.
Jetzt liege ich mit Höschen auf dem Bett, lausche meiner Klimaanlage und bewundere mein 6 m hohes, mein offenes Strohdach; es ist angenehm kühl. Soll ich zum Abschied noch mal unter dem Moskitonetz schlafen!? Ja, das ist so gemütlich!


Donnerstag, 3.4.2003

(geschrieben am 3.4. morgens ab acht im Bus)

Ich stehe um halb sechs auf und gehe um sechs zum Frühstück. Nach einem Bummel durchs Gelände – Peter sagt, der Baum mit den wurstförmigen Früchten heißt Wurstbaum -, nach Koffer-Check und Laden fahren wir um halb acht los Richtung Windhoek. Die Vegetation hier ist Terminalia- und Tambuti-Wald (beides Bäume). Entlang der Straße wird eine neue Eisenbahnstrecke gebaut, um Oshakati im Ovamboland an das bestehende Netz in Tsumeb anzuschließen. Vor Tsumeb sieht man vor uns das Gebirge Karstfeld, und wir fahren am Otjikoto-See vorbei, der rechts tief unten in einem Loch liegt.

Tsumeb ist seit dem 19. Jahrhundert eine Minenstadt, wo die verschiedensten Mineralien abgebaut und teilweise verarbeitet werden. Die alte deutsche Mine, Schmelze und Holzkohlerei sind stillgelegt; der 2 km tiefe Schacht wurde bei einem Streik vor einigen Jahren geflutet. Peter hat in seiner Jugend hier gearbeitet. Der Erzabbau geht heute im Tagebau weiter.

Wir halten am Tsumeb Museum gegenüber dem hübschen Stadtpark; bis die Dame um neun aufschließt, mache ich einen Abstecher in die City; sie sieht aus wie Wildwest. Dann besichtigen wir das Museum mit Souvenirs der deutschen Schutztruppe, aus dem 1. Weltkrieg, Lokomotiven, Dampfmaschine, Mineralien, ethnischen Stücken, Minen-Stücken, alten Kleidern. Die Kanonen wurden erst 1984 aus dem Otjikoto-See geborgen, wo die Deutschen sie bei der Kapitulation 1915 versenkt hatten. Ich sichte den Cut, den Hochzeitsanzug eines Herrn X von 1908 aus Ilmenau in Thüringen und komme mit Frau Ilse Schatz ins Gespräch, die das Museum seit den 70er Jahren mit viel Liebe aufgebaut hat, man sieht´s! Auf der Damen-Toilette schließe ich mich ein und muß durch Peter mit dem Schlüssel von außen befreit werden.

Um zehn fahren wir weiter Richtung Otavi; das Otavi-Bergland, das wir durchqueren, ist von Laubwald bedeckt. An der Teerstraße steht eine Polizeistreife mit Radarfalle, die erste Leitplanke taucht auf; wir nähern uns der Zivilisation! Hier ist das Klima subtropisch; die Gegend gilt als „Brotkorb von Namibia“. Auf Trockenfarmen wird Mais und Hirse angebaut; wenn es regnet, wächst es toll; wenn nicht, dann keine Ernte! In Otavi stehen große Silos, das „Maisdreieck“.

Peter teilt die Studiosus-Fragebogen aus, und Ewald prescht mit 100 km/h immer geradeaus in Richtung Otjiwarongo. Rechts kommt der Berg der Flourid-Mine Otjikango in Sicht; am Bahnhof links der Straße schaufeln Arbeiter das gemahlene Erz auf Güterwaggons.

Wir fahren durch die Einkaufsstadt Otjiwarongo und halten danach zum Mittagessen in der Otjibamba Lodge. Bei der Weiterfahrt Richtung Okahandja sehen wir links in der Ferne den Waterberg, wo die Deutschen angeblich die Hereros ausgerottet haben. Später kommt rechts der Berg Omatako in Sicht, in Herero „der Hintern“ mit zwei Gipfeln wie die Hintern der Herero-Frauen – für mich eher wie zwei Busen einer Weißen. Links liegt das Sandfeld, 600 km weit nur topfebene Sandfläche bis nach Botswana. Die Straße zwischen Otjiwarongo und Okahandja wird erneuert: neben der alten wird eine neue gebaut, dann wird die alte entfernt.

Wir erreichen Okahandja, die ehemalige Hauptstadt der Hereros; wir fahren am Alten Bahnhof, der Festung und der „Kaiserlich Versuchsstation für Tabakbau“ vorbei. Auf dem Friedhof bei der Friedenskirche ruhen die Häuptlinge der Hereros; sie sind durch Obelisken und teilweise durch Kuhschädel gekennzeichnet. Außerdem gibt es Gräber von deutschen Siedlern und ein Feld für deutsche „Schutztruppler“.

Dann besuchen wir den Schnitzermarkt, wo in hundert einfachen Buden lokale Schnitzerzeugnisse angeboten werden; die Verkaufskunst der Jungen und Mädchen ist enorm und bei einigen Teilnehmern erfolgreich.

Als wir um vier wieder einsteigen, fallen ein paar Regentropfen; noch 68 km bis Windhoek.

(geschrieben am 3.4. abends um neun im Bett)

20 km vor der Stadt ist – wie an allen Straßen – eine Polizeikontrolle; Ewald muß an den Rand fahren und seinen Führerschein vorzeigen; der Polizist sagt ihm, er tut das, weil sein Chef zuschaut.

Dann fahren wir auf Namibias einziger Autobahn in der Stadt ein; da ist auch eine Brücke darüber, die erste seit 14 Tagen. Wir kommen um fünf im Safari Court Hotel an und checken ein; ich entdecke einen lauten Ventilator vor meinem Fenster und ziehe sofort um. Bis sechs gehe ich ins Schwimmbad; schwere Wolken sind aufgezogen, aber immer noch 30 Grad. Um sieben gibt es wie immer essen; ich lasse mir ausgewählte Gemüse, Fleisch und Spaghetti braten. Peter hat zum Abschied einen Wein von Studiosus ausgegeben. Hasi ruft mich um halb neun an, nachdem ich ihr vorher auf Band gesprochen habe. Sie meint, ich müsse erst einen AIDS-Test machen; ich meine, das sei nicht nötig: „Vertrauen um Vertrauen!“.


Freitag, 4.4.2003

(geschrieben am 4.4. abends um acht im Flugzeug)

Ich bin – wie meist – um sechs wach und gehe um sieben zum Frühstück; da es heute kein geplantes Mittagessen gibt, esse ich noch mal das volle Programm: Rührei, Rindswürstchen, Leber, Bratkartoffeln, Pilze, Brötchen, Guave-Saft, Früchte, Joghurt etc..

Der heutige Tag ist zur freien Verfügung; ich stelle mein Gepäck in den Men´s Dayroom und fahre um halb neun mit dem Shuttle Bus des Hotels in die City, er hält am Kalahari Sands Hotel. Ich spaziere die Independence Avenue nach Norden inklusive aller Passagen und Malls und sehe dabei: Meteoriten-Brunnen, Kudu-Denkmal, Römisch-katholische Kathedrale. Dann gehe ich die Independence Avenue nach Süden, bis die Geschäfte und das Publikum ärmer werden und sehe das Curt-von-Francois-Denkmal. An der Straße liegen auch viele Ministerien und Behörden, zum Teil mit protzigen Bauten (Supreme Court); dazwischen finden sich kleine alte Häuschen (Historismus, Art Deco) und neue Hochhäuser. Die Geschäfte sind vielfältig, von einfach bis luxuriös. Die Malls sind verzweigt und hübsch, mit vielen Art-Deco-Elementen. Die Menschen sind hochprozentig farbig in allen Schattierungen, gut gekleidet, stolz und unnahbar. Die wenigen Weißen teilen sich sichtbar in Einheimische (vornehm bis lässig) und Touristen (mit Kameras, großen Taschen). In der Post Street Mall verkaufen fliegende Händler die üblichen Souvenirs (Schnitzereien, Schmuck, Selbstgebasteltes); ich trinke auf der Terrasse des Café Schneider einen Kaffee und esse einen Käsekuchen, um den Hunger zu vertreiben. Ich sitze eine Weile in einem Park mit einem deutschen Kriegerdenkmal, aber der Gestank der Autos von der Independence Avenue vertreibt mich. Ich fotografiere Leute mit dem Tele und kaufe für Hasi eine Kette aus Hämatit, die ich schon lange im Auge habe.

Um viertel nach zwölf fahre ich ins Hotel zurück, packe meine Sachen im Men´s Dayroom um und gehe an den Pool. Es hat wieder über 30 Grad, aber die ersten Wolken ziehen auf. Um drei esse ich an der Poolbar ein Sandwich und trinke ein letztes „Big Draught“.

Um fünf gehe ich wieder in den Men´s Dayroom und packe endgültig; in der Hotelhalle sammeln wir das Trinkgeld für Peter und Ewald in Kouverts; um halb sechs werden wir ein letztes Mal von Peter und Ewald abgeholt. Wir umgehen die Rush Hour in der City durch die Vorstädte und sind in einer Stunde am Flughafen. Peter informiert uns, daß wir 4078 km gefahren sind. Frau Nevedel aus Bad Homburg übergibt die Kouverts und bedankt sich für uns bei Ewald und Peter. Wir laden ab, checken ein, verabschieden uns und gehen durch die Paßkontrolle.

Die Rugby-Mannschaft U 19 von Namibia fliegen mit uns nach Frankfurt und dann weiter nach Paris zur Weltmeisterschaft. Ich rufe Hasi an, sie hat gerade ihr Kaffeekränzchen beendet. Wir gehen an Bord; ich habe den gewünschten Gangplatz. Neben mir sitzen zwei der Rugby-Spieler sehr beengt; die Stewardess setzt die beiden wo anders hin.
Wir starten um 21.05 Uhr; die Flugzeit soll 9:30 Stunden betragen.

(geschrieben am 6.4. um 12 Uhr am Schreibtisch)

Es gibt karges Abendessen, Dösen auf drei Plätzen und Spazierengehen im Flur.


Samstag, 5.4.2003

Es gibt Frühstück, Landung in Frankfurt um 6:10 Uhr, Irrweg durch Terminal B, Gepäck Abholen, Verabschiedung, Taxi nach Hause und glückliche Wiedervereinigung !

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Dies ist mein Blog   

  

Hier schreibe ich gelegentlich Kommentare zu den Themen: Kultur, Reise und Technik:

Kategorien: Alle Kultur Reise Technik

20. Februar 2019, 16:01

Eine Frau flieht vor einer Nachricht (Schauspiel von David Grossman)

Am 9.2.2019 war ich im Kammerspiel des Schauspiels Frankfurt in dem Schauspiel „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ in der Inszenierung von Jessica Glause. Das Stück basiert auf dem autobiografischen Roman von David Grossman, dem renommiertesten israelischen Autor, der seinen Sohn Uri im Libanon-Krieg verlor.
Was für eine absurde Idee: Eine Frau flieht vor der Nachricht über den Tod ihres Sohnes im Nahostkrieg in die Wüste. Und hofft, dass sie ihn mit ihren Gedanken und Erzählen am Leben halten kann! Sie holt dazu ihren Ex-Mann, den Vater des Sohnes, der selbst im Krieg gravierend versehrt wurde und unter dem Trauma leidet. Beide irren durch die Wüste, erzählen ihr Leben und versuchen, den Sohn zu bannen!
Große graue Schaumgummimatten bedecken die Bühne, sehen wie Flauschteppiche aus und stellen die Wüste von Galiläa dar. Riesige Styroporfelsen füllen den Raum und werden von den Schauspielern unentwegt umherbewegt. Die Bühne lädt zum Klettern, Hüpfen und Kuscheln ein. Die Rolle der Frau Ora ist vierfach besetzt, die vier Schauspielerinnen sind gleich angezogen, zeigen aber unterschiedliche Typen und Reaktionen und sprechen den Text abwechselnd. So bekommt die Gestalt eine ganz eigene Wucht! Am Ende spielen sich schreckliche Kriegsszenen ab, die aber mir zu lang und zu intensiv sind. Insgesamt ein beeindruckendes Stück über menschliches Elend und zugleich ein Plädoyer für Verständigung und Frieden!

Redakteur

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13. Februar 2019, 09:50

Mina (Oper, Musik von Uwe Dierksen, Text von Sonja Rudorf)

Am 6.2.2019 sah ich im Bockenheimer Depot der Oper Frankfurt die Jugendoper „Mina“. Die 15jährige Mina hat zuerst ihren Jugendfreund Rey und jetzt gerade ihre Mutter verloren und ist verzweifelt, panisch und orientierungslos. Sie trauert um die Toten, kann ihr Leben nur zwanghaft organisieren und keine Gefühle zulassen. Ganz das Gegenteil: Der 20jährige Sonnyboy Finn lebt auf einem Hausboot in den Tag hinein, feiert Party mit seinen Freunden, spielt hervorragend Gitarre und Keyboard und singt dazu romantische Lieder. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein und treffen sich doch in Gefühl und Stimmung und verlieben sich. Doch die tote Mutter und der tote Freund tauchen mit grünlichen Schwellköpfen aus dem Untergrund auf, stören die Idylle und geben fordernde Ratschläge. Zwei grünschwarze Sirenen singen schrille und verführerische Lieder. Ein Chor aus jugendlichen Sängern und Tänzern begleitet und kommentiert das Geschehen. Mina ist hin- und hergerissen zwischen Verzweiflung, Verführung und Befreiung; sie muss sich von der Vergangenheit und allen Einflüssen befreien und ihren eigenen Weg finden.
Der Komponist und Dirigent Uwe Dierksen und die Regisseurin Ute Engelhardt haben das Stück zusammen mit den Jugendlichen entwickelt und inszeniert. Ein großes Orchester aus jungen und alten Musikern spielen die teils poetische, teils etwas laute Musik zwischen Tradition, Rock und Moderne. Alle zeigen jugendliche Begeisterung, Elan und Spielfreude, eine großartige Leistung!

Redakteur

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09. Februar 2019, 11:51

Vor Sonnenaufgang (Schauspiel von Ewald Palmetshofer nach Gerhard Hauptmann)

Am 2.2.2019 sag ich im Schauspiel Frankfurt „Vor Sonnenaufgang“ von Ewald Palmetshofer nach dem Schauspiel von Gerhard Hauptmann in der Inszenierung von Roger Vontobel. Palmetshofer, einer der erfolgreichsten lebenden deutschsprachigen Dramatiker, hat das schlesische Bauerndrama in die Jetztzeit verlagert und in unserer Sprache neu geschrieben (er nennt das eine „Überschreibung“!). Die Neureichen sind jetzt Unternehmer, die Autoteile produzieren und in Saus und Braus leben. Aus dem Sozialdrama, in dem der kapitalistische eingeheiratete Schwiegersohn Hoffmann sich mit dem sozialistischen zugereisten Jugendfreund Loth streitet, ist ein Familiendrama geworden, wo der senile Patriarch die Familie drangsaliert und die hochschwangere Tochter ihren riesigen Gummibauch über die Bühne schiebt. Der Schwiegersohn und Ehemann ist ein arroganter Schnösel, der mit populistischen Parolen prahlt, und die angereiste Schwester entpuppt sich als Versagerin, die wieder im Elternhaus Unterschlupf sucht. Ein Cellist sitzt am Bühnenrand und zirpt auf seinem Instrument; und eine schwarz gekleidete Frau (das „Schicksal“?) schleicht umher und singt melancholische Lieder. Die Bühne ist eine riesige Holztreppe mit spiegelnden Seitenwänden; man hat das Bühnengeschehen groß vor Augen und schaut gleichzeitig durch die Stufen hindurch ins Untergeschoß, wo allerdings das Obergeschoß gespielt wird, wohin sich die Familienmitglieder immer wieder zurückziehen, genial, aber irritierend! Am Beginn sind die Dialoge etwas ungeschliffen und kommen holprig rüber, dann nimmt das Stück Fahrt auf und endet in einem furiosen blutigen Geburtsdrama. Die Inszenierung zeigt allerdings etwas zu drastisch Genital beim auf den Boden Pinkeln und die Schwester Ficken und etwas zu viel Gekotze und Alkohol aus der immer bereit stehenden Bar. Der Kampf der Gebärenden ist schließlich so laut und blutig, dass die Schauspielerin, als am Ende der Beifall einsetzt, ganz irre in die Menge schaut. Insgesamt eine große Ensemble-Leistung, sehr beeindruckend und sehenswert!

Redakteur

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29. Januar 2019, 08:23

Abschied von den Eltern (Schauspiel von Peter Weiss)

Am 25.1.2019 sah ich im Schauspiel Frankfurt als Ersatz für das ausgefallene „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ das Ein-Mann-Stück „Abschied von den Eltern“ von Peter Weiss in der Inszenierung von Cornelius Eich. Das 1958 nach dem Tod seiner Mutter und seines Vaters entstandene Buch schildert die Ängste und Verlassenheit seiner Jugend und den Aufbruch zu einem selbstbestimmten Leben; es wurde zum einem Leitbild der 68er Jugendbewegung. In den autobiographischen Prosawerk schildert Weiss schonungslos und krass das autoritäre Verhalten seiner Eltern und der Schule, sein sexuelles und intellektuelles Erwachen, die inzestuöse Beziehung zu seiner Schwester Margit, die tragisch verunglückt und stirbt, das Aufblühen seiner künstlerischen Begabung und seinen Kampf um Befreiung und Anerkennung. Der renommierte Schauspieler Peter Schröder rezitiert den umfangreichen und anspruchsvollen Text sicher, konzentriert und ausdrucksstark, auch wenn er sich manchmal verspricht und oft räuspert. Er spielt in einem reduzierten Bühnenbild, das wegen des Erfolgs aus der Box des Schauspiels in die Kammerspiele übernommen wurde. Schröder erhielt großen Applaus, auch weil er wegen des krankheitsbedingten Ausfalls kurzfristig eingesprungen war!

Redakteur

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25. Januar 2019, 10:46

Capernaum – Stadt der Hoffnung (Spielfilm von Nadine Labaki)

Am 20.1.2019 war ich im Berger Kino in Frankfurt in dem Libanesischen Spielfilm „Capernaum – Stadt der Hoffnung“ von Nadine Labaki. Der Film startet mit einem spektakulären Flug über einen Slum in Beirut. In unzumutbaren Wohnverhältnissen haust da eine arme irakische Flüchtlingsfamilie mit vielen Kindern. Der Vater liegt auf der Couch und raucht. Die Mutter kreischt und schlägt die Kinder. Der 12 jährige Sohn Zain wird zu schwerer Arbeit in einem Lebensmittelladen gezwungen. Vater und Mutter besorgen gefälschte Arztrezepte und verkaufen in Drogen gewässerte Kleider ins Gefängnis. Die 13 jährige gerade menstruierende Schwester wird gegen ihren Willen zu einer Heirat mit einem Fremden gezwungen. Da reißt Zain aus, lebt auf der Straße und in einem Vergnügungspark bei schrägen Figuren und in Karussells. Er kommt zu der jungen Mutter Rahil aus Äthiopien und hütet deren 1jährigen Sohn in einer Bretterbude. Rahil arbeitet illegal in einer Küche, hat keine Papiere und ist von Abschiebung bedroht. Als sie schließlich verschwindet, werden die beiden Kinder aus der Slum-Hütte geworfen und ziehen bettelnd durch die Straßen Beiruts. Als sie nichts mehr zu essen haben, verkauft Zain den kleinen hübschen schwarzen Knaben an einen Menschenhändler, der ihm gute Adoptiveltern verspricht. Das endet dann in einem schrecklichen Jugendgefängnis, in dem sich Zain und die äthiopische Mutter wieder begegnen. Zain verklagt schließlich seine Eltern, weil sie ihn auf die Welt gebracht, aber sich nicht um ihn gekümmert haben.
Nadine Labaki hat den Film in den Slums von Beirut mit Laiendarstellern gedreht. Flüchtlingsschicksal und Überlebenskampf, ein Meisterwerk!
Beim Filmfestival in Cannes 2018 gewann er den Preis der Jury; 2019 ist er für den Oskar nominiert.

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22. Januar 2019, 10:15

Drei Gesichter (Spielfilm von Jafar Panahi)

Am 14.1.2019 war ich im Frankfurter Kino Orfeos Erben in dem iranischen Spielfilm „Drei Gesichter“ von Jafar Panahi. Der berühmteste iranische Filmregisseur Jafar Panahi und die bekannte Schauspielerin Behnaz Jafari fahren in seinem Geländewagen von Teheran aus aufs Land um eine Recherche für einen neuen Film zu machen. Frau Jafari hat ein Video zugespielt bekommen, in dem ein junges Mädchen vom Lande Selbstmord begeht, weil seine Eltern es nicht auf die Schauspielschule nach Teheran gehen lassen wollen, obwohl sie die Aufnahmeprüfung bestanden hat. Es ist von Anfang an fraglich, ob das ganze tatsächlich geschehen oder nur inszeniert ist, um Behnaz zu Hilfe zu holen. Sie fahren über einsame Gebirgsstraßen und durch verfallene Dörfer in Panahis Heimat, wo er deren Dialekt spricht und von den Bauern stürmisch begrüßt wird. Sie erleben dort groteske Szenen: Autohupen, die zur Verkehrsregelung dienen, eine alte Frau, die in ihrem Grab Probe liegt, einen potenten Bullen, der die Straße versperrt, und eine Familie, die sich heftig streitet. Und schließlich finden sie das Mädchen Marzieh, das nicht tot, sondern quicklebendig ist und nach heftigem Streit mit seinen Eltern schließlich mit ihnen nach Teheran fährt.
Panahi steht im Iran unter Hausarrest und hat Drehverbot, das er damit umgeht, dass er vom Auto aus dreht und dabei jeden Auflauf vermeidet. So hat er nur drei Schauspieler, sich selbst, seine Freundin Behnaz und das Mädchen Marzieh, die im Wesentlichen sich selbst spielen. Und er hat verschiedene Laiendarsteller, die dort leben, und die karge iranische Berglandschaft als großartige Kulisse. Ein phantastischer und anrührender Film! Er erhielt den Preis „Bestes Drehbuch“ beim Festival von Cannes 2018.

Redakteur

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08. Januar 2019, 12:02

Der Trafikant (Spielfilm von Nikolaus Leytner)

An Neujahr, dem 1.1.2019, war ich in Frankfurt im Kino Cinema in dem deutsch-österreichischen Spielfilm „Der Trafikant“ von Nikolaus Leytner. Er spielt im Wien der 30er Jahre, wo sich Kommunisten und Nazis aufs Messer bekämpfen.
Der 16jährige Franz wird von seiner Mutter aus seiner behüteten Umgebung am Attersee nach Wien geschickt, um bei einem Bekannten den Beruf des Trafikanten zu lernen. Sein Lehrherr hat im 1. Weltkrieg ein Bein verloren und betreibt einen Laden für Tabakwaren und Zeitungen im Wiener Zentrum. Der Junge, der etwas mystisch veranlagt ist, lernt schnell und kann bald die anspruchsvollen Kunden bedienen und seinen Chef vertreten. In seinem winzigen Laden kaufen die Wiener Prominenz und besonders die reichen Juden ihre Zigarren und Blätter. Da kommt auch regelmäßig Sigmund Freud (gespielt von Bruno Ganz), der in der Nähe wohnt, und wählt seine Zigaretten. Der junge aufgeschlossene Franz gefällt ihm, und sie freunden sich an. Die Nazis werden immer mächtiger und die Deutschen wollen „das Wiener Schnitzel Österreich“ verzehren. Franz ist in der Großstadt einsam und verliebt sich in ein böhmisches „Mädchen mit der Zahnlücke“, das illegal in Wien lebt und sich von Tingeltangel und Männerbekanntschaften ernährt. Als Franz in der Liebe die ersten Enttäuschungen erlebt, fragt er Freud um Rat und bekommt weise Ratschläge! Die Konfrontation zwischen Nazis und Juden wird immer heftiger; als Franz´s Lehrherr zu viel riskiert und im Folterkeller der Gestapo verschwindet, muss Franz den Laden allein führen und gerät schließlich selbst in die Fänge der Nazis. Schon wieder ein guter Nazi-Film, aber diesmal ein eher trauriger!

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05. Januar 2019, 12:32

Der Vorname (Spielfilm von Sönke Wortmann)

Am 29.12.2018 war ich in Frankfurt im Berger Kino in dem Spielfilm „Der Vorname“ von Sönke Wortmann. Er basiert auf dem gleichnamigen französischen Theaterstück von 2010 und dem französischen Film von 2012. Nun hat sich ein deutscher Regisseur dieser ganz deutschen Geschichte angenommen!
Eine ganz normale deutsche Familie: Bruder Thomas, Schwester Elisabeth, Schwager Stephan und Halbbruder René treffen sich zu einem gemütlichen Abendessen bei dem Literaturprofessor Stephan und seiner Ehefrau Elisabeth. Die Schwägerin Anna, die ein Kind erwartet, hat sich verspätet. Es wird schon ein Ultraschall-Bild des in Kürze erwarteten Knaben herumgereicht. Da wollen alle den schon beschlossenen Vornamen wissen, und nach langem Hinhalten und Raten verkündet Thomas: „Adolf“ soll der Knabe heißen! Da bricht der Sturm los; alle sind entsetzt: man kann doch einem Kind nicht den Namen des größten deutschen Massenmörders (Hitler) geben, und das zu heutigen Zeiten! Doch sind nach einiger Überlegung auch noch einige mehr Vornamen „verbrannt“, z.B. Joseph (Stalin, Göbbels), Heinrich (Himmler), Hermann (Göring) und andere. Als die angehende Mutter schließlich eintrifft, schlägt die Diskussion über den Vornamen ihres Kindes neue Wellen. Jeder kommt ins Kreuzfeuer der anderen; Jugendsünden und Familiengeheimnisse kommen ans Licht. Eine nicht unerhebliche Nebenrolle hat Iris Berben als abwesende Großmutter, die am Tegernsee wohnt und dauernd anruft. Der Halbbruder René outet sich schließlich als ihr Geliebter, und es bricht eine leichte Schlägerei aus. Am Schluss wird ein Mädchen geboren, und der Name „Adolf“ war nur ein schlechter Scherz des angehenden Vaters, um die Gesellschaft zu unterhalten!
Eine brillante deutsche Komödie?! Gibt´s denn so was? Ja, hier ist sie!

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02. Januar 2019, 14:19

Shoplifters – Familienbande (Spielfilm von Hirokazu Kore-Eda)

Am 27.12.2018 war ich in Frankfurt im Kino Orfeos Erben in „Shoplifters – Familienbande“ von dem japanischen Meister-Regisseur Hirokazu Kore-Eda. Der Gelegenheitsarbeiter Osamu, seine Frau Nobuyo, ihr (falscher) Sohn Shota, die Halbschwester Aki und die Großmutter Hatsue sind eine wild zusammengewürfelte japanische Familie der besonderen Art. Sie wohnen mitten in der Großstadt in einer winzigen Wohnung mit Garten und ernähren sich von Ladendiebstählen, Hehlerei, Prostitution und anderen finsteren Geschäften. Auf einem ihrer winterlichen Raubzüge entdecken sie das kleine verwahrloste Mädchen Yuri in der Kälte auf einem Balkon und nehmen es kurzerhand mit zu einer wärmenden Mahlzeit nach Hause. Da deren Eltern sie nicht vermissen und sie sich wohlfühlt, behalten sie Yuri bei sich. Yuri und Shota, dessen Eltern Verpflegungsgeld an die Oma zahlen, genießen Liebe und Geborgenheit im kleinbürgerlichen Milieu der neuen Familie. Bis der Deal auffliegt und Kriminalpolizei und Jugendamt dem Idyll ein Ende bereiten. Der Film erhielt die Goldene Palme beim Festival von Cannes 2018. Er ist unbedingt sehenswert!

Redakteur

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24. Dezember 2018, 10:00

Verbrennungen (Schauspiel von Wajdi Mouawad)

Am 14.12.2018 war ich im Kammerspiel des Schauspiels Frankfurt in dem Stück: „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad in der Inszenierung von Daria Bukvic. Es ist Bürgerkrieg im Libanon um 1975, und die terroristischen Parteien kämpfen mit allen Mitteln: Verrat, Raub, Mord, Kindesentzug, Bombenanschlag, Vertreibung, Vergewaltigung.
Die Mutter Nawal Marwan hat mitansehen müssen, wie eine Mutter und ihr Kind in einem brennenden Bus miteinander verschmolzen sind. Und wie ihr im Gefängnis Neugeborenes im Eimer weggetragen und (vermeintlich) in den Fluss geschüttet wird. Sie schweigt und stirbt Jahre später.
Ihr Testamentsvollstrecker gibt ihren Zwillingskindern Jeanne und Simon Marwan je einen verschlossenen Brief für einen bisher unbekannten Bruder und ihren verschollenen Vater, die sie suchen sollen. Jeanne begibt sich in den Libanon an die Orte, wo ihre Mutter gelebt hat, und entdeckt, dass ihr Vater ein Kämpfer und Terrorist war. Später fährt auch Simon dorthin und findet die Spuren eines weiteren Bruders, der ein Kämpfer war und im Gefängnis ihre Mutter verhört und gequält hat. Es wird viel vor- und zurückgeblendet, es fällt ein Vorhang nach dem anderen, und die verworrene Geschichte entwirrt sich in Stufen. Schließlich stellt sich heraus, dass Vater und Bruder dieselbe Person sind, denen die Mutter in den Briefen zugleich ihren Hass und ihre Liebe bekennt.
Heidi Ecks als Nawal ist großartig sowohl als junges Mädchen, das sein von einem Feind empfangenes Kind hergeben muss, als reife Frau, die einen Terroristenführer tötet und im Gefängnis gequält wird, wie als alte Frau, die vor dem Elend der Welt resigniert und schweigt.
Sehr beeindruckend und unbedingt zu empfehlen!

Redakteur

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